Im Streit um neuartige Sportschuhe beschuldigen sich Puma und Adidas gegenseitig der Nachahmung. Aber auch nach drei Gerichtsverfahren gibt es keinen Sieger. Das könnte sich in Kürze ändern, erwartet Nicolás Schmitz.
Innovative Sportschuhe waren das Fundament, auf dem Adidas und Puma Weltkonzerne errichteten. Es ist deshalb kein Wunder, dass beide Unternehmen erbittert streiten, wenn der eine oder der andere sich auf diesem Gebiet einen Vorsprung zu verschaffen sucht.
Aktuell geht es um eine neuartige Zwischensohle, die sich durch eine besonders gute Federung auszeichnen soll. Laufschuhe mit dieser Sohle gibt es sowohl von Adidas als auch von Puma, zum Leidwesen des jeweils anderen. Vor Gericht versuchen beide, einander vom Markt zu drängen. Den passenden juristischen Hebel haben sie bislang noch nicht gefunden, doch das könnte sich mit dem bevorstehenden Verhandlungstermin am 16. Oktober ändern.
Das designrechtliche Argument (Puma)
Puma hatte das neuartige Schuhsohlenmaterial zuerst zusammen mit dem Chemiekonzern BASF entwickelt. Als Folge meldete Puma mehrere Gemeinschaftsgeschmacksmuster an. Das Unternehmen ließ die Rechte am Design, die das Aussehen der Sohle schützen, registrieren. Wenig später brachte Adidas einen neuen Schuh auf den Markt. Dabei bewirbt Adidas vor allem die besondere Optik der Zwischensohle, die aussieht wie eine Styroporplatte.
Puma reagierte: Dieses Design sei von Puma geschützt worden, argumentierte das Unternehmen vor dem Landgericht Frankfurt/Main. Das Gericht ließ sich jedoch von Adidas überzeugen. Sowohl das Material als auch die Optik der Zwischensohle, die Adidas verwendet, seien technisch bedingt. Damit sei das Aussehen weder nach dem Wettbewerbsrecht noch nach dem Designrecht schutzfähig, entschied das Landgericht vor gut einem Jahr (Urt. v. 17.06.2015, Az. 2-06 O 459/13).
In der Berufung, die voraussichtlich Mitte Oktober verhandelt wird, hat Puma noch eine Chance. Wenn das Berufungsgericht sich der Auffassung anschließt, dass das Design technisch bedingt ist, wird Puma verlieren. Andernfalls wird es darauf ankommen, wie nah die Gestaltung der Adidas-Sohle an dem von Puma geschützten Design ist.
Das wettbewerbsrechtliche Argument (Adidas)
Wie Puma ist freilich auch Adidas der Ansicht, dass Wettbewerber Sportschuhe mit styroporähnlicher Zwischensohle nicht anbieten dürfen. Die Sohle werde mit Adidas assoziiert; maßgebliche Kreise wie Verbraucher und Handel würden daher in die Irre geführt, wenn Dritte Sportschuhe mit diesem Aussehen auf den Markt bringen. Adidas stellte daher beim Landgericht Düsseldorf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um Puma den Verkauf verbieten zu lassen.
Auch diesem war freilich kein Erfolg beschieden; die ablehnende Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im April bestätigt (Urt. v. 19.04.2016, Az. I-20 U 143/15). Die Sohle allein weise nicht auf die betriebliche Herkunft hin, vor allem, wenn die Sportschuhe auch Markenabzeichen tragen. Weder Verbraucher noch Händler seien zudem daran gewöhnt, aus der Gestaltung einer Sohlenoberfläche auf die Herkunft eines Sportschuhs zu schließen. Deshalb könne Adidas hinsichtlich der Gestaltung einer Sportschuhsohle keine Ansprüche wegen unlauterer Nachahmung aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend machen.
Eine Sohle für alle?
Die Sohle kann damit nach aktuellem Stand weder aus design- noch wettbewerbsrechtlichen Gründen von einem der beiden Kontrahenten allein genutzt werden.
Voraussichtlich werden beide Parteien ihre jeweiligen Verfahren bis zum Bundesgerichtshof durchfechten, denn der wirtschaftliche Vorteil eines Vorsprungs vor dem Wettbewerb übersteigt die Anwalts- und Gerichtskosten bei Weitem, zumal inzwischen auch weitere Anbieter an ähnlichen Sohlen arbeiten. Bis der Streit entschieden ist, könnte der Styropor-Look bei einer Vielzahl von Sportschuhherstellern zum Standard werden.
Noch bestimmt der Markt, wer sich mit den neuen Sohlen durchsetzt. Doch am Ende könnte der Wettlauf der beiden Sportunternehmen durch die Gerichte entschieden werden.
Der Autor Dr. Nicolás Schmitz berät als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Grünecker in München zahlreiche Fashion-Unternehmen.
Schuhsohlenstreit geht in die nächste Runde: . In: Legal Tribune Online, 19.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20333 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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