Während der Ältestenrat im Bundestag über seine Inanspruchnahme des Wissenschaftlichen Dienstes rätselt, bildet ein Unternehmen Karl-Theodor zu Guttenberg in einer ganzseitigen Werbeanzeige ab und lässt sich eine Anspielung auf den Rücktritt des Ex-Ministers nicht nehmen. David Ziegelmayer erklärt, ob "KT" Humor beweisen muss oder sich erfolgreich wehren kann.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der zurückgetretene Verteidigungsminister (oder besser: dessen Rücktritt) zum Gegenstand werblicher Aktivitäten gemacht werden würde. Nun ist es so weit: Ein Outdoor-Ausrüster hat sich vorgewagt und das Konterfei von Karl-Theodor zu Guttenberg in einer ganzseitigen Anzeige verwendet – und zwar mit dem Sprüchlein: "Schauen Sie nach vorne, auch die besten Alpinisten kehren manchmal vor dem Gipfel um".
Dabei trägt der zum Zeitpunkt des Schnappschusses wohl noch amtierende Minister eine Jacke, die die Marke des Unternehmens ganz und gar auffällig zeigt. Das Schicksal, unfreiwillig als Werbeträger zu fungieren, teilt "KT" nun mit dem ehemaligen Finanzminister Lafontaine, dessen Rücktritt seinerzeit von einem Autovermieter werblich genutzt wurde.
Ist das zulässig oder gar eine Art "Plagiat"? Im "Fall Lafontaine" ließ der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 26.10.2006, Az. I ZR 182/04) diese Form von "Guerilla Marketing" noch durchgehen und verneinte jedenfalls einen Schadensersatzanspruch des Ex-Ministers in Höhe von 100.000 Euro gegen das werbende Unternehmen.
BGH zum Fall Lafontaine: Nicht nur Werbung, sondern (auch) Meinung
Der Grat, auf dem die Guttenberg-Werbung wandelt, ist allerdings schmal und lässt aufhorchen, wenn die Werbeagentur der Ansicht zu sein scheint, es sei alles juristisch hieb- und stichfest.
Der BGH hat festgestellt, dass eine prominente Persönlichkeit aus dem Bereich der Zeitgeschichte es grundsätzlich nicht dulden müsse, dass das eigene Bildnis von Dritten für deren Werbezwecke eingesetzt wird. Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildnisses begründe daher im Allgemeinen einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder der ungerechtfertigten Bereicherung. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Abgebildete bereit oder in der Lage gewesen wäre, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe seines Bildnisses einzuräumen.
Eine Güterabwägung kann - und das war die Ausnahme im Fall Lafontaine – doch zu dem Ergebnis führen, dass der Betroffene die Verwendung des fremden Bildnisses in einer Werbeanzeige, die sich satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis auseinandersetzt, unter Umständen hinnehmen muss.
Dafür muss aber § 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz greifen, womit die juristischen Probleme anfangen: Der I. Senat des BGH sah in der Lafontaine-Werbeanzeige "eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene Meinungsäußerung in Form der Satire". Entscheidend sei, dass es seinerzeit nicht darum ging, einen etwa vorhandenen "Image- oder Werbewert" Lafontaines auf die beworbene unternehmerische Leistung zu übertragen oder den Eindruck zu erwecken, der frühere Bundesfinanzminister empfehle das beworbene Produkt. Der meinungsbildende Gehalt der Lafontaine-Anzeige wurde also nicht durch den auch mit der Anzeige klar verfolgen Werbezweck "infiziert".
Großaufnahme, Produkt und KT – ist das noch Satire?
Ob das für die Kampagne mit dem Konterfei von zu Guttenberg auch so beurteilt werden muss, ist fraglich. Unterschiede zur Lafontaine-Werbung gibt es jedenfalls reichlich: Die Anzeige zeigt – anders als im Fall Lafontaine – nur den Ex-Minister in Großaufnahme und ein konkretes Produkt, das mit "KT" in den Vordergrund rückt. Ob man darin im Zusammenhang mit dem eher schmeichelhaften Werbespruch zum "besten Alpinisten" eine satirische Auseinandersetzung sehen muss, erscheint zweifelhaft.
Die Werbekampagne wurde nach Angaben der Werbeagentur so geplant, dass zu Guttenberg "selbst darüber schmunzeln kann". Falls nicht, droht das volle persönlichkeitsrechtliche Programm mit Unterlassung und Schadensersatz.
Was dabei herauskommen kann, hat ein anderer ehemaliger Minister vorgemacht, nämlich Joschka Fischer, der als Werbeträger für eine Zeitung herhalten sollte. Er verglich sich vor dem OLG Hamburg nach (!) Verkündung der Lafontaine-Entscheidung mit dem Axel Springer Verlag, nachdem ihm in erster Instanz eine für deutsche Verhältnisse enorme Summe zugesprochen worden war. Das ist allerdings eine andere Geschichte. Warten wir also ab, ob der ehemalige Verteidigungsminister ein echter "Sportsfreund" ist.
Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei CMS Hasche Sigle am Standort Köln. Einer seiner Tätigkeitsschwerpunkte liegt in der Beratung von Unternehmen im Hinblick auf bevorstehende bundesweite Werbekampagnen.
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David Ziegelmayer, Werbung mit zu Guttenberg-Konterfei: . In: Legal Tribune Online, 17.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2785 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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