Ein Anwalt, dessen Internetverbindung gestört ist, kann nicht ohne weiteres auf den Versand per beA verzichten. Es sei Eigeninitiative gefordet - zumindest ein Hotspot hätte eingerichtet werden können. Das hat das OVG in Münster entschieden.
Weil die Beschwerdeschrift eines Rechtsanwalts nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) eingereicht worden ist, wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Anwalt konnte sich in diesem Fall auch nicht auf einen Ausfall seines Internetanschlusses berufen. Als Prozessbevollmächtigter hätte er sich zumindest um die Einrichtung eines Hotspots bemühen müssen, hat das Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen entschieden (Beschl. v. 06.07.2022, Az. 16 B 413/22).
Seit dem 01. Januar 2022 sind Prozessvertreter:innen nach § 55d Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verpflichtet, Schriftsätze, Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, kann weiterhin auf die altbekannten Mittel Papier und Telefax zurückgegriffen werden.
Nach Ansicht des OVG Münster sind an die Unmöglichkeit der elektonischen Übermittlung allerdings erhöhte Anforderungen zu stellen. So sei die vorübergehende Unmöglichkeit mit der Ersatzeinreichung sofort oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Der Anwalt, der die Beschwerdeschrift alternativ per Telefax übermittelt hatte, hatte vor dem OVG argumentiert, dass die andauernden Störungen seiner Telefon- und Internetverbindung von der Deutschen Telekom bisher nicht beseitigt worden sei und ein Bautrupp sich erst später angesagt habe. Deshalb habe lediglich ein Faxgerät von Dritten zur Übermittlung der Beschwerdeschrift zur Verfügung gestanden.
Wer fünf Wochen kein Internet hat, muss sich anderweitig kümmern
Das ließ das OVG aber nicht durchgehen. Der Anwalt hatte denselben Vortrag nämlich schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht und auch den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes per Telefax übermittelt. Es sei daher schon unklar, ob es sich bei seinen Internetprobleben bloß um eine vorübergehende Unmöglichkeit handle, so das OVG.
Nach Ansicht des OVG Münster, habe sich der Anwalt nach mehr als fünf Wochen ohne Internetverbindung auch nicht mehr auf eine vorübergehende Störung berufen können. Er hätte als "professioneller Einreicher" unverzüglich für Abhilfe sorgen müssen, sobald sich abzeichnete, dass der Problem länger bestehen würde. Der Anwalt hätte nicht einmal darlegen können, sich um die Einrichtung eines mobilen Hotspots gekümmert zu haben, die jedenfalls zwischenzeitlich einen elektronischen Versand hätte ermöglichen können.
Zuletzt sei der Anwalt auch der nach § 55d VwGO erforderlichen Nachreichung des elektronischen Dokuments nicht gerecht geworden.
ku/LTO-Redaktion
OVG NRW stellt hohe Anforderungen: . In: Legal Tribune Online, 26.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49736 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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