Prozess um Waffentransporte nach Mexiko: Heckler & Koch muss 3,7 Mil­lionen zahlen

21.02.2019

Im Prozess um Waffentransporte von Heckler & Koch nach Mexiko verhängt das LG Stuttgart lediglich Bewährungsstrafen und spricht drei Angeklagte frei. Nur für die Rüstungsfirma selbst geht das Verfahren nicht glimpflich aus.

Die 13. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgericht (LG) Stuttgart hat einen früheren Vertriebsleiter und eine Sachbearbeiterin zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten bzw. einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der ehemalige Vertriebsleiter an der bandenmäßigen Ausfuhr von Waffen aufgrund von erschlichenen Genehmigungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz in mehreren Fällen beteiligt hat. Die Sachbearbeiterin habe sich der Beihilfe schuldig gemacht. Die übrigen drei Angeklagten, darunter zwei ehemalige Geschäftsführer und Ausfuhrverantwortliche sowie ein stellvertretender Vertriebsleiter, wurden freigesprochen (Urt. v. 21.02.2019, Az.: 13 KLs 143 Js 38100/10).

Von Heckler & Koch selbst sollen Verkaufserlöse in Höhe von 3,7 Millionen Euro eingezogen werden, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag. Für den Waffenhersteller, der einen Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro erzielt, ist das viel Geld. Mit der Entscheidung blieb das Gericht unter der Summe, die die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer Ende Januar gefordert hatte. Sie wollte, dass von Heckler & Koch der gesamte Kaufpreis für die exportierten Waffen – also 4,1 Millionen Euro - eingezogen werden. Der Anwalt des Unternehmens dagegen hielt abzüglich der Kosten lediglich 200.000 Euro für angemessen.

Ausfuhrgenehmigung war erschlichen

In dem Verfahren ging es um die Frage, wie in den Jahren 2006 bis 2009 mehr als 4.500 Sturmgewehre des Typs G36 sowie Maschinenpistolen und Zubehör im Wert von rund 4,1 Millionen Euro in Unruheregionen in Mexiko landen konnten, obwohl sie dorthin nicht hätten geliefert werden dürfen. Das LG ist im Verlauf der zehnmonatigen Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der Waffenhersteller die Waffen nach Mexiko ausgeführt hat, und sie dort von einer zentralen Beschaffungsstelle an die Bundesstaaten Jalisco, Chiapas, Chihuahua und Guerrero weiterveräußert wurden.

Die Ausfuhren nach Mexiko waren nach Auffassung der Kammer zwar inhaltlich von den Genehmigungen des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gedeckt. Diese seien jedoch aufgrund bewusst unrichtiger Angaben erschlichen worden, da den deutschen Genehmigungsbehörden als unzuverlässig erkannte Endverbleibserklärungen der mexikanischen Behörden vorgelegt wurden. In diesen Erklärungen ist - wie der Name sagt - der endgültige Zielort der Waffen beschrieben.

"Kein Tribunal über Rüstungspolitik"

"Dieses Verfahren ist kein Tribunal über deutsche Rüstungspolitik", stellte der Vorsitzende Richter am Donnerstag klar. Es sei ausschließlich um den illegalen Waffenexport gegangen, nicht auch um den Einsatz der Waffen in Mexiko. Rüstungsgegner hatten vor dem Gerichtsgebäude zu einer Mahnwache aufgerufen, sie sehen auch die beteiligten Ausfuhrbehörden in der Verantwortung.

Die von Gericht und Anklage als Hauptverantwortliche ausgemachten Männer standen in Stuttgart  jedoch nicht vor Gericht: Ein früherer Bereichsleiter lebt nicht mehr, und der ehemalige Handelsvertreter aus Mexiko ist seinem Anwalt zufolge zu krank um anzureisen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat für ihn inzwischen einen internationalen Haftbefehl beantragt. Das Gericht muss darüber noch entscheiden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

ah/LTO-Redaktion

Mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Prozess um Waffentransporte nach Mexiko: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33971 (abgerufen am: 16.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen