Am LG Augsburg startet am Mittwoch ein erster Prozess im Zusammenhang mit dem umstrittenen Steuervermeidungsmodell "Goldfinger". Nun müssen sich erst einmal zwei Angeklagte vor Gericht verantworten.
Während in Bonn weiterhin in Sachen Cum-Ex verhandelt wird, befasst sich das Landgericht (LG) Augsburg ab Mittwoch mit einem anderen, nicht weniger umstrittenen Steuervermeidungsmodell.
Mit dem sogenannten Goldfinger-Modell haben vermögende Bürger in der Vergangenheit mittels Handels mit Gold oder anderen hochwertigen Gegenständen im Ausland Millionensummen an Steuern gespart. Der Gesetzgeber hatte dieses Einkommensteuerschlupfloch 2013 geschlossen. Zudem hatte der Bundesfinanzhof 2017 entschieden, unter welchen Bedingungen der Goldhandel in der Zeit vor der Gesetzesänderung zulässig war.
Mehr als 100 Beschuldigte, bisher 20 Anklagen
Die Staatsanwaltschaft in Augsburg geht unabhängig davon aus, dass jedenfalls das im Raum München entwickelte Goldfinger-System illegal war und somit als Steuerhinterziehung einstufen ist. Die Anklagebehörde hat deswegen gegen mehr als 100 Beschuldigte Ermittlungen eingeleitet. Es geht dabei nicht nur um Steuerzahler, sondern auch um Berater und Rechtsanwälte.
In einem weiteren Schritt klagte die Behörde zunächst 20 Personen an. Dabei handele es sich um die Initiatoren des Modells und um Gesellschafter der beteiligten Unternehmen, so die Staatsanwaltschaft.
Das LG hat nun zunächst im Falle zweier Angeklagter Verhandlungstermine festgesetzt. Der Prozess beginnt am Mittwoch und soll nach Angaben eines Gerichtssprechers nach derzeitigem Stand bis Januar 2021 dauern, fast 80 Prozesstage sind geplant. Wann die Verhandlungen gegen die übrigen Angeklagten starten, ist noch unklar.
Einkommensteuerlast mit Goldfinger-Methode fast halbiert
Der Name "Goldfinger" geht auf den gleichnamigen James-Bond-Film von 1964 mit Sean Connery und Gert Fröbe zurück. Bei dem Steuermodell wird über ausländische Unternehmen häufig mit Gold gehandelt, um so in Deutschland die Steuer massiv zu senken.
Wie eine Beispielrechnung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ergab, konnte früher ein Bürger mit einem Jahreseinkommen von einer Million Euro mittels einer Goldfinger-Gesellschaft in Großbritannien seine Einkommensteuerlast in der Bundesrepublik nahezu halbieren. Innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraums zahlte der Einkommensmillionär demnach statt etwa 916.000 nur 467.000 Euro Steuern.
Wichtig für dieses Vorgehen war, dass es im Ausland tatsächlich einen Geschäftsbetrieb gab und dort nicht nur ein Scheinunternehmen bestand, um die deutschen Finanzbehörden zu täuschen.
Mehrere 100 Millionen Euro Schaden für den Fiskus?
Es ist unklar, um welche Summen es bei den Fällen, die in Augsburg verhandelt werden, geht, da die Staatsanwaltschaft wegen des Steuergeheimnisses keine Details bekanntgegeben hat. In Augsburger Justizkreisen wird indes davon gesprochen, dass dem Fiskus insgesamt ein Schaden von mehreren 100 Millionen Euro entstanden sein soll.
Anfang 2018 waren bei einer großen Razzia zunächst sieben Beschuldigte in Untersuchungshaft gekommen, die Haftbefehle wurden später aber aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat dem Gericht Beweismittel im Umfang von 21 Umzugskartons übergeben, die erste eingereichte Anklage ist 180 Seiten lang.
dpa/ah/LTO-Redaktion
LG Augsburg zum Steuervermeidungsmodell: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38667 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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