Die BNetzA darf die Rendite der Betreiber von Strom- und Gasnetzen in Deutschland nicht so stark kürzen wie geplant. Das hat das OLG Düsseldorf am Donnerstag entschieden.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die staatlich garantierte Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital für Investitionen in die Gas- und Stromnetze methodisch fehlerhaft ermittelt, entschied der 3. Kartellsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf (Urt. v. 22.03.2018, u.a. Az. VI-3 Kart 143/16). Die Netzagentur habe die aktuellen Marktrisiken nicht hinreichend berücksichtigt, die Zinssätze müssen nun neu festgesetzt werden. Vorgaben für die neue Höhe der Sätze machte das Gericht nicht.
Mit den Zinssätzen, die von der BNetzA festgelegt werden, dürfen Strom- und Gasnetzbetreiber ihr Eigenkapital, das sie in die Netzstruktur investiert haben, rechnerisch verzinsen. Diese Zinssätze werden von den Betreibern als Netzkosten veranschlagt, den Versorgern in Rechnung gestellt und von diesen schließlich an die Endverbraucher weitergegeben. Ihre Höhe hat daher auch Auswirkungen auf die Strom- und Gaspreise, denn das Brutto-Netzentgelt macht für Haushaltskunden rund ein Viertel dieser Preise aus.
BNetzA wollte um rund zwei Milliarden Euro kürzen
Ende 2016 hatte die BNetzA die Eigenkapitalzinssätze für die 3. Regulierungsperiode von 9,05 auf 6,91 Prozent für Neuanlagen und von 7,14 auf 5,12 Prozent für Altanlagen gesenkt. Das bedeutete eine Kürzung der in den gesamten Netzkosten enthaltenen Eigenkapitalverzinsung um gut zwei Milliarden Euro für die kommenden fünf Jahre. In Zeiten der Niedrigzinsen müsse auch im Interesse der Stromkunden die Rendite geringer ausfallen, hatte die Netzagentur argumentiert. Ein Durchschnittshaushalt hätte Schätzungen zufolge bei den ursprünglichen Plänen der Netzagentur etwa 10 Euro im Jahr sparen können.
Gegen die Senkung der Zinssätze setzte sich die Branche zur Wehr: Etwa 1.100 Beschwerden von Netzbetreibern waren beim OLG Düsseldorf eingegangen. Anhand von 29 Musterverfahren hatte das Gericht zu entscheiden, ob die Senkung der Eigenkapitalzinssätze durch die BNetzA rechtmäßig war. Das ist sie nicht, wie das OLG verkündete.
Energiewende erfordert hohe Investitionen
"Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur passt bei genauer Betrachtung nicht zu den aktuellen Kapitalmarktverhältnissen", sagt Christoph Beer, der bei Rödl & Partner gemeinsam mit Dr. Thomas Wolf fünf der Musterverfahren begleitete. "Die Anforderungen der Energiewende bedingen hohe Investitionen in die Strom- und Gasnetze, eine Senkung der Eigenkapitalzinssätze ist dafür das falsche Signal und gefährdet die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber."
Ähnlich sehen das Vertreter der Kanzlei BBH, die 600 der 1.100 Beschwerdeverfahren geführt hat: "Versorgungssicherheit gibt es nicht zu Discounter-Preisen. Erst recht nicht, wenn die Netze so gefordert werden wie in der Energie- und Verkehrswende", sagt Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Rudolf Böck.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die BNetzA kann Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
ah/LTO-Redaktion
Rödl & Partner für Energienetzbetreiber:
Christoph Beer, Corporate Finance/Energiewirtschaft, Partner, Nürnberg
Dr. Thomas Wolf,, Corporate Finance/Energiewirtschaft, Partner, Nürnberg
BBH für Energienetzbetreiber:
Stefan Missling, Energiewirtschaftsrecht, Partner, Berlin
Heiko Lange, Energiewirtschaftsrecht, Partner Counsel, Berlin
White & Case für Energienetzbetreiber (u.a. Amprion, Open Grid Europe, Energienetz Mitte, Westfalen Weser Netz):
Thomas Burmeister, Federführung, M&A/Energy, Partner, Düsseldorf
Dr. Kristin Spiekermann, M&A/Energy, Local Partner, Düsseldorf
Christina Will, M&A/Energy, Local Partner, Düsseldorf
Dr. Maximilian Eßer, M&A/Energy, Associate, Düsseldorf
OLG Düsseldorf zu EK-Zinssätzen für Strom- und Gasnetzbetreiber: . In: Legal Tribune Online, 22.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27671 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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