Erneut hat sich der BGH zur Nutzung des beA geäußert. Im jüngsten Fall ermahnt das Gericht die Anwaltschaft: Ohne klare Anweisung und Schulung des Kanzlei-Personals geht es nicht. Martin W. Huff mit den Details der Entscheidung.
Die Übermittlung von Schriftsätzen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) sorgt immer noch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH). In einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss hat das Gericht den Rechtsanwälten sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben, welche Anforderungen an die Schulung und Anweisung der Mitarbeiter in Bezug auf die Versandkontrolle von über das beA übermittelten Schriftsätze zu stellen sind (Beschl. v. 11.01.2023, Az. IV ZB 23/21).
Der Fall ist typisch: Kurz vor Ende der Frist hatte der Rechtsanwalt einen Fristverlängerungsantrag formuliert und seiner Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, ihn zusammen mit anderen Fristverlängerungsanträgen über das beA zu versenden. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Schriftsatz bei Gericht nicht eintraf, weil er über das System gar nicht versandt wurde.
Im Rahmen der daraufhin beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trug der Rechtsanwalt vor, dass es eine allgemeine Anweisung in der Kanzlei gegeben habe, nach der die Mitarbeiter nach jeder Versendung prüfen müssten, ob ein Schriftstück vollständig und an den richtigen Empfänger gelangt ist. Sie hätten die Vorgabe bekommen, zu checken, ob die automatisierte Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments nach § 130a Abs. 5 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erteilt worden sei. Im konkreten Fall hatte die Mitarbeiterin allerdings übersehen, dass eine solche Bestätigung nicht eingegangen war.
BGH: Telefax-Grundsätze gelten auch für das beA
Der BGH lehnte nunmehr – wie bereits die Vorinstanzen auch – eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Überraschend ausführlich führt das Gericht dabei aus, wie die Abläufe in einer Kanzlei beim Versand von fristgebundenen Schriftsätzen grundsätzlich zu gestalten sind. Ausgangspunkt seien die für das Telefax entwickelten Grundsätze. Unerlässlich sei auch eine konkrete Überprüfung des Versandvorgangs. Dies, so das Gericht, erfordere die Kontrolle, ob das elektronische Dokument ordnungsgemäß übermittelt worden sei. Die pauschale Anweisung, das Vorliegen der Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO, genüge nicht.
Wörtlich heißt es in dem Beschluss: "Eine genaue Anweisung durch den Rechtsanwalt ist insbesondere erforderlich, um Verwechslungen der Eingangsbestätigung gemäß § 130 Abs. 5 Satz 2 ZPO mit dem Übermittlungsprotokoll (…) zu vermeiden, dessen Vorliegen für die Ausgangskontrolle nicht genügt." Der Rechtsanwalt müsse dem Mitarbeiter vorgeben, an welcher Stelle innerhalb der benutzten Software die elektronische Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu finden ist und welchen Inhalt sie haben müsse.
Verweis auf bisherige BGH-Rechtsprechung
Schließlich verweist der BGH auch darauf, dass entsprechende Anforderungen an die Kanzleiorganisation schon zuvor in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur aufgestellt worden seien. Nicht zuletzt der BGH selbst hatte sich im Mai 2021 bereits ausführlich mit der Thematik befasst.
Auch damals hatte das Gericht klargestellt, dass bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines Schriftsatzes auch kontrolliert werden müsse, ob eine Eingangsbestätigung für das elektronische Dokument bei Gericht gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Nur bei Erhalt einer solchen Eingangsbestätigung besteht laut BGH Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang auch wirklich erfolgreich war.
Im Fall aus 2021 hatte eine Anwältin das Übermittlungsprotokoll mit der Aussage "Die Ausgangsnachricht wurde an beA übertragen" fälschlicherweise als Bestätigung der Übermittlung gedeutet.
BGH zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51075 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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