Pappige Frühstücksbrötchen oder lautstark vom Baum fallende Kokosnüsse: Kein Urlaubserlebnis ist zu banal, um nicht als Grund für einen Prozess gegen Reiseveranstalter herhalten zu können. Manche Richter haben ein Herz für pingelige Sommerfrischler. Die Mehrheit der Gerichte zeigt Pedanten jedoch die rote Karte.
Ein Ehepaar aus Frankfurt am Main genoss an der spanischen Costa Brava die Sommersonne. Das Meer war blau, der Wind angenehm und die frisch gemixte Sangria schmeckte vorzüglich.
Dunkle Sorgenwolken zogen sich jedoch jeden Morgen zur Frühstückszeit über dem Haupt der Südhessen zusammen: Anstatt knackige, goldbraune Semmeln, wie sie das Paar aus der Mainmetropole kannten, gab es im Hotel nur "pappige, zähe Brötchen" mit einer schwer zu definierenden, ins Grau-Weiße changierenden Farbtönung.
Beweisaufnahme zu mediterranen Backwaren
Zwei Wochen lang mussten die Schleckermäuler die Gummischrippen mampfen. Zurück in der Heimat setzten sich die Frankfurter sofort an die Schreibmaschine: Wegen der unerträglichen Zumutung beim Frühstück sollte der Veranstalter den Reisepreis "deutlich senken". Das Unternehmen zeigte wenig Verständnis für kulinarisches Leid.
Das ließen sich die Pappsemmel-Opfer nicht bieten: Sie zogen vor Gericht. Der Frankfurter Amtsrichter hatte offenbar ebenfalls Sinn für Frühstückskultur. Er setzte zur Klärung der Brotfrage einen Beweistermin an.
Eine von den Klägern als Zeugin benannte Mitreisende bestätigte die amorphe, dehnbare Natur der im Hotel servierten Backwaren. Eine zur Klärung auch anderer Sachfragen eigens aus Spanien nach Frankfurt zitierte Hotelangestellte konnte die Ehre der mediterranen Back-Kunst auch nicht wieder herstellen. Knackig, knusprig oder gar goldgelb, so seine Aussage, seien die Frühstücksbrötchen in der Tat wohl eher nicht gewesen.
Der Richter hatte genug gehört. Sein Urteil stand fest: Fünf Prozent musste der Veranstalter vom Reisepreis nachlassen (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 30 C 14507/83).
Das Fiasko der rationierten Bettwäsche – und die Handtücher erst
Nicht minder profunde Probleme trieben eine vierköpfige Familie auf Fuerteventura um. Die Kölner hatten auf dem Ferieneiland ein Appartement gemietet. Die Bleibe an sich war in Ordnung – nur die Bettwäsche und Handtücher waren zu knapp bemessen. Anstatt vier Garnituren Haustextilien verfügte die Kleinwohnung nur über drei Laken, Kopfkissen und Handtücher. Nachdem auch auf Rückfrage bei der Appartementverwaltung keine zusätzliche Wäsche zu erhalten war, beschwerten sich die Kölner beim Organisator des Ferientrips.
Dieser hielt die Beanstandung für einen Witz. Das hätte er besser nicht tun sollen. Die rheinischen Touristen erwiesen sich nicht gerade als Frohnaturen: Sie bemühten die Justiz. Die zuständige Richterin in der Domstadt zeigte Verständnis für die textilen Nöte der Familie. 180 Euro musste der Veranstalter zurückerstatten (Amtsgericht Köln, Az. 133 C 570/07).
Landratte in Seenot
Auf weniger richterliches Entgegenkommen stieß ein Oberbayer mit Hang zum Meer. Der Bajuware wollte einmal im Leben den Atlantik an Bord eines Kreuzfahrtschiffes erkunden. Womit er nicht gerechnet hatte: Das Meer war nicht so ruhig wie der Chiemsee. Im Gegenteil: Die Landratte musste sich fast auf der gesamten Reise durch heftigen Seegang durchschütteln lassen. Ständig, so der Oberbayer später vor Gericht, habe das Boot fürchterlich "geschaukelt".
Pech gehabt, urteilte das Amtsgericht in München. Wer an einer Kreuzfahrt teilnimmt, so der lebenskluge Richter, müsse mit heftigen Wellen rechnen. Seegang-bedingte Beeinträchtigungen der Lebensfreude könnten nicht dem Kreuzfahrt-Organisator angelastet werden (Amtsgericht München, Az. 274 C 23442/00).
Krachende Kokosnüsse auf den Malediven
"Probleme" ganz anderer Art verspürte ein deutscher Urlauber auf den Malediven. Der eher an fallende Äpfel oder Birnen gewöhnte Rheinland-Pfälzer fühlte sich am Strand seines Lebens nicht mehr sicher. "Alle paar Minuten", so seine Aussage im späteren Gerichtsprotokoll, sei von einer der zahlreichen Palmen eine Kokosnuss "zu Boden gekracht."
Auch der empfindsame Rheinland-Pfälzer sah seinen Reisepreis nie wieder. Die "Besonderheiten exotischer Urlaubsziele" stellten nach Auffassung der Richter für manche Touristen einen "besonderen Reiz" dar. Einen Reisemangel könne man in einer solchen "Abweichung von mitteleuropäischen Gegebenheiten" nicht erkennen (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 5 U 766/09).
Der Autor Dr. Uwe Wolf ist Jurist und freier Autor in Düsseldorf.
Uwe Wolf, Sommerurlaub: . In: Legal Tribune Online, 13.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1191 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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