Unternehmen locken Mitarbeiter – Der Obstkorb hat ausgedient: It’s all about the bene­fits

von Roman Christian Kies und Benjamin Münnich

20.10.2023

Unternehmen ringen um die besten Talente – auch mit Hilfe von Mitarbeiterbenefits. Welche Anreize es gibt und welche rechtlichen Aspekte bei der Einführung zu beachten sind, erklären Roman Kies und Benjamin Münnich.

Der Fach- und Arbeitskräftemangel hat den deutschen Arbeitsmarkt in einen Bewerbermarkt verwandelt. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, sich positiv von der Konkurrenz abzuheben, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und dauerhaft zu binden. Benefits sind dabei nicht nur ein netter Bonus und Anreiz für Bewerber, sondern auch ein wichtiger Baustein zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit und damit ein Wettbewerbsvorteil. Die Auswahl an möglichen Zuwendungen ist groß, das Arbeitsrecht steckt den Rahmen der Umsetzung ab.

Boni passen sich den Lebensumständen an

Klassische Arbeitgeberleistungen setzen bei der Vergütung an. Beispiele sind Bonussysteme oder Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt und Jubiläumsprämien. In der jüngeren Vergangenheit setzten Arbeitgeber verstärkt auf die steuerlich begünstigten Inflationsausgleichs- und Coronaprämien, oder, ganz aktuell, Zuschüsse zum Elterngeld. Auch Sonderformen kommen vor, etwa sogenannte Signing-Boni für besonders begehrte Bewerber oder Retention-Boni, um Arbeitnehmer in Krisenzeiten zu binden.

Beliebt sind auch Leistungen, die auf bestimmte Lebensumstände zielen, wie ein Dienstwagen oder (E-)Bike, Tankgutscheine, Zuschüsse zu Verpflegung, Fahrt- oder Umzugskosten und Unterstützung bei der Kinderbetreuung.

Zulässige Festlegung des Adressatenkreises

Bei der Einführung von Mitarbeiterbenefits ist zunächst zu bestimmen, wer den Benefit erhalten soll: Alle Beschäftigten oder doch nur bestimmte Arbeitnehmergruppen? Bei dieser Entscheidung ist der Arbeitgeber rechtlich nicht ganz frei: 

Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber dazu, Beschäftigte nicht ohne einen sachlichen Grund verschieden zu behandeln. Wenn also nur Vertriebsmitarbeiter eine Leistung erhalten sollen, die Beschäftigten in der Verwaltung allerdings nicht, braucht es dafür einen nachvollziehbaren und zulässigen Differenzierungsgrund.

Eine Ungleichbehandlung aufgrund der durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) besonders geschützten Merkmale, also etwa aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§ 7 Abs. 1, 1 AGG), ist ebenfalls nicht ohne Weiteres zulässig.

Wenn nicht alle Mitarbeitergruppen die gleichen Zusatzleistungen erhalten sollen, muss zunächst geprüft werden, ob es eine plausible Begründung für diese unterschiedliche Behandlung gibt. Gibt es einen guten Grund, kann eine Unterscheidung durchaus zulässig sein – Ungleiches muss auch nicht gleich behandelt werden. Dabei ist es rechtlich nicht immer einfach, eine unzulässige Differenzierung zu erkennen. Das AGG verbietet auch indirekte (mittelbare) Diskriminierungen, bei denen scheinbar anhand neutraler Kriterien differenziert wird, sich die Maßnahme aber auf bestimmte Gruppen nachteiliger auswirkt als auf andere. 

Häufig soll bei bestimmten Leistungen danach unterschieden werden, wie lang die Beschäftigten jeweils bereits bei dem Arbeitgeber beschäftigt sind. In dem Zusammenhang typisch sind etwa Zusatzleistungen, die eine langfristige Unternehmenstreue der Mitarbeiter belohnen sollen, oder dass ein Unternehmen Beschäftigte in der Probezeit von bestimmten Zusatzleistungen ausnehmen oder die Höhe der Leistungen an die Dauer der Betriebszugehörigkeit knüpfen möchte. Derartige Unterscheidungen sind ebenfalls häufig möglich.

Insgesamt ist es bei der Einführung von Benefits wichtig, den Zweck, die Art und den Umfang der Zusatzleistungen transparent zu (er-)klären und klare Berechtigungsgruppen zu definieren.

Beteiligung des Betriebsrats 

Wenn in einem Betrieb ein Betriebsrat gebildet ist, muss dieses Gremium in der Regel vor der Einführung von Mitarbeiterbenefits beteiligt werden. Hintergrund für diese Verpflichtung der Arbeitgeber ist § 87 Abs. 1 Nr. 10 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), der die sogenannte betriebliche Lohngestaltung betrifft. Der Begriff "Lohn" umfasst alle Leistungen des Arbeitgebers, unabhängig von ihrer Bezeichnung, die als Gegenleistung oder in Zusammenhang mit den erbrachten Leistungen der Arbeitnehmer gewährt werden. Daher sollte in den meisten Fällen zur Einführung der Benefits eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.

