Die energetische Sanierung von Wohngebäuden ist ein zentraler Aspekt der Mietrechtsreform. Für die Vermieter wird vieles erleichtert, in einigen Punkten verbessert sich aber auch die Situation der Mieter. Ein großer Wurf ist es nicht geworden, aber mehr, als lange erwartet wurde, meint Stefan Klinski. Der Gesetzgeber hätte vor allem Miet- und Energierecht stärker miteinander verknüpfen sollen.
Die Bundesregierung strebt einen "nahezu klimaneutralen Gebäudebestand" an. Der Verbrauch an Öl und Gas für Heizung und Warmwasser soll durchschnittlich um mehr als 80 Prozent gesenkt und der verbleibende Rest überwiegend aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Um das zu erreichen, müssen Hauseigentümer dazu bewegt werden, ihre Gebäude energetisch zu sanieren, also gegen Wärmeverluste zu dämmen, mit technisch effizienten Anlagen zu beheizen und auf regenerative Energien umzusteigen.
Das ist nicht einfach. Oft haben die Eigentümer nicht nur wirtschaftliche Bedenken, sondern stören sich auch an den Bauarbeiten, sehen das Erscheinungsbild ihres Hauses gefährdet, erhalten keine Bankkredite oder wollen diese vermeiden.
Bei Mietwohnungen, nutzen die Energieeinsparungen nach einer Sanierung dem Mieter, während der Vermieter die Investition bezahlen muss. Dieses "Investor-Nutzer-Dilemma" wird häufig bemüht, aber oft überschätzt. Das Mietrecht gibt den Vermietern durchaus Möglichkeiten zur Refinanzierung, was sogar zu Lasten der Mieter ausgehen kann.
Mietminderung bei energetischer Sanierung erst nach drei Monaten
Nach der Reform werden Mieter die Miete für die Dauer von drei Monaten nicht mehr wegen Beeinträchtigungen durch eine energetische Sanierung mindern können, vgl. § 536 Abs. 1a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darüber lässt sich sicherlich streiten. Die Regelung birgt sozialen Sprengstoff, kann aber durchaus ein Anreiz für Vermieter sein, ihr Haus umzurüsten.
Seit langem müssen Mieter Maßnahmen der Energieeinsparung wie sonstige Verbesserungen der Mietsache dulden, es sei denn sie können eine besondere Härte geltend machen (vgl. § 554 Abs. 2 BGB a.F., jetzt § 555d BGB). Daran hält das novellierte Gesetz fest. Der neue § 555b BGB festigt dabei die Begrifflichkeiten, indem er katalogartig bestimmt, welche Maßnahmen die Duldungspflicht begründen können. Dazu gehören nicht nur Einsparungen von Endenergie, sondern auch Fälle, in denen "nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart wird" – womit Einsparungen gemeint sind, die nicht im Gebäude stattfinden, sondern in Kraftwerken, die für das Gebäude Fernwärme liefern. Daraus ziehen die Mieter aber keinen Kostenvorteil.
Mieter muss nun tatsächlich von Energiekosten entlastet werden
Der BGH hatte an die alten Begriffe anknüpfend den Weg dafür frei gemacht, dass Vermieter berechtigt sind, die Miete über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus durch eine Modernisierungsumlage nach § 559 BGB zu belasten, auch wenn der Mieter dadurch keine Energiekosten spart. Es genügte, dass nach der Modernisierung Primärenergie eingespart wurde (Urt. v. 24.09.2008, Az. VIII ZR 275/07). Mehr noch: Die Karlsruher Richter hielten es an anderer Stelle sogar für zulässig, dass Mieter im Ergebnis eine Mieterhöhung von 200 Prozent oder mehr zu schultern haben (BGH, Urt. v. 03.03.2004, Az. VIII ZR 149/03).
Ursprünglich orientierte sich der Gesetzentwurf auch für die Modernisierungsumlage an den Karlsruher Vorgaben. Es sollte dabei bleiben, dass die Vermieter die Umlage unabhängig davon erheben dürfen, ob die Mieter Kostenvorteile durch sinkenden Endenergieverbrauch haben. Doch nach den Beratungen beschlossen die Parlamentarier schließlich etwas anderes: Vermieter können nun nur noch dann eine Umlage erheben, wenn es tatsächlich zu nachhaltigen Energieeinsparungen kommt, vgl. § 559 Abs. 1 i.V.m. § 555 Nr. 1 BGB.
Aus Klimaschutzsicht ist das durchaus positiv, weil die Vermieter dadurch zu qualitativ hochwertigen, wirkungsvollen energiebezogenen Verbesserungen angehalten werden. Konsequenter wäre es jedoch gewesen, die generell streitbare Umlage – sofern man an ihr überhaupt festhalten will – davon abhängig zu machen, dass bei der energetischen Sanierung bestimmte anspruchsvolle Mindeststandards erfüllt werden.
Energie- und Mietrecht sollten mehr verknüpft werden
Zu den Kriterien für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete zählen nun auch die "energetische Ausstattung und Beschaffenheit" einer Wohnung, vgl. § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die energetische Qualität der Mietobjekte kann dadurch am Markt transparent gemacht werden, um sie als mitentscheidenden Faktor bei der Wohnungssuche etablieren zu können. Diese in der Fachwelt lange geforderte Neuerung macht es den Vermietern möglich, mit energetisch guten Objekten am Markt "Punkte zu machen". Sie können im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete mehr Miete verlangen – das wird für die Mieter aber durch geringere Heizkosten aufgewogen.
Die Probleme sind damit aber noch längst nicht gelöst. Bisher wurde noch nichts dafür getan, ein systematisches Konzept zu entwickeln, wie energetische Kriterien in Mietspiegeln berücksichtigt werden können.
Die Reformbestrebungen sollten daher auch noch nicht zu Ende sein. Wenngleich die Verknüpfung von Zivilrecht und öffentlichem Recht für viele Juristen ein rotes Tuch ist, sollte doch mehr für ein systematisches Zusammenwirken von Energie- und Mietrecht getan werden. So könnte man etwa den Duldungsanspruch des Vermieters entfallen lassen, wenn er die Anforderungen der Energieeinsparverordnung nicht einhält. Oder es könnte vorgesehen werden, den Energieausweis allen Mietern auszuhändigen, nicht nur den Bewerbern um eine neue Wohnung. Bei diesen Ansätzen liegt ein Potenzial, das der Gesetzgeber nutzen sollte.
Der Autor Prof. Dr. Stefan Klinski ist seit 2004 Professor für Wirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) mit einem Schwerpunkt auf dem Umweltrecht. Er hat im Vorfeld der Mietrechtsreform im Auftrag des Umweltbundesamtes eine Studie zum Thema verfasst.
Themenwoche: Mietrechtsreform 2013: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8354 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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