Kanzleigründung: “Für die meisten war es eine Zwei-Sekunden-Ent­schei­dung“

Interview von Stefan Schmidbauer

28.05.2024

Mitte 2023 entscheiden sich die Gründungspartner von GLNS für eine Trennung. Drei von ihnen gründen danach erneut. Welche Herausforderungen und Lerneffekte auf Kanzleigründer zukommen, wissen Ludger Schult und Anselm Lenhard.

LTO: Herr Schult, nach mehr als zwei Jahrzehnten als Rechtsanwalt, auch schon in eigener Kanzlei, kam für Sie Anfang 2024 mit LARK ein Neustart – und wieder war es eine Gründung. War die Veränderung Wunsch oder Notwendigkeit?

Dr. Ludger Schult: Absoluter Wunsch. Unsere eigene Kanzlei, das war GLNS. Wir hatten sie 2012 zu viert in München gegründet. Unser Team wuchs und wir stemmten hochkarätige Mandate. Unternehmen der deutschen Top-Liga gehörten zu unseren Stammmandanten. Es hätte einfach alles so weitergehen können. Aber wir wollten es noch einmal wissen – und manches anders machen. 

Wenn alles rund läuft: Warum geht man wieder zurück zum Anfang?

Schult: Die Entscheidung war alles andere als einfach. Als Gründer ist man mit seiner Kanzlei besonders stark verbunden. Es war ein Abwägen zwischen dem Beibehalten des Liebgewonnenen und dem Neuaufbau. Am Ende siegten die Überzeugung und die Erkenntnis, dass sich in einer neuen Einheit strukturelle Veränderungen leichter umsetzen lassen als in einer bestehenden.  

Wie haben Sie die Entscheidung kommuniziert und wie sind die Reaktionen ausgefallen?

Schult: Zusammen mit mir haben sich die GLNS-Gründungspartner Dr. Tobias Nikoleyczik und Dr. Daniel Gubitz zur Kündigung entschieden. Das war im Sommer 2023. Natürlich entstanden da Unruhe und ein gewisser Umbruch. In den Wochen nach der Kündigung haben wir viele Gespräche geführt, um unsere Teams von der Idee der Neugründung zu überzeugen und unsere Motivation für die Neugründung zu erklären. Da haben wir sehr viel Zeit investiert, aber es hat sich gelohnt. Für die meisten war es eine Zwei-Sekunden-Entscheidung.

Herr Lenhard, Sie waren einer von denen, die sich nicht nur zum Mitgehen, sondern zum Mitgründen entschieden haben. Warum?

Dr. Anselm Lenhard: Für mich kam die Veränderung genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich war bereits fast sechs Jahre bei GLNS und hatte hier erfolgreich from scratch die Finanzierungspraxis aufgebaut. Nun mit den erfahrenen Kanzleigründern Hand in Hand sogar eine neue Kanzlei aufzubauen, erschien mir als eine äußerst spannende und logische Weiterentwicklung. Das war eine Chance, die ich mir auf keinen Fall entgehen lassen wollte.

Wie verlief die Zusammenarbeit in der Trennungsphase?

Schult: Die Übergangsphase verlief manchmal etwas turbulent, aber dennoch in ihrer besten Form. Der Kanzleialltag musste natürlich weitergehen, auch wenn wir und unsere Teams uns gleichzeitig auf die Trennung vorbereiteten. Deshalb haben wir alle zusammen die Entscheidung getroffen, dass wir GLNS bis zum Jahresende partnerschaftlich weiterführen. Ganz nach dem Motto business as usual. Im Dezember gab es sogar noch eine gemeinsame Weihnachtsfeier. 

Bei aller Aufbruchstimmung und Euphorie: Auf welche Herausforderungen müssen sich Kanzleigründer einstellen?

Lenhard: Nur wenige Wochen nach meiner Kündigung saß ich mit Tobias Nikoleyczik im Auto, fuhr mit ihm von einer besonderen Münchner Gewerbeimmobilie zur nächsten und überlegte, welche am besten zu unserer neuen Kanzlei passen könnte. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst, wie kostenintensiv eine Kanzleigründung ist. Da muss man Vertrauen haben, in sein Können, in seine Partner und in das Team, und darauf, dass die neue Kanzlei auch gut laufen wird. Aber dieses Vertrauen hatte ich immer.