Wichtig ist, dass sich die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung zusätzlicher Benefits nur auf die sogenannten Verteilungsgrundsätze bezieht. Das Unternehmen kann also weitgehend frei darüber entscheiden, ob und welche Benefits es einführt und welches Budget dafür aufgebracht wird. Auch der verfolgte Zweck und der Adressatenkreis der Leistungen stehen im Ermessen des Arbeitgebers. Innerhalb dieser allein vom Arbeitgeber zu treffenden Vorgaben kann der Betriebsrat bei der Verteilung des zur Verfügung stehenden Budgets mitbestimmen.

Existiert kein Betriebsrat, kann es schneller gehen: Auch hier sind die allgemeinen rechtlichen Grundsätze – Gleichbehandlungsgrundsatz, AGG, tarifliche Einschränkungen – zu beachten. Die Einführung der Benefits erfordert allerdings keine kollektive Regelung mit dem Betriebsrat, sondern kann insofern frei durchgeführt werden. Umgesetzt wird dies meist entweder über eine individualvertragliche Änderungsvereinbarung oder per Gesamtzusage. 

Wichtig ist hierbei, je nach Ausgestaltung der individuellen oder Gesamtzusage z.B. einen Freiwilligkeitsvorbehalt, eine Befristung oder einen Änderungsvorbehalt vorzusehen. Andernfalls droht Unternehmen eine dauerhafte Bindung an die Leistung der Benefits, die womöglich nicht beabsichtigt war.

Stolperstein Tarifvertrag

Wendet ein Unternehmen Tarifverträge an, sind weitere Besonderheiten zu beachten. Zunächst kann der Betriebsrat in diesem Fall nur bei Benefits mitbestimmen, die nicht bereits abschließend im Tarifvertrag geregelt sind. Was im Tarifvertrag geregelt ist, fällt nicht in die Zuständigkeit des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Hs. 1 BetrVG). Einige Tarifverträge sehen allerdings vor, dass bestimmte Details bei der Einführung von Leistungen mit dem Betriebsrat vereinbart werden müssen. In diesem Fall sind betriebliche Regelungen nicht ausgeschlossen, sondern erforderlich.

Plant ein Unternehmen, eine Zusatzleistung durch Umwandlung des tariflichen Gehalts zu finanzieren, muss das erst einmal nach den jeweils geltenden Tarifverträgen erlaubt sein. Andernfalls kann es sein, dass die Beschäftigten ihren Anspruch auf die Auszahlung des vollen Tarifentgelts – also einschließlich des an sich umgewandelten Teils – behalten (§ 4 Abs. 4 TVG). Der Arbeitgeber muss dann womöglich diesen umgewandelten Teil im Streitfall doppelt zahlen. Falls dieser Aspekt in der Vergangenheit übersehen wurde, kann eine tarifvertragliche Ausschlussfrist das Risiko begrenzen.

Nachweisgesetz erschwert Einführung

Die Verschärfungen des Nachweisgesetzes sind auch bei der Einführung von Benefits zu beachten. Nach derzeit geltendem Recht müssen alle Arbeitsbedingungen, die von einer Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG erfasst sind, grundsätzlich jedem Beschäftigten in einem schriftlichen Nachweis zugesendet werden. Insbesondere ist eine differenzierte Angabe der Zusammensetzung und der Höhe des Arbeitsentgelts getrennt nach Bestandteilen zwingend (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 NachwG). Ob dies auch freiwillige Zusatzleistungen des Arbeitgebers erfasst, ist derzeit noch nicht gerichtlich geklärt und in der Literatur umstritten.

Hier haben es tarifgebundene Arbeitgeber und solche mit Betriebsräten etwas leichter: § 2 Abs. 4 NachwG erlaubt es, einige nachweispflichtige Angaben – insbesondere die Vergütungsbestandteile und die Angaben zur betrieblichen Altersversorgung – durch einen Verweis auf einschlägige Tarifverträge oder Betriebsvereinbarung zu erfüllen. Bei einer Betriebsvereinbarung reicht also ein entsprechender Verweis auf diese betriebliche Regelung.

 

Die Autoren Roman Christian Kies und Benjamin Münnich sind für die Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland tätig und beraten zum Arbeitsrecht.

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Unternehmen locken Mitarbeiter – Der Obstkorb hat ausgedient: . In: Legal Tribune Online, 20.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52967 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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