Am Donnerstag hat erstmals der Deutsche Vergütungsrat getagt. Das Gremium, dem unter anderem Vertreter von Unternehmen und der Anwaltschaft angehören, will Regeln für einen transparenten Umgang mit Anwaltshonoraren am Markt etablieren.
Initiatoren des Deutschen Vergütungsrates sind Prof. Dr. Clemens Engelhardt und Dr. Christopher Hahn von der Kanzlei Trustberg sowie Dan Bauer, Geschäftsführer der DKMG Deutsche Kanzleimarketing Gesellschaft. Engelhard und Hahn haben vor einigen Monaten auf sich aufmerksam gemacht, als sie eine Preisliste für ihre Beratung bei LinkedIn veröffentlichten und damit eine Kontroverse über Kostenztransparenz auslösten.
Gemeinsam mit Bauer haben die beiden Anwälte nun innerhalb weniger Monate eine Gruppe von Mitstreitern um sich versammelt, die sich das Ziel gesetzt haben, ein Regelwerk für die Vergütung von Rechtsberatung zu entwickeln. Dem 17-köpfigen "Senat" des Vergütungsrates gehören Wissenschaftler, etwa als Vorsitzender Prof. Dr. Jens Prütting von der Bucerius Law School, und Unternehmensjuristen zum Beispiel von Allianz, Bombardier Transportation und Delivery Hero an. Aber auch der Bundesverband der Unternehmensjuristen und Vertreter der Kanzleien Eversheds, Dentons, SKW Schwarz und PwC Legal sind mit an Bord.
Kodex per Videokonferenz verabschiedet
Am Donnerstag wurde nun die erste Fassung des sog. Honorarkodex' verabschiedet – pandemiebedingt im Rahmen einer Videokonferenz mit knapp 70 Teilnehmenden und nicht wie ursprünglich geplant mit einem großen Event in Bonn. Das Regelwerk soll Anwälten und Mandanten einen "Anhaltspunkt zur transparenten Gestaltung der Honorare" geben, so die Initiatoren. Anwälte und Kanzleien können sich vom Deutschen Vergütungsrat zertifizieren lassen, dass sie den Kodex beachten - für 169 Euro pro Berufsträger und Jahr.
Dabei enthält der Kodex viele Punkte, auf die sich die meisten Marktteilnehmenden einigen können: Etwa seine Grundprinzipien der Transparenz, Nachhaltigkeit und Fairness im geschäftlichen Miteinander oder dass die Kanzlei eine angemessene Vergütung erhalten soll, während dem Mandanten "bestmögliche Transparenz" über die Kosten gewährt wird. Honorare auf Basis von Stundensätzen werden kritisch gesehen, stattdessen schlägt der Kodex vor, vermehrt auf Paketpreise zu setzen oder einen Kostendeckel einzuziehen – bereits jetzt eine durchaus gängige Praxis. Konkreter, etwa was Richtlinien zur Berechnung von Honoraren angeht, wird der Kodex zumindest in der nun verabschiedeten ersten Fassung nicht.
Auch wenn sich auf den ersten Blick somit wenig Neues ergibt: Der Bedarf an einer Debatte über Vergütungsmodelle scheint zu bestehen, das belegt das Interesse vieler Unternehmensjuristen und Kanzleivertreter an der öffentlichkeitswirksam inszenierten Arbeit des Deutschen Vergütungsrates. Ob der Kodex tatsächlich eine "neue Dekade der Preisstabilität durch Preistransparenz" einläutet, wie die Initiatoren es auf der Website formulieren, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Entscheidend wird sein, ob das Projekt eine kritische Menge an Kanzleien überzeugt.
Anja Hall, Kanzlei-Marketing: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43500 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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