Die Fachanwaltsrobe

Wer traut sich als Erster?

von Claudia KornmeierLesedauer: 4 Minuten
Warum den Fachanwaltstitel nur auf Briefpapier und Visitenkarte drucken? Der Gewandmeisterei Wasmer ist das zu wenig. Sie will den Robenmarkt gehörig aufwirbeln mit ihrer neuesten Idee: eine Robe mit aufgenähter Fachanwaltsbezeichnung.

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Seit vier Wochen hat die Gewandmeisterei Wasmer ein neues Angebt in ihrem Online-Roben-Shop: die Fachanwaltsrobe. "Bislang konnten Rechtsanwälte den Titelerwerb lediglich auf ihrem Briefbogen oder dem Kanzleischild zum Ausdruck bringen. Wir sind der Auffassung, daß damit die Möglichkeiten des Titelführens keineswegs erschöpft sind", heißt es auf der Internetseite des Robenverkäufers. "Daher kann jetzt bei Wasmer jede Anwaltsrobe mit aufgestickter Fachanwaltsbezeichnung bestellt werden." "Mit diesem Angebot haben wir den Robenmarkt aufgewirbelt", sagt Martin Wasmer, der Ehemann der Geschäfts-Inhaberin, der sich um das Marketing kümmert. "Es brodelt. Unsere Idee wird in Internetforen und -blogs sehr kontrovers diskutiert." Das wird sie in der Tat. "Realsatire oder Marketingidee?", fragt etwa Rechtsanwalt Jürgen Melchior auf seinem Blog. Rechtsanwalt Hajo Rauschhofer wünscht sich auf Twitter für die WM noch die Rückennummer 7 dazu. "Großartige Idee für ein Kollegengeschenk. Er wird mich hassen", twittert Zschäpe-Strafverteidiger Wolfgang Stahl.

Der Robenmarkt: Hart umkämpft

"Der Robenmarkt ist sehr umkämpft, da muss man sich behaupten", so Wasmer. Deshalb versuche die Gewandmeisterei, alle vier bis fünf Jahre eine neue Idee auf dem Markt zu etablieren. "Seit über 100 Jahren ist die Robe äußerlich unverändert. Sogar im Dritten Reich sah die Amtstracht der Juristen nicht anders aus." Dabei schreiben die Roben-Verordnungen der Länder im Wesentlichen nur Farbe und Samt-Besatz vor. Besonders ausführliche Regelungen gibt es in Bayern. Eine Anlage zur Roben-Verordnung bildet sogar Schnittmuster ab. Darüber hinaus untersagen die Vorschriften aber nichts. Darin sehen Wasmer und seine Frau eine Lücke, die sie für ihr Geschäft nutzen wollen. "Für den Fachanwaltstitel haben unsere Kunden hart gearbeitet, den wollen sie dann auch führen, und zwar nicht nur auf dem Briefpapier und der Visitenkarte." Mit dem Designfutter sei vor 15 Jahren schon einmal eine seiner Marketing-Ideen aufgegangen, meint Wasmer. Seitdem können Anwälte aus ihrer Robe ein Kleidungsstück "mit persönlicher Note" machen. Statt schwarzem Innenfutter haben sie die Wahl zwischen 16 bunt gemusterten Stoffen. "Die Idee ist so gut angekommen, dass uns die Konkurrenz innerhalb kürzester Zeit nachgeahmt hat", echauffiert sich der Roben-Vermarkter. Vor solchen Plagiaten wollten sie sich dieses Mal wappnen und ließen sich das Design für den Fachanwalts-Aufnäher schützen. Auch jetzt beobachte die Konkurrenz das neue Angebot aufmerksam, so Wasmer. Manche würden sogar Strohmänner anrufen lassen, die dann am Telefon über die rechtliche Unzulässigkeit der neuen Robe schimpfen würden.

Widerspruch zum Zweck der Robe?

In der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) heißt es zur Berufstracht in § 20 allerdings nur: "Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist." Aber steht die Idee nicht doch irgendwie im Widerspruch zum Zweck der Amtstracht, durch ein einheitliches Äußeres zu unterstreichen, dass jeder Anwalt vor Gericht gleich behandelt wird? "Das Tragen der Robe unterstreicht die Rechtsstellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege im Gerichtssaal. Das Tragen einer Anwaltsrobe vor Gericht symbolisiert das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der Rechtspflege", heißt es im Beck'schen Online-Kommentar zur BORA. Und weiter: "Die Satzungsversammlung hat zum Aussehen der Robe gerade keine Vorgaben geschaffen, insofern könnte man es jedem Anwalt selbst überlassen, wie seine Robe aussieht. Dennoch hat sich ein allgemeiner Grundkonsens über das Aussehen der Robe gebildet." Der Berufsrechtler Markus Hartung hält den Aufnäher im Ergebnis aber wohl für berufsrechtlich zulässig. Ästhetisch hingegen fällt sein Urteil eindeutig aus: "Das sieht komplett unterirdisch aus." Auch Roben-Konkurrent Soldan sieht keinen Widerspruch zum Berufsrecht. Für sinnvoll hält Geschäftsführer René Dreske eine solche, werblich intendierte Kennzeichnung der Robe aber nicht. "Es ergibt sich aus der Kennzeichnung kein informationeller Mehrwert für den Mandanten." Zudem bleibe es jedem Anwalt unbenommen, seine Robe durch hochwertige Materialien und auch Stickereien auf der Innenseite zu individualisieren. "Schließlich ist immer noch § 2 Abs. 2 BRAO einschlägig: Die anwaltliche Tätigkeit ist kein Gewerbe."

Familienwappen und Segen-Sprüche im Innenfutter beliebt

Noch trauen sich die Anwälte wohl nicht. Zwar will Wasmer keine Bestellzahlen herausrücken; er müsse sich vor der Konkurrenz schützen. Es hört sich aber nicht so an, als würde die Gewandmeisterei von Anfragen nach der neuen Robe überflutet. Stickereien im Innenfutter, die keiner sieht, seien indes schon heute recht beliebt, erzählt Wasmer. Name, Familienwappen oder Sprüche, die an das bestandene Examen erinnern, seien besonders gefragt. Auf die Außenseite will der Roben-Hersteller solche Verzierungen aber noch nicht aufnähen: "Wir wollen es ja auch nicht übertreiben." In den kommenden Monaten werde sich zeigen, ob sich die Idee durchsetzt. Um den Erfolg ein bisschen anzukurbeln, haben die Wasmers sogar ein eineinhalbminütiges Werbevideo gedreht. Im Hintergrund läuft Pausenfüller-Musik, drei Laienschauspieler in Roben spielen Gericht, am Ende zoomt die Kamera auf die Fachanwalts-Aufnäher auf den Roben der Anwälte. "Das ist die neue Idee der Firma Wasmer, ich war ganz begeistert, als ich das neulich im Internet gefunden haben", flötet der eine Anwalt in die Kamera. "Auf so etwas habe ich schon lange gewartet", pflichtet ihm sein Kollege bei.

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