Christian Olearius, Gesellschafter von M.M. Warburg, muss sich wegen Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften vor dem LG Bonn verantworten. In einer Erklärung definiert der Angeklagte seine Rolle und die Motivation für Treffen mit Olaf Scholz.
Seine Anwälte Rudolf Hübner und Klaus Landry hatten für ihren Mandanten zuvor bereits einen Freispruch gefordert. Jetzt hat Christian Olearius im Cum-Ex-Prozess vor dem Landgericht (LG) Bonn (Az. 63 KLs 1/22) selbst das Wort ergriffen und seine Unschuld beteuert. Er habe "weder wissentlich noch willentlich an strafbaren Cum-Ex-Geschäften mitgewirkt", so der 81-jährige. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass es sich um legale Aktienkaufverträge gehandelt habe.
Die Staatsanwaltschaft Köln wirft Olearius besonders schwere Steuerhinterziehung in 14 Fällen im Zeitraum von 2006 und 2011 vor. Der dem Fiskus entstandene Schaden wird mit rund 280 Millionen Euro beziffert. Der Bundesgerichtshof hatte im Juli 2021 entschieden, dass die Cum-Ex-Transaktionen als Steuerhinterziehung zu werten sind (Urt. v. 28.07.2021, Az. 1 StR 519/20).
Verteidigung kritisiert Vorverurteilung
Der Prozess in Bonn ist das erste Verfahren, bei dem ein hochrangiger Vertreter einer beteiligten Bank angeklagt ist. Olearius ist persönlich haftender Gesellschaft von M.M. Warburg, er gehörte bis Ende 2019 dem Aufsichtsrat der Bank an. Der Auftakt für die Hauptverhandlung war am 18. September, das Gericht hat zunächst 28 Verhandlungstermine festgelegt.
Peter Gauweiler, ebenfalls Verteidiger von Olearius, sparte nicht mit Kritik an der Anklage und der anklagenden Behörde: "Die Staatsanwaltschaft Köln hat in beispiellosem Maß an der öffentlichen Vorverurteilung des Angeklagten Olearius teilgenommen, diese zu verantworten und teilweise aktiv betrieben", so der Rechtsanwalt.
"Eine Schädigung des Staates lag mir fern", erklärte Olearius am Montag und weiter: "Ich weiß, dass ich unschuldig bin". In den Unterlagen des Anwalts Hanno Berger, der bei den Geschäften als Berater fungierte und zwischenzeitlich sowohl durch das LG Bonn, als auch durch das LG Wiesbaden jeweils zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, sei von Leerverkäufen gar keine Rede gewesen. Ebendiese Leerverkäufe waren das wesentliche Merkmal der Cum-Ex-Konstrukte.
Keine Anstiftung zur Amtspflichtverletzung
Besondere Aufmerksamkeit erhält der Prozess um Olearius wegen einer Verbindung zu Bundeskanzler Olaf Scholz. Während seiner Amtszeit als Hamburger Bürgermeister stand Scholz mehrfach in persönlichem Kontakt mit Olearius und sieht sich dem Vorwurf der politischen Einflussnahme ausgesetzt. Eine Steuerbehörde der Stadt verzichtete auf eine millionenschwere Rückerstattungsforderung gegen M.M. Warburg. Scholz hat den Vorwurf, unter anderem im Rahmen eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, zurückgewiesen.
Seine Treffen mit Scholz erklärt Olearius mit dem Anliegen, dem damaligen Bürgermeister angesichts der "Durchstecherei der Staatsanwaltschaft zur Presse hin und der medialen Vorverurteilung" die Sichtweise des Bankhauses zu schildern. Ihm zuzutrauen, Scholz zu einer Amtspflichtverletzung zu überreden, sei "abenteuerlich".
sts/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
Warburg-Bankier Olearius gibt Erklärung im Cum-Ex-Prozess ab: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52928 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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