Das Oberverwaltungsgericht hat bestätigt, dass ein rechtsextremer Referendar nicht beim Chemnitzer Rechtsanwalt und Vorsitzende der "Freien Sachsen" ausgebildet werden muss. Bleibt noch der Verfassungsgerichtshof?
Ein sächsischer Referendar wollte seine Ausbildung bei einem Chemnitzer Rechtsanwalt absolvieren, der auch Vorsitzender der "Freien Sachsen" ist. Anwalt und Referendar blieben nun auch beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen mit ihrer Beschwerde gegen eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Chemnitz ohne Erfolg (Beschl. v. 07.11.2022 Az. 2 B 286/22).
Die Zuweisung eines Rechtreferendars an einen Ausbilder sei eine Organisationsentscheidung, bei der dem für die Ausbildung zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) ein weiter Spielraum zusteht, heißt es in einer Pressemitteilung des OVG. Dabei habe ein Rechtsreferendar keinen Anspruch auf Zuweisung an einen "Wunschausbilder". Ein solcher Anspruch würde sich nicht aus Art. 29 Abs. 1 der sächsischen Verfassung ergeben. Die Norm zur freien Wahl der Ausbildungsstätte beziehe sich ausschließlich auf Einrichtungen, die ein Bewerber durchlaufen haben muss, um seine Ausbildung abzuschließen. Auch aus dem Gleichheitssatz folge nichts anderes.
Auch würde es keinen Anspruch eines Rechtsanwalts auf Zuweisung eines Rechtsreferendars geben. Die Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 59 BRAO) regele allein die Pflicht des Rechtsanwalts zur Ausbildung, nicht aber die Zuteilung eines bestimmten Referendars.
Referendar engagiert bei "III. Weg"
Die Justizverwaltung Sachsen hatte den Antrag auf die Ausbildung bei dem Chemnitzer Anwalt abgelehnt, wogegen der Referendar und der Rechtsanwalt klagen und Eilrechtsschutz beantragt hatten. Beim Verwaltungsgericht (VG) Chemnitz blieben sie im Eilverfahren erfolglos (Beschl. v. 27.10.2022, Az. 3 L 455/22).
Der Referendar hatte sich jahrelang in der Partei "Der III. Weg" engagiert. Die ist nicht verboten, wird aber vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Inlandsnachrichtendienst attestiert der Partei eine "fundamental ablehnende Haltung gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat". Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 600 Mitgliedern aus, ein Sechstel im Vergleich zur Mitgliederzahl der NPD. "Der III. Weg" gilt auch als Auffangbecken für Neonazis, die Mitglieder verbotener Organisationen waren.
Als das Land Sachsen den Mann 2022 zum Referendariat zuließ, verband es diese Entscheidung mit Auflagen. So behielt sich das Land vor, den Referendar einem Ausbilder zuzuweisen, falls ein von ihm selbst ausgesuchter weniger geeignet erscheint. Ende September war es dann soweit. Das für seine Ausbildung zuständige Oberlandesgericht (OLG) Dresden lehnte den Antrag des Referendars für eine neunmonatige Ausbildungsstation beim Chemnitzer Rechtsanwalt Martin Kohlmann ab, weil dieser allgemein als "Akteur der rechtsextremen Szene in Chemnitz" bekannt sei. Kohlmann ist Vorsitzender der "Freien Sachsen" und sitzt für die Gruppierung "Pro Chemnitz/Freie Sachsen" im Stadtrat. Die Kleinstpartei heizte zunächst die Coronaproteste an, wobei Anhänger mit Fackeln vor dem Privathaus der sächsischen Sozialministerin erschienen, verlegte sich dann thematisch auf Ukrainekrieg und Energiekrise. Der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppierung und hat sie als rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft. Darauf hatte auch das OLG bei seiner Ablehnungsentscheidung verwiesen.
Gegen die Entscheidung des OVG stünde nun noch der Weg über eine Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichthof Sachsen offen.
OVG entscheidet gegen "Freie-Sachsen"-Anwalt: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50095 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag