Rechtsritter: Widme dich deinem Nächsten

Interview mit Wolfgang von Meibom

29.11.2013

Hoch zu Ross, Helm auf dem Kopf und Schwert in der Hand – so stellt man sich Ritter aus längst vergangenen Zeiten vor. Aber Ritter gibt es noch immer. Allein der Johanniterorden hat in Deutschland um die 4.000 Ritter. Der Anwalt Wolfgang von Meibom ist einer von ihnen. Im Interview erzählt er, wieso er dem Orden beitrat und wann auch heute noch ein Schwert in die Hand genommen wird.

LTO: Wie wird man Ritter, Herr von Meibom?

von Meibom: Beim Johanniterorden muss man zunächst zum Ehrenritter ernannt werden. Das hat historische Gründe. Die Ernennung erfolgt durch den Herrenmeister, also das Oberhaupt des Johanniterordens, auf Vorschlag des Kommendators, dem Leiter einer regionalen Einheit des Ordens. Ich bin etwa der Kommendator der Rheinischen Genossenschaft, leite also diese regionale Untergliederung des Ordens.

Der Ernennung zum Ehrenritter müssen Kapitel und Herrenmeister zustimmen. Das Kapitel ist die oberste Leitung des Ordens. Der Herrenmeister führt den Orden, traditionell ist er ein Nachkomme aus dem Haus Hohenzollern, aktuell etwa Prinz Oskar von Preußen.

"Schwarze Mäntel mit dem achtspitzigen Kreuz nur bei feierlichen Anlässen"

LTO: Kann man sich um eine Ritter-Ernennung bewerben?

von Meibom: Nein, man muss von einem Johanniter vorgeschlagen werden, und das wird man nur, wenn man die Ziele des Ordens erfüllt. Das heißt, man muss die geistigen Ziele des Ordens bewahren und sich praktisch für den Dienst am Nächsten einsetzen.

LTO: Nach dem Ehrenritter kommt dann der Rechtsritter?

von Meibom: Genau, das ist dann mit bestimmten Stimmrechten und dem Zugang zu besonderen Ämtern im Orden verbunden. Ansonsten aber mit denselben Pflichten, die für alle Johanniter gelten. Rechtsritter müssen übrigens auch nicht Jurist sein. Die Bezeichnung hat rein historische Gründe.

Nicht jeder Ehrenritter wird zum Rechtsritter ernannt, sondern nur solche, die sich besonders verdient gemacht haben. Zum Rechtsritter wird man geschlagen in einer feierlichen Zeremonie, die jedes Jahr in Hessen stattfindet.

LTO: Hat eine solche Zeremonie noch irgendetwas mit dem Ritterbild zu tun, das man aus Sagen kennt? Mit Schwertern, Rüstungen und Burgen?

Wolfgang von Meibomvon Meibom: Man wird tatsächlich im Rahmen eines Gottesdiensts zum Ritter geschlagen. Das läuft so ab wie bei der englischen Königin – durch einen angedeuteten Schlag mit einem Schwert auf die Schulter. Bei uns macht das der Herrenmeister. Für die Ernennung zum Ehrenritter wird einem ein Mantel um die Schultern gehängt.

An die Tradition des Ordens erinnert auch die Bekleidung. Schwarze Mäntel mit dem achtspitzigen, weißen Kreuz, das auch auf den Krankenwagen der Johanniter abgebildet ist.

In dieser Aufmachung treten die Johanniter allerdings nur bei feierlichen Anlässen auf. Etwa bei der Feier des 900-jährigen Bestehens des Ordens vor ein paar Monaten im Berliner Dom. Ansonsten sind wir da in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend.

Äußerlichkeiten sind nicht das, was den Orden prägt. Es geht vielmehr darum, dass Johanniter ihren Dienst am Nächsten praktizieren. In Krankenhäusern, Seniorenheimen und anderen gemeinnützigen Organisationen.

"Ein Pendant für Frauen gibt es nicht"

LTO: Wie sind Sie zum Orden gekommen?

von Meibom: Die Ordensmitgliedschaft wird bei vielen schon über Generationen praktiziert. So war es auch bei mir. Mein Bruder, mein Vater und auch mein Großvater waren Johanniter. Adlige protestantische Familien standen dem Johanniterorden traditionell nahe. Früher war der Orden ja nur Adelsfamilien offen. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist das anders, was auch richtig ist. Allerdings überwiegen nach wie vor die adligen Namen.

Eine gewisse familiäre Affinität war bei mir also da. Aber das ist nicht das Entscheidende. Man muss sich vielmehr darüber bewusst sein, dass das Leben nicht nur daraus besteht, beruflich und finanziell möglichst erfolgreich zu sein. Es geht auch darum, sich seinen Nächsten zu widmen.

LTO: In welchen Bereichen haben Sie sich engagiert?

von Meibom: Als Anwalt in einer Großkanzlei war ich beruflich sehr eingespannt, aber ich habe mich bemüht, die Zeit, die ich hatte, in gemeinnützige Einrichtungen einzubringen. Ich war erst Mitglied eines Kuratoriums, später Aufsichtsratsvorsitzender eines Krankenhauses. Mit dem Ausklingen meiner beruflichen Tätigkeit bin ich Kommendator geworden. Ich leite nun also einen regionalen Bereich des Ordens und bin damit auch Mitglied des Kapitels. Das ist fast eine Vollzeitaufgabe. Neben einem Beruf könnte man das gar nicht leisten.

LTO: Frauen können nicht Ritter werden. Gibt es ein Pendant?

von Meibom: Nein, das gibt es nicht. Es gibt lediglich die Johanniter Hilfsgemeinschaften, die sich ähnlichen Aufgaben widmen wie der Orden selbst, ohne dass man Johanniter sein muss, um dort mitzumachen. Viele Frauen sind in diesen Hilfsgemeinschaften.

LTO: Gibt es Überlegungen, den Orden wie für Nicht-Adlige auch für Frauen zu öffnen?

von Meibom: Das ist eine gute Frage. Es gibt regelmäßig Strategiebesprechungen, bei denen darüber diskutiert wird. Wie sich das entwickelt, kann ich aber nicht voraussagen. Warten wir es ab.

Wolfgang von Meibom ist Rechtsanwalt und war Chairman von Bird & Bird Deutschland. Seit 2010 ist er Kommendator der Rheinischen Genossenschaft des Johanniterordens.

Das Interview führte Claudia Kornmeier.

Zitiervorschlag

Rechtsritter: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10213 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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