Im Dezember des vergangenen Jahres verurteilt das LG Bonn Hanno Berger zu einer Haftstrafe von acht Jahren. Inzwischen steht auch das Urteil im parallel geführten Verfahren vor dem LG Wiesbaden fest.
Er wird wahlweise als Mastermind, Strippenzieher oder Architekt eines Geschäftsmodells beschrieben, mit dem Banken und Finanzinvestoren Steuerbehörden über Jahre hinweg zur Rückerstattung von zuvor nie gezahlten Kapitalertragssteuern nebst Solidaritätszuschlag veranlasst haben. Dr. Hanno Berger aka "Mister Cum-Ex" wurde heute vor dem Landgericht (LG) Wiesbaden wegen schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Haftstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt (Urt. v. 30.05.2023, Az. 6 KLs – 1111 Js 18753/21). Die Zeit, die Berger in der Schweiz in Auslieferungshaft verbrachte, wird nach Angaben des Gerichts 1:1 auf das Strafmaß angerechnet.
Die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Kathleen Mittelsdorf ordnete zudem die Einziehung von Taterträgen in Höhe von knapp 1,1 Millionen Euro an. Während die Verteidigung Bergers mit dem Verweis darauf, dass die Geschäfte zum Zeitpunkt der Abwicklung rechtlich zulässig gewesen seien, auf Freispruch plädiert hatte, lag die Forderung der Anklage bei zehn Jahren und sechs Monaten Haft.
Gesetzgeber findet erst spät ein wirksame Maßnahme
Berger wurde im Wiesbadener Strafprozess die Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften in den Jahren 2006 bis 2008 vorgeworfen, die zu unberechtigten Steuerrückzahlungen in einer Größenordnung von 113 Millionen Euro geführt haben. Die Transaktionspartner handelten dabei rund um den für die Dividendenausschüttung maßgeblichen Stichtag mit Aktien und Derivaten und ließen sich anschließend Steuern mehrfach erstatten, obwohl diese zuvor nur einmal abgeführt wurden.
Erst im Jahr 2012 setzte der Gesetzgeber dem Geschäftsmodell mit einer Verlagerung der Steuerabzugsverpflichtung von den Emittenten auf die Depotbanken ein Ende. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte im Juli des Jahres 2021 fest, dass es sich bei den Cum-Ex-Transaktionen um eine strafbare Steuerhinterziehung handelt (Urt. v. 28.07.2021, Az. 1 StR 519/20). Später stufte auch der Bundesfinanzhof die Geschäfte als steuerrechtlich unzulässig ein (Urt. v. 02.02.2022; Az. I R 22/20).
Bonner Urteil landet vor dem BGH
Berger, der lange Jahre als Steuerprüfer für die hessische Finanzverwaltung tätig war, wurde im Dezember des vergangenen Jahres bereits vom LG Bonn wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig gesprochen. Das Strafmaß für den 72-jährigen lautete auf acht Jahre Haft, die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert.
Die getrennten Verfahren waren notwendig geworden, weil sich die beiden Landgerichte im Vorfeld nicht auf eine Zusammenführung verständigen konnten. Eine Sprecherin des LG Wiesbaden erklärte vor der heutigen Urteilsverkündung, dass es im Falle einer Verurteilung zur Bildung einer Gesamtstrafe komme. Dies erfolge nach Rechtskraft beider Urteile per nachträglichem Beschluss durch das Gericht, das Berger zur höheren Strafe verurteilt habe. Der 72-jährige hatte aber zwischenzeitlich bereits angekündigt, gegen das Urteil des LG Bonn Revision einzulegen.
Cum-Ex-Prozess vor dem Landgericht Wiesbaden: . In: Legal Tribune Online, 30.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51881 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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