Oliver Bellenhaus, ehemaliger Statthalter von Wirecard in Dubai, kommt nach mehr als drei Jahren in U-Haft frei. Der Haftbefehl gegen ihn wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts München I hat entschieden, dass der Kronzeuge im Wirecard-Prozess nicht länger in Untersuchungshaft bleiben muss. Oliver Bellenhaus hat die JVA Stadelheim daraufhin am Dienstag verlassen. Nach Angaben des Gerichts musste er seine Ausweise abgeben, der Kontakt zu Mitangeklagten und Zeugen wurde ihm untersagt.
Die Kammer sieht weiterhin Verdunkelungs- und Fluchtgefahr. Durch sein Geständnis und "Schadenswiedergutmachungsbemühungen" habe Bellenhaus diese aber soweit vermindern können, dass der Angeklagte unter strengen Auflagen auf freien Fuß gesetzt werden könne, heißt es in einer Mitteilung. Der Entscheidung fiel nach einem mündlichen Haftprüfungstermin am Montag.
Der aus Hof in Oberfranken stammende Bellenhaus war im Sommer 2020 nach dem Kollaps des Dax-Konzerns nach Deutschland zurückgekehrt, um sich der Justiz zu stellen. Die Münchner Staatsanwaltschaft ließ ihn festnehmen. Seit Dezember 2022 steht Bellenhaus gemeinsam mit dem früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun und dem früheren Chefbuchhalter vor Gericht. Letzterer war schon vor Prozessbeginn auf freien Fuß gekommen.
Die Anklage wirft den Managern vor, gemeinsam mit mehreren weiteren Komplizen in einer kriminellen Betrügerbande Scheingeschäfte in Milliardenhöhe erfunden zu haben. Bellenhaus hat eingeräumt, Verträge, Dokumente und Geschäftszahlen gefälscht zu haben. Dabei beschuldigte er auch Braun.
Braun verbleibt damit als einziger der Angeklagten hinter Gittern. Auch der Österreicher hat bereits dreieinhalb Jahre Untersuchungshaft hinter sich. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück, seine Anwälte werfen Bellenhaus Lügen vor. Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm kritisierte die Freilassung des Kronzeugen ungewöhnlich scharf: "Ein schmutziger Deal hinter verschlossenen Türen", erklärte der Anwalt.
sts/dpa/LTO-Redaktion
Strafprozess vor dem Landgericht München I: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53819 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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