Wegen Corona-Pandemie: LG Wies­baden ver­schiebt Cum-Ex-Straf­pro­zess

12.10.2020

Der Strafprozess gegen den Steueranwalt Hanno Berger und ehemalige Mitarbeiter einer Bank beginnt nicht wie geplant in der kommenden Woche. Das LG Wiesbaden verschiebt die Hauptverhandlung auf den Januar 2021.

Das Verfahren gegen Hanno Berger und fünf Ex-Mitarbeiter einer Bank gilt als einer der zentralen Prozesse zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Aktiendeals (Az.: 6 KLs - 1111 Js 27125/12). Sie müssen sich wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung verantworten, ihnen drohen bis zu zehn Jahren Haft.

Nun allerdings verzögert die Covid-19-Pandemie den Prozessbeginn. Wie das Landgericht (LG) Wiesbaden am Montag mitteilte, wird der Beginn der Hauptverhandlung "aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage zum Schutz der Verfahrensbeteiligten, der Mitarbeiter sowie der Zuschauer/Pressevertreter" auf den 28. Januar 2021 verlegt. Das Verfahren gegen einen in Neuseeland lebenden Angeklagten werde abgetrennt, so das Gericht weiter.

Mit dem Steuerrechtler Hanno Berger soll erstmals ein Rechtsanwalt im Cum-Ex-Komplex auf der Anklagebank Platz nehmen. Berger gilt als einer der Hauptakteure bei diesen Aktiengeschäften; er soll das Geschäftsmodell für eine Reihe von Banken und Finanzdienstleistern entwickelt haben. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft hat er stets zurückgewiesen und immer wieder betont, er werde sich einem Verfahren stellen. Wie das Handelsblatt im Juni berichtete, ist Berger jedoch nach Angaben seiner Anwälte dauerhaft verhandlungsunfähig. Sie hätten beantragt, das Verfahren gegen ihren Mandanten einzustellen.

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den Staat über Jahre hinweg um Milliarden zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.

Im bundesweit ersten Cum-Ex-Strafprozess hatte das Landgericht Bonn solche Aktiengeschäfte als Straftat gewertet. Die Bonner Richter verurteilten im März zwei britische Aktienhändler, die als Kronzeugen umfassend zur Aufklärung beigetragen hatten, zu Bewährungsstrafen. Die Privatbank M.M. Warburg sollte als sogenannte Einziehungsbeteiligte 176 Millionen Euro zahlen. Die Bank legte Revision ein, somit landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat bereits weitere Anklagen in Sachen Cum-Ex erhoben. Auch andere Staatsanwaltschaften - vor allem die Kölner - ermitteln seit Jahren zu dem Komplex.

ah/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Wegen Corona-Pandemie: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43074 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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