Schon ab 1.1.2020 gilt an den Arbeitsgerichten in Schleswig-Holstein: Rechtsanwälte und Behörden müssen Schriftsätze elektronisch einreichen.
Schleswig-Holstein macht als erstes Bundesland von der sogenannten Opt-in-Regelung im Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERVGerFöG) Gebrauch. Schon ab dem 1.1.2020 müssen Rechtsanwälte, Behörden und Personen öffentlichen Rechts bei den schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichten Schriftsätze elektronisch einreichen.
Ab dem 1.1.2022 gilt die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs bundesweit für die Zivilgerichte, Verwaltungsgerichte und Fachgerichtsbarkeiten. Die Länder können die Nutzungspflicht für die professionellen Einreicher aber schon vorher per Rechtsverordnung einführen.
Schleswig-Holstein hat sich nun dafür entschieden – allerdings nur für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Hintergrund ist, dass nun alle Arbeitsgerichte in Schleswig-Holstein mit der elektronischen Akte arbeiten. Allerdings werden viele Schriftsätze nach wie vor auf Papier eingereicht. Sie müssen gem. § 46e Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz eingescannt werden. Mit der vorgezogenen Nutzungspflicht soll der Eingang von Papierpost deutlich reduziert werden.
"Wir beseitigen damit einen Anachronismus", erklärt die schleswig-holsteinische Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU): "Bislang haben professionelle Einreicher Schriftsätze elektronisch erstellt, ausgedruckt und in Papierform ans Gericht übermittelt, obwohl die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung besteht."
Rechtsanwälte müssen das wissen
Prinzipiell müssen Rechtsanwälte schon seit 2018 das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), Behörden das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) vorhalten, um eine sichere elektronische Kommunikation zu ermöglichen. Bisher gilt aber nur die passive Nutzungspflicht: Sie müssen empfangsbereit sein. Schriftsätze, Anträge und Erklärungen können sie bei den Gerichten elektronisch einreichen – bisher aber eben auch schriftlich.
Für Rechtsanwälte und andere professionelle Einreicher heißt das: Sie müssen wissen, dass sie bei den schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichten künftig elektronisch einreichen müssen, um die Frist zu wahren. Das gilt dann auch für Anwälte, die nur gelegentlich mit den Arbeitsgerichten zu tun haben oder aus anderen Bundesländern kommen.
Der schleswig-holsteinische Vorstoß stieß deshalb schon vorab insbesondere beim Bundesarbeitsgericht (BAG) auf Kritik. Dort befürchtet man, dass die Akzeptanz des elektronischen Rechtsverkehrs bundesweit leiden wird, wenn ein Land vorprescht. Die schleswig-holsteinische Arbeitsgerichtsbarkeit werde "absehbar mit einer Reihe von Wiedereinsetzungsgesuchen belastet werden", kritisierte BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt bereits im Oktober gegenüber LTO. Zudem nehme das Risiko zu, Prozesse allein wegen Formerfordernissen zu verlieren.
Anwälte stehen der Einführung der Nutzungspflicht zum 1.1.2020 noch aus einem anderen Grund kritisch gegenüber: Zum gleichen Zeitpunkt wechselt auch der Software-Anbieter des beA. Der Landesverband des Deutschen Anwaltvereins (DAV) in Schleswig-Holstein hatte deshalb vorgeschlagen, den Beginn der Nutzungspflicht zumindest um drei Monate zu verschieben.
Das Justizministerium betont, dass weiter in Papierform eingereicht werden kann, falls die Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Das gelte für beide Seiten, so das Justizministerium gegenüber LTO – also sowohl, wenn es bei den Gerichten Probleme mit der elektronischen Übermittlung geben sollte, also auch, wenn etwa bei den Kanzleien das beA ausfällt. § 46g Arbeitsgerichtsgesetz sieht dann vor, dass die vorübergehende Unmöglichkeit "bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen" ist.
Elektronischer Rechtsverkehr: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38957 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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