Für sich und die eigene Beratungsleistung zu werben fällt vielen Anwälten schwer. Die Kanzlei-Beraterin Liane Allmann gibt Tipps für die Akquise und erklärt, warum man Associates ruhig an die Vertriebs-Front schicken sollte.
LTO: Junge Berufseinsteiger sprühen vor Motivation, sind digital bewandert und meist gut vernetzt. Wie nutzen Kanzleien diese Energie für ihre Akquisetätigkeiten?
Liane Allmann: Leider viel zu wenig. Akquise durch Berufseinsteiger und junge Associates ist häufig nicht erwünscht. Es wird ihnen auch nicht beigebracht. Schulungen oder Weiterbildungen dazu gibt es – wenn überhaupt - häufig erst, wenn jemand auf Partnertrack ist. Letzteres ist tatsächlich die Regel.
LTO: Wie holt man dann als junger Anwalt Mandate in die Kanzlei? Irgendwie muss man sich doch profilieren.
Allmann: Man holt strategisch geplant und bewusst gesteuert gar keine Mandate in die Kanzlei, denn das wird nicht unterstützt. Hier zeigen sich die Sozietäten höchst widersprüchlich: Einerseits gibt es die klare Erwartung an einen eigenen Business Case, sonst kann man den Partnertrack sofort vergessen. Andererseits wird selbständiges Engagement häufig nicht unterstützt – zumindest nicht, wenn das Arbeitszeit und Geld kostet.
Zusätzlich ist das Arbeitspensum für die Associates so hoch, dass sie kaum Zeit haben, eigene Ideen zu entwickeln. Für innovative Gedanken gibt es oft gar keinen Raum. Den Associates sind also die Hände gebunden. Dabei wäre es langfristig gesehen äußerst sinnvoll.
Möglichkeiten zur Eigeninitiative schaffen
LTO: Inwiefern?
Allmann: Associates würde es die Identifikation mit der Kanzlei ermöglichen, da sie dadurch Teil des Ganzen würden. In Zeiten häufig wechselnder Berufsstationen, gerade bei jungen Menschen, würde das den Nachwuchs an die Kanzlei binden und somit Ausbildungskosten einsparen. Sozietätsmanager könnten sich hier durchaus etwas von den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften abgucken.
LTO: Was würden sie dort sehen?
Allmann: Sie würden sehen, dass bereits Berufseinsteiger dazu angehalten werden, sich einzubringen und intensiv gefördert werden. Die Grundeinstellung ist eine völlig andere. Dort wird erwartet, dass sich jede einzelne Person einsetzt. Ihnen wird ausreichend Freiraum gewährt, sich auszuprobieren und eigenständig zu agieren. Nicht selten gibt es Budgets für eigenständige Aktivitäten. Ähnliches ist bei angloamerikanischen Kanzleien zu beobachten. Auch hier ist es normaler für junge Anwälte, eigene Strategien zu entwickeln, um Mandate heranzuschaffen und sich einen eigenen Business Case aufzubauen.
Wenig Vertrauen in die Fähigkeiten der Associates
LTO: Und doch gibt es deutsche Kanzleien, die ihre Associates in Akquisetätigkeiten einbinden…
Allmann: Ausnahmen gibt es natürlich immer. Leider sind es nur wenige Sozietäten, die den Associates freie Hand lassen. Und selbst wenn Associates eigene Projekte entwickeln dürfen, haben sie entweder Glück, und die Partner finden es gut – oder die Ideen werden schlecht geredet.
Es bestimmt oft das Zufallsprinzip, ob sie sich damit karrieretechnisch einen Gefallen tun, sich aktiv einzubringen. Das schürt wiederum Angst. Ein Associate, der einmal die Ablehnung von Partnern erfahren hat (und – die wird gern wenig feinfühlig formuliert), entwickelt Zurückhaltung, die sich – je nach Umfeld – chronifizieren kann.
LTO: Warum traut man jungen Associates in Sachen Akquise und Vertrieb so wenig zu?
Allmann: Es ist nicht unbedingt das fehlende Vertrauen in deren Fähigkeiten, sondern eher die eigene Unsicherheit, wie man Mandate eigentlich akquiriert. Tatsächlich haben auch berufserfahrene Anwälte kaum strategische Methoden. Das Meiste geschieht zufallsgesteuert.
Désirée Balthasar, Erfolgreich akquirieren: . In: Legal Tribune Online, 23.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20360 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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