Cum-Ex-Aktiendeals: Staats­an­walt­schaft klagt Ex-Fresh­fields-Anwalt an

von Dr. Anja Hall

25.06.2020

Die Justiz treibt die strafrechtliche Aufarbeitung von Cum-Ex-Aktiendeals voran. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat am Donnerstag Anklage gegen einen weiteren Rechtsanwalt und Steuerberater erhoben.

Die Generalstaatsanwaltschaft machte keine konkreten Angaben zu dem angeschuldigten Anwalt. Nach dpa-Informationen soll es sich dabei aber um einen ehemaligen Mitarbeiter des bereits angeklagten ehemaligen Partners der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer handeln.

Dem 46-Jährigen wird laut Generalstaatsanwaltschaft "Beihilfe zur mittäterschaftlichen schweren Steuerhinterziehung in drei Fällen" vorgeworfen. Er soll einen Steuerschaden von insgesamt mehr als 346 Millionen Euro verursacht haben. Die Anklagebehörde legt dem Anwalt in der 322 Seiten umfassenden Anklageschrift zur Last, "in Kenntnis der tatsächlichen Struktur der Cum-Ex-Geschäfte bewusst Gefälligkeitsgutachten erstattet zu haben, um den Geschäften einen vermeintlich legalen Anschein zu geben".

Hintergrund dafür sind Beratungsleistungen für die inzwischen insolvente Maple Bank im Zeitraum von 2007 bis 2009. Das deutsche Institut mit kanadischen Wurzeln war 2016 von der Finanzaufsicht Bafin geschlossen worden, weil ihm wegen einer Steuerrückstellung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften die Überschuldung drohte.

Der Insolvenzverwalter der Bank, CMS-Partner Dr. Michael Frege, hatte deren Rechtsberaterin Freshfields beim Landgericht (LG) Frankfurt deshalb wegen Falschberatung in Sachen Cum-Ex auf 95 Millionen Schadensersatz verklagt. Zu einer Entscheidung kam es nicht, denn Kanzlei und Insolvenzverwalter haben sich auf einen Vergleich geeinigt: Freshfields bezahlt 50 Millionen Euro.

Jetzt drei Anklagekomplexe in Frankfurt

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat nach eigenen Angaben beantragt, die Anklage gegen den 46-Jährigen mit dem bereits im Dezember auf den Weg gebrachten Verfahren gegen sieben weitere Männer zu verknüpfen. Damit laufen bei der Frankfurter Behörde drei Anklagekomplexe im Zusammenhang mit den umstrittenen Aktiengeschäften. Auch andere Staatsanwaltschaften - vor allem die Kölner - ermitteln.

Sowohl der bereits angeklagte Partner als auch der nun Angeschuldigte arbeiten dpa zufolge inzwischen nicht mehr für Freshfields. Ein Sprecher der Kanzlei in Frankfurt wollte sich zu der aktuellen Anklage auf Nachfrage nicht äußern.

LG Bonn veröffentlicht erstes Strafurteil

Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte das Landgericht (LG) Bonn das erste Urteil im Cum-Ex-Strafprozess (Urt. v. 18.03.2020; Az. 62 KLs 1/19). Angeklagt waren zwei britische Aktienhändler, die Warburg Bank war Einziehungsbeteiligte.

Auf 525 Seiten legt die 12. große Strafkammer des Bonner Landgerichts dar, weshalb die angeklagten Cum-Ex-Geschäfte aus ihrer Sicht gegen die damals geltenden steuerrechtlichen Bestimmungen verstießen und warum die Angeklagten sich der Steuerhinterziehung oder der Beihilfe dazu schuldig machten. Die Richter stellen dabei klar, dass es zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig gewesen sei, sich nicht gezahlte Steuern anrechnen oder erstatten zu lassen. Dass die Cum-Ex-Deals möglicherweise rechtswidrig seien, sei den Angeklagten und den Entscheidungsträgern der einziehungsbeteiligten Bank seit 2007 bewusst gewesen.

Dennoch sind die Aktienhändler mit Bewährungsstrafen davongekommen; bei einem der Angeklagten hat das Gericht zudem die Einziehung von 14 Millionen Euro an Taterträgen und gezogenen Nutzungen angeordnet und er muss 40.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Dass die beiden Angeklagten geständig gewesen seien und zudem "erhebliche Hilfe" dazu geleistet hätten, Cum-Ex-Geschäfte auch über die angeklagten Fälle hinaus aufzuklären, habe sich strafmildernd ausgewirkt, so das Gericht in seinem Urteil. Bei einem der Angeklagten sei die Kronzeugenregelung angewendet worden, was zu einer Absenkung des Strafrahmens geführt habe.

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht: Beide Angeklagten, die Warburg Bank und die Staatsanwaltschaft haben Revision eingelegt.

Mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Cum-Ex-Aktiendeals: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42002 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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