Schult: Neben der Suche nach einem neuen Büro gab es natürlich noch viele weitere Dinge zu organisieren und zu erledigen. Dazu gehörten etwa IT und Infrastruktur, Personalthemen oder der Außenauftritt der neuen Kanzlei. Das war neben dem ohnehin schon vollen Arbeitsalltag ein ganz schönes Paket. In jeder freien Minute habe ich telefoniert – am Abend, am Wochenende und auf Autofahrten.

Apropos Außenauftritt: Warum haben Sie sich für den Namen LARK entschieden?

Lenhard: Wir hatten tatsächlich eine Agentur beauftragt, um einen Namen zu finden, der unsere Idee von einer modernen, dynamischen und natürlich besonderen Kanzlei widerspiegelt. Hier wurden unsere Erwartungen aber leider nicht erfüllt. Die Vorschläge der Agentur waren nicht das, was wir uns vorgestellt hatten. Deshalb entschieden wir uns für die Do-it-yourself-Methode: Bei einem gemeinsamen Abendessen der Gründungspartner nebst Lebensgefährten und Lebensgefährtinnen wurden nach jedem Gang einige selbst entworfene Namensvorschläge vorgestellt und diskutiert. Am Ende wurde abgestimmt und der Sieger war eindeutig LARK.

Lief der Gründungsprozess von LARK anders ab als die Gründung von GLNS?

Schult: Ja. Wir waren viel weniger nervös als damals. 2012 hatten wir keine Mandanten und auch keine Ahnung, wie man eine Kanzlei aufbaut. Der Fokus lag darauf, Klinken zu putzen und bekannt zu werden. Bei der Gründung von LARK ging es hingegen vor allem darum, bestehende Mandanten in ruhigem Fahrwasser in die neue Einheit zu überführen. Daneben gab es vor allem praktische Fragen zu beantworten: Wie profilieren wir uns? Wie sieht das Kanzleilogo aus? Wie statten wir unser neues Büro aus?

Anders ist vor allem auch unsere personelle Aufstellung. Wir haben den Generationswechsel vorbereitet, indem wir auch junge Partner in die Equity-Partnerschaft aufgenommen haben. Gleichzeitig wurde der Weg in die Partnerschaft vereinfacht. 

Lenhard: Im Grunde war die Neugründung ein evolutionärer Prozess. Das heißt, dass wir das Bestehende auf ein neues Level heben wollten. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die Kanzleiorganisation professionalisiert haben, indem wir einen Chief Operating Officer eingestellt haben. Denn wir sind einfach davon überzeugt, dass bestimmte Themen bei einem solchen Experten besser aufgehoben sind als bei uns Anwälten. 

Worauf kommt es Ihrer Meinung nach an, wenn man sich auf eine Kanzleigründung einlässt? Welches Fazit ziehen Sie für sich persönlich?

Schult: Das Fazit ist eindeutig: Das Allerwichtigste bei einer Kanzleigründung ist, dass du ein Team hast, mit dem du eine Verbindung hast, oder mit dem du dir vorstellen kannst, eine Verbindung aufzubauen. Das ist wie in einer privaten Beziehung. Bei LARK passt das Team. Ich kann mir vorstellen, mit jedem und jeder bei LARK auf einer einsamen Insel zu stranden – und wüsste, dass das gut gehen würde.

Und deshalb geht es jetzt mit LARK bis zum Ruhestand weiter – oder können Sie sich eine dritte Gründung vorstellen?

Schult: Nein. Ich denke, dieses Mal passt alles.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Ludger SchultAnselm LenhardDr. Ludger Schult ist Gründungspartner bei LARK und seit über zwei Jahrzehnten als Rechtsanwalt tätig. Die Schwerpunkte seiner Beratung liegen im Bereich M&A/Private Equity und Gesellschaftsrecht.  

Dr. Anselm Lenhard ist ebenfalls Gründungspartner bei LARK und auf die Beratung zu Krediten und Akquisitionsfinanzierungen spezialisiert.

LARK wurde im Januar 2024 in München gegründet, zählt inzwischen 20 Anwältinnen und Anwälte und fokussiert sich auf die Bereiche Corporate, Finance und Tax.

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Kanzleigründung: “Für die meisten war es eine Zwei-Sekunden-Entscheidung“ . In: Legal Tribune Online, 28.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54631/ (abgerufen am: 16.07.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen