Die Bundesregierung weiß nach eigenem Bekunden nichts von einem Verfahrensstau an deutschen Gerichten. Im internationalen Vergleich stehe man vielmehr gut da, heißt es in einer Antwort auf eine AfD-Anfrage.
Wie viele Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssten, weil die Gerichte zu langsam seien, wollte die AfD-Fraktion in einer kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen. Nach Nationalität der mutmaßlichen Täter gestaffelt, versteht sich. Die Antwort lässt aufhorchen: Von einem Verfahrensstau, wie er medial immer wieder postuliert und auch von Justizbeschäftigten beklagt wird, will man in Berlin nichts wissen.
Um die tatsächlichen Erledigungzahlen und die Erledigungsdauer an deutschen Gerichten ranken sich viele Gerüchte, doch genau weiß es kaum jemand. Im März veröffentlichte LTO ein Justizranking, das die Daten detailliert nach Bundesland aufschlüsselte. Ein Ergebnis: Strafsachen bleiben nahezu überall liegen. Sowohl Landgerichte als auch Amtsgerichte verzeichnen demnach eine Erledigungsquote unter 100 Prozent - es wurden also nicht so viele Fälle abgearbeitet wie neue hereinkamen. Auf lange Sicht bleiben so Verfahren liegen und die Bestände wachsen an.
Ein interessantes Detail, das bei der Datenerhebung ebenfalls ans Licht kam: Selbst das Bundesjustizministerium kennt nicht einmal die Daten aller Bundesländer. Auf die AfD-Anfrage die nach den freigelassenen Verdächtigen antwortet die Bundesregierung auch knapp: "Hinsichtlich der von den Strafverfolgungsbehörden der Länder geführten Verfahren liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor".
Bundesregierung: "Justiz arbeitet zügig und qualitativ auf sehr hohem Niveau"
Auf die Frage nach einem allgemeinen Verfahrensstau an deutschen Gerichten dagegen reagierte man entschlossen. Davon könne "keine Rede sein". "Vielmehr arbeitet die deutsche Justiz – insgesamt betrachtet – zügig und qualitativ auf sehr hohem Niveau. Das gilt insbesondere auch im europäischen und internationalen Vergleich." Dazu verwies man auf Daten des Statistischen Bundesamtes, die die Geschäftsentwicklung an deutschen Gerichten auswiesen.
Im Weiteren wollte die AfD-Fraktion wissen, wie viele Richterstellen geschaffen werden müssten, um die effektive Bearbeitung aller eingehenden Sachen zu gewährleisten. Hier wies die Regierung auf den medial nicht gerade wenig belichteten "Pakt für den Rechtsstaat" hin, nach dem 2000 neue Stellen für Richterinnen und Richter bei den Gerichten der Länder und des Bundes geschaffen werden sollen.
Unzufrieden ist man bei der AfD offenbar auch damit, wie in Deutschland Gesetze geschrieben werden und fragte, ob man sich vorstellen könne, Gesetze künftig so zu fassen, dass "für Bürger von vornherein weniger Konfliktstoff entsteht und die Gerichte weniger in Anspruch genommen werden". Wie man sich das vorzustellen hat, blieb indes offen, sodass auch der Regierung nur der Verweis auf die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien blieb, nach der Gesetzentwürfe sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein müssen. Daran halte man sich.
Weiterer Anstieg von Asylverfahren wird nicht erwartet
Schließlich kam man auch noch auf das Problem der in den letzten Jahren sprunghaft angestiegenen Asylklagen. Zu den daraus entstehenden Mehrkosten für den Staat konnte die Bundesregierung keine Angaben liefern - die mehrheitlich damit befassten Instanzgerichte unterstünden den Ländern.
Um der Vielzahl an Asylklagen künftig besser Herr zu werden, habe man im Koalitionsvertrag die Prüfung von Gesetzesänderungen zur weiteren Verfahrensbeschleunigung, -vereinfachung und -vereinheitlichung beschlossen.
Mit einem weiteren Anstieg der Klagen in diesem Jahr rechne man aber nicht, so die Bundesregierung.
mam/LTO-Redaktion
Bundesregierung attestiert Gerichten gute Erledigungsquote: . In: Legal Tribune Online, 04.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28445 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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