Am Mittwoch ist "Tag der Erholung". Ein guter Anlass, um darüber nachzudenken, wie sich auch im stressigen Berufsalltag kleine Erholungspausen einlegen lassen. Und wie das Abschalten im Urlaub gelingt. Coach Carmen Schön gibt Tipps dafür.
Erholung ist vor allem eines: individuell. Jeder erholt sich anders, und wer gut entspannen will, muss zunächst für sich herausfinden: Was für ein Typ bin ich? Was brauche ich, um mich gut zu erholen? Und nicht zuletzt: Woran merke ich überhaupt, dass ich erholt bin? Im Zielzustand, der Erholung, kann Ihnen beispielsweise auffallen, dass Sie eine entspannte Mimik haben. Dass Sie häufiger lachen und eine gewisse Leichtigkeit rund ums Herz fühlen.
Möglicherweise bemerken Sie auch, dass Sie eine andere Körperhaltung einnehmen, wenn Sie entspannt sind – nicht mehr so gebeugt wie vorher, als die Last der unerledigten Arbeit noch steinschwer auf Ihren Schultern drückte. Wer gestresst ist, nimmt auch die Schönheit der alltäglichen Dinge nicht mehr war. Wenn Sie sich also über Vogelzwitschern, ein Kinderlachen oder einfach auch über einen Blick in die Natur freuen können, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass Sie entspannt sind.
Es müssen nicht immer lange Auszeiten sein
Lange Zeit galt die Faustregel, dass man drei Wochen Urlaub am Stück braucht, um sich richtig zu erholen. Das klingt zwar gut, ist aber für viele Menschen, die in juristischen Berufen arbeiten, schlicht nicht realistisch. Und tatsächlich tragen auch kleine Unterbrechungen, etwa eine Urlaubswoche oder ein langes Wochenende, viel dazu bei, um wieder neue Kräfte zu sammeln.
Denn wir brauchen regelmäßige Erholungspausen. Stress macht auf Dauer körperlich krank, eine hohe Belastung kann bekanntlich zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Und auch psychisch hat zu viel Stress oft negative Folgen: Die Motivation sinkt, die Fehleranfälligkeit steigt und die Kreativität leidet. Daher ist es wichtig, dass wir immer wieder einmal den Reset-Knopf drücken und uns auf null fahren.
Stress entsteht vor allem im Kopf, deshalb ist auch Erholung eine reine Kopfsache. Um das zu erreichen, können wir damit beginnen, unseren Körper zu erholen, etwa beim Planschen am Meer. Nach einiger Zeit erreicht der neue Entspannungszustand auch die Seele. Oder wir beginnen direkt beim Kopf: Wir schalten ab und versuchen, an gar nichts zu denken. Beispielsweise, indem wir uns auf den Rasen legen und in den Himmel schauen. So kann Erholung gelingen.
Mittagspause im Park oder mit Computerspiel?
Viele erfolgreiche Anwältinnen und Anwälte legen sich in ihrer Freizeit aber gar nicht gemütlich auf die Wiese. Sie haben neben dem Job noch ein anspruchsvolles Hobby, sie laufen beispielsweise Marathon oder machen einen anderen Extremsport. Das ist bewundernswert – erholsam aber ist es nicht.
Wer im Arbeitsalltag entspannt bleiben will, sollte regelmäßige Ruhepausen einplanen. Üblicherweise lässt nach 90 Minuten die Konzentrationsfähigkeit stark nach, und dann ist es Zeit, eine kleine Pause einzulegen. Schließen Sie die Bürotür, lehnen Sie sich im Stuhl zurück, schließen Sie die Augen oder sehen Sie zum Fenster hinaus. Vielleicht schlürfen Sie genüsslich eine Tasse Tee oder Kaffee. Seien Sie für einige Minuten nicht erreichbar.
Und zelebrieren Sie die Mittagspause! Wer es anstrengend findet, mit Kollegen zu essen, weil sich die Gespräche immer nur um die Arbeit drehen, möchte sich vielleicht mit einem Snack oder einem Kaffee alleine in den Park setzen. Beobachten Sie eine halbe Stunde lang Menschen oder das, was sich in der Natur um Sie herum abspielt. Lassen Sie dabei das Blackberry aus. Wie fühlt es sich für Sie an, wenn Sie einmal nicht erreichbar sind?
Andere schalten leichter ab, wenn sie in der Mittagspause ein wenig Sport treiben, sei es mit der Laufgruppe in der Kanzlei oder bei einem kleinen Workout im Studio. Auch so lässt sich der Einklang von Körper, Geist und Seele wiederherstellen. Womöglich hilft es Ihnen aber auch, wenn Sie in der Pause ein Computerspiel daddeln, in Ruhe Zeitung lesen oder einen Powernap halten. Probieren Sie aus, was für Sie das Richtige ist. Und legen Sie sich ein wenig Selbstdisziplin auf, damit Sie Ihre Erholungspausen auch wirklich einhalten.
Keine Dauer-Erreichbarkeit im Urlaub
Gerade Anwälte müssen oder wollen erreichbar sein – auch im Urlaub. Damit die Gedanken bei der Bergwanderung oder am Strand nicht dauernd um die Arbeit kreisen, haben sich einige Tipps als hilfreich erwiesen: Emails sollten nicht laufend, sondern nur ein bis zweimal am Tag gecheckt werden. Womöglich kann oder muss man dann auch eine halbe bis ganze Stunde Arbeit einlegen und die wichtigsten Anfragen beantworten. Das Geschäftshandy sollte ansonsten aber im Hotelzimmer bleiben. Wer mutig ist, nimmt es gar nicht erst mit in den Urlaub. Das dürfte jedoch je nach Arbeitgeber auch für Associates häufig schlicht nicht möglich sein.
Es ist durchaus anspruchsvoll: Da hat man Arbeitstage von 16 Stunden und mehr – und plötzlich ist Urlaub und man soll sich locker machen. Gerade Anwälte fühlen sich oft unangreifbar und unverletzlich, notfalls wird mit Alkohol und Medikamenten nachgeholfen. Wer Erholung aber für unnötig hält, der wird sich auch in drei Wochen am Strand nicht erholen. Wer dagegen alternative Verhaltensweisen einüben will, mit denen er sich regeneriert, sollte sich klar machen: Erholung ist ein Wert an sich. Sie gelingt nur, wenn man sie wertschätzt.
Nicht zuletzt gehört es auch zum Zeitgeist, ein gutes und möglichst entspanntes Leben zu leben. War es früher beinahe noch ein Status-Symbol, wegen wichtiger Mandantenanfragen seinen Jahresurlaub abzubrechen, gilt es heute eher als Ausdruck von schlechtem Zeit- und Selbstmanagement.
Allerdings gilt: Jede und Jeder darf für sich selbst entscheiden, in welchem Maß Erholung nötig ist und wie sie am besten gelingt.
Carmen Schön berät und coacht Juristen, Führungskräfte und Anwaltskanzleien zu Themen wie Geschäftsaufbau, Führung, Auftritt und Wirkung.
Zum "Tag der Erholung": . In: Legal Tribune Online, 15.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30343 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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