Der Bilanzskandal beim Möbelhandelskonzern Steinhoff wird Gegenstand eines KapMuG-Verfahrens vor dem OLG Frankfurt. Das LG Frankfurt hat auf Antrag der Anlegerschutzkanzlei Tilp einen entsprechenden Vorlagebeschluss erlassen.
Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat das Landgericht (LG) Frankfurt einen Vorlagebeschluss nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) erlassen (Beschl. v. 16.05.2019, Az. 2-02 OH 3/19). Damit ist nun zwingend das Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen Steinhoff eröffnet. Die von Firmengründer und Namensgeber Bruno Steinhoff aus dem niedersächsischen Westerstede aufgebaute Gruppe galt lange als Europas zweitgrößter Möbelkonzern. In Deutschland war Steinhoff für die Möbelkette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist.
Das OLG Frankfurt wird laut Informationen der Kanzlei Tilp, die nach eigenen Angaben die weltweit erste Anlegerklage gegen Steinhoff im Dezember 2017 eingereicht und zugleich die Eröffnung des Musterverfahrens beantragt hat, innerhalb der nächsten Wochen den Musterkläger bestimmen. Der Prozess werde aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr verhandelt.
Im Verfahren wird es unter anderem um die Frage gehen, ob Steinhoff den Kapitalmarkt nicht bzw. nicht rechtzeitig über die Bilanzunregelmäßigkeiten informiert hat und Anlegern zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das Möbelhandelsunternehmen ist an den Börsen in Frankfurt und Johannesburg gelistet. Seitdem die Bilanzunregelmäßigkeiten Ende 2017 bekannt wurden, wurde der Börsenwert von Steinhoff fast vollständig vernichtet.
Buchprüfer der Beratungsgesellschaft PwC hatten im März von systematischen Bilanzfälschungen bei dem Unternehmen berichtet und fragwürdige Buchungen mit einem Volumen von rund 6,5 Milliarden Euro dokumentiert. Gegen den früheren Firmenchef Markus Jooste wird ermittelt. Laut Tilp will Steinhoff über einen Vergleich verhandeln. Dennoch wolle man das KapMug-Verfahren weiter energisch vorantreiben. Es gehe jetzt darum, mit der KapMuG-Klage "Druck auf dem Kessel" zu halten, erklärte der Tilp-Anwalt Maximilian Weiss.
ah/LTO-Redaktion
mit Material von dpa
Tilp: . In: Legal Tribune Online, 23.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35561 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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