Was für eine Karriere: Bisher war Peter Frank Generalbundesanwalt. Am Donnerstag erhält er seine Ernennungsurkunde als Verfassungsrichter. Ende November war Frank völlig überraschend im Bundesrat gewählt worden.
Schon seine akademische Lehrerin Ellen Schlüchter wusste: Peter Frank ist "prädestiniert für höchste Tätigkeiten". So steht es in Franks erstem Dienstzeugnis aus dem Jahr 1994. Da war Frank gerade 26 Jahre alt. "Für wen Herr Frank einmal gearbeitet hat, der möchte ihn nicht mehr missen", schrieb seine Chefin außerdem.
Am Donnerstag erhielt Peter Frank von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde als Richter des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Gleichzeitig überreichte der Bundespräsident Franks Vorgänger am Zweiten Senat, Peter Müller, die Entlassungsurkunde. In der gleichen Feierstunde wurde zudem der bisherige Richter am Bundesverwaltungsgericht Holger Wöckel ernannt und seine Vorgängerin Sybille Kessal-Wulff entlassen.
Der Aufstieg eines Beamten
Peter Frank verbrachte seine Schulzeit in der Fechterhochburg Tauberbischofsheim (Baden-Württemberg). Zum Studium wechselte er das Bundesland und ging nach Bayern. Allerdings liegt Würzburg auch nur 30 Kilometer entfernt. Dort war Frank in der katholischen Studentenverbindung Cheruscia aktiv, mit der er bis heute als "Alter Herr" verbunden ist.
Viel zitiert sind Franks Examensergebnisse. Sowohl im Ersten Staatsexamen als auch im Zweiten Staatsexamen war er Jahrgangsbester in Bayern. Umso bemerkenswerter, dass Frank bei öffentlichen Auftritten weder mit juristischem Wissen oder Können protzt noch rechtliche Fragestellungen in den Vordergrund rückt. Frank strahlt stets die Professionalität des sachorientierten Beamten aus.
Auch in seiner strafprozessualen Dissertation von 1995, die mit "Summa" bewertet wurde, neigte Frank nicht zu ausschweifenden Darstellungen und kam mit 156 Seiten aus. Die Arbeit beschäftigte sich mit der "Verwertbarkeit rechtswidriger Tonbandaufnahmen Privater".
Ab 1995 war Peter Frank im bayerischen Justizdienst tätig. Neben kurzen Zeiten als Richter und Staatsanwalt war er überwiegend im Landesjustizministerium aktiv, unter anderem als Büroleiter der damaligen Justizministerin Beate Merk (CSU). Von 2011 bis 2015 leitete er die Personalabteilung des Ministeriums.
Ob Peter Frank Mitglied der CSU ist, darüber wird immer wieder spekuliert. Letztlich können es aber "selbst enge Weggefährten nicht sagen", wie die Süddeutsche Zeitung einmal schrieb.
Frank und Bausback
Im Oktober 2015 wurde Peter Frank mit 47 Jahren der bisher jüngste Generalbundesanwalt. Der formelle Vorschlag kam von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Dem lag aber eine nicht-öffentliche Nebenabrede zum Koalitionsvertrag der damaligen Großen Koalition zugrunde, wonach die CSU den Generalbundesanwalt bestimmen könne.
Der damalige Landesjustizminister Winfried Bausback (CSU) baute Peter Frank zum Kandidaten auf, indem er ihn im März 2015 zum Münchener Generalstaatsanwalt machte. Eigentlich sollte Frank dort ein Jahr lang Erfahrungen sammeln, bis Amtsinhaber Harald Range regulär in den Ruhestand geht.
Dann aber ging alles ganz schnell. Range geriet in der Netzpolitik-Affäre mit dem Bundesjustizministerium aneinander. Range sprach öffentlich von einer "Weisung", er solle ein Gutachten über möglichen