Bis 2026 muss alles elektronisch laufen, auch im Strafverfahren. Wer was ab wann elektronisch versenden und empfangen muss, was das für die Akteneinsicht bedeutet und wie Daten geschützt werden, erklären Christopher Brosch und Peggy Fiebig.
In fast allen Verfahrensordnungen sind seit längerer Zeit Regelungen zur elektronischen Aktenführung enthalten. Mit einer wesentlichen Ausnahme: Das Strafverfahren wurde bisher von diesen Änderungen ausgenommen.
Am Ende der vergangenen Legislaturperiode war es dann aber nach zehnjährigen Vorbereitungen auch hier soweit. Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs verabschiedete der Bundestag die rechtlichen Grundlagen auch für die E-Akte in der Strafjustiz. Am 12. Juli 2017 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt (BGBl. I, S. 2208) veröffentlicht.
Dessen weitreichendste Neuregelung dürfte die Pflicht zur elektronischen Aktenführung ab 2026 sein. Sie gilt nicht nur für Straf- und Bußgeldverfahren, sondern insbesondere auch für Zivil- sowie für Arbeitsgerichts-, Sozialgerichts-, Verwaltungsgerichts- und Finanzgerichtsprozesse.
Rechtsanwälte können beA nutzen
In der Übergangszeit, also bis Ende 2025, kann durch Rechtsverordnungen – je nach Zuständigkeitsbereich auf Bundes- oder Landesebene – die elektronische Aktenführung auf einzelne Gerichte, Staatsanwaltschaften und/oder Verfahren beschränkt werden. In Strafsachen umfasst sie das gesamte Strafverfahren vom Ermittlungs- bis zum Vollstreckungsverfahren und schließlich auch die Aufbewahrung der Akten.
Für die Kommunikation zwischen den am Strafverfahren Beteiligten gelten im Wesentlichen die Regelungen, die im ERV-Gesetz auch für die anderen Verfahrensordnungen vorgesehen sind. Dokumente können danach qualifiziert elektronisch signiert oder über einen so genannten "sicheren Übermittlungsweg" – für Rechtsanwälte wäre das beispielsweise das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) – eingereicht werden.
Wie in den anderen Verfahrensordnungen können die Länder und der Bund die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs auch in der Strafjustiz von 2018 auf spätestens 2020 verschieben. Eine aktive Nutzungspflicht wird wie in den anderen Verfahrensordnungen grundsätzlich erst ab 2022 eingeführt werden. Dann sollen Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten digital an Strafverfolgungsbehörden und Gerichte übermittelt werden. Die Berufung und ihre Begründung, die Revision, deren Begründung und die Gegenerklärung sowie die Privatklage und die Anschlusserklärung bei der Nebenklage müssen ab spätestens 2022 als elektronische Dokumente übersandt werden.
PDF als Standardformat
Die technischen Rahmenbedingungen der elektronischen Einreichung – also insbesondere die notwendigen Formate – legt die Bundesregierung in einer Rechtsverordnung fest. Für den Bereich des Strafverfahrens ist geplant, den Anwendungsbereich der im September von der Bundesregierung beschlossenen Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV, BR-Drs.: 645/17) zu erweitern. Mit ihr wird sich der Bundesrat voraussichtlich in seiner Sitzung am 3. November 2017 befassen. Die Verordnung sieht insbesondere vor, dass die Dokumente in druckbarer, kopierbarer und – nach einer Übergangszeit – grundsätzlich durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln sind.
Eingänge, die in Papierform eingehen oder nicht dem Format entsprechen, in dem die Akte geführt wird, sollen nach § 32e Abs. 2 StPO n.F. "nach dem Stand der Technik" in die elektronische Form übertragen werden. Dabei muss sichergestellt werden, "dass das übertragene Dokument mit dem Ausgangsdokument bildlich und inhaltlich übereinstimmt".
Dokumente, die Beweismittel sind, können, müssen aber nicht digitalisiert werden. Es bleibt also der Entscheidung des Richters bzw. Staatsanwalts überlassen, ob und in welchem Umfang in Papierform vorliegende Beweisdokumente eingescannt werden.
E-Akte in Strafsachen: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25219 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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