Cum-Ex-Strafprozess am LG Bonn: Pri­vat­bank M. M. War­burg will zahlen

11.12.2019

Die Bankenvertreter sitzen im LG Bonn in zweiter Reihe - hinter den beiden Angeklagten. Die meiste Zeit hüllen sich die Anwälte der Finanzwelt in Schweigen, wenn über die Cum-Ex-Finanzgeschäfte gesprochen wird. Doch nun gibt es eine Wortmeldung.

Die Hamburger Privatbank M. M. Warburg hat wegen ihrer Verwicklung in Cum-Ex-Steuerdeals zu Lasten der Staatskasse angekündigt, Geld an den Fiskus zahlen zu wollen. Man führe seit längerem Gespräche mit den Finanzbehörden, damit "alle mit diesen Geschäften erzielten Gewinne unverzüglich an den Fiskus ausgekehrt werden", sagte der Anwalt der Bank, Prof. Dr. Christian Jehke von der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg, am Mittwoch vor dem Landgericht (LG) Bonn.

Damit würde das Hamburger Finanzinstitut dem Beispiel anderer Banken folgen, die ebenfalls schon das Gespräch mit dem Fiskus gesucht und wegen ihrer Verwicklung in Cum-Ex tief in die Tasche gegriffen haben. Um welchen Betrag es bei der Warburg-Zahlung gehen könnte, blieb offen.

Vergangene Woche hatte das Gericht durchblicken lassen, dass es die gezielte Mehrfacherstattung von Steuern als Straftat sieht und dass die Banken wohl zur Kasse gebeten werden. Ein Urteil könnte im Januar gesprochen werden. Anwalt Jehke betonte am Mittwoch, dass die Beteiligten der M. M. Warburg nie beabsichtigt hätten, "steuerrechtswidrige Aktiengeschäfte zu betreiben oder sie zu fördern". Dennoch signalisierte er im Namen der Privatbank nun Zahlungsbereitschaft.

Der Warburg-Vertreter wies vor Gericht darauf hin, dass eine Vielzahl anderer Finanzakteure in die Geschäfte involviert waren, unter anderem Broker, Berater und Depotbanken. "Ohne diese Akteure wären die Geschäfte nicht möglich gewesen", sagte Jehke. "Gegen sie käme ebenfalls eine Einziehung in Betracht." Das darf als Fingerzeig in Richtung Deutsche Bank verstanden werden - in einem separaten Strang verklagt Warburg das größte deutsche Geldhaus auf Schadensersatz wegen dessen Rolle bei Cum-Ex als sogenannte Depotbank, also als Bank, bei der Aktien lagern. Die Deutsche Bank wies die Vorwürfe zurück.

Depotbanken spielten nicht die Hauptrolle

Depotbanken spielten bei Cum-Ex eher eine Nebenrolle, sie selbst betrieben keine solche Steuerdeals. Allerdings lagerten bei ihnen Aktien, mit denen die anderen Finanzakteure das Cum-Ex-Verwirrspiel gegenüber dem Fiskus inszenierten - je nach Transaktion verrechneten die Depotbanken entsprechend Steuern. Bei Cum-Ex erstattete der Fiskus Steuern, die gar nicht gezahlt worden waren - der Gesamtschaden für den Staat geht Schätzungen zufolge in den zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich.

Der Vorsitzende Richter Roland Zickler hatte vor einer Woche bei einer Einschätzung des Sachverhalts Cum-Ex von einem "kollektiven Griff in die Staatskasse" gesprochen und mit Blick auf die Banken hinzugefügt: "Wir haben gesehen, dass die Selbstkontrolle oft versagt hat." Zickler machte klar, dass auch andere Finanzakteure finanziell zur Rechenschaft gezogen werden könnten. "Wir wissen, wie groß der verteilte Gesamtkuchen ist", sagte der Richter. "Wir können uns vorrechnen lassen, wie viel vom Kuchen wo gelandet ist."

In dem im September gestarteten Verfahren sind zwei britische Ex-Aktienhändler angeklagt, denen 33 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung und ein Versuch im Zeitraum von 2006 bis 2011 vorgeworfen wird. Sie sollen damit einen Steuerschaden von 447,5 Millionen Euro mitverursacht haben. Die M. M. Warburg und vier andere Finanzinstitute sind als sogenannte Einziehungsbeteiligte in das Verfahren involviert - die Banken machten bei den Geschäften mit.

dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Cum-Ex-Strafprozess am LG Bonn: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39189 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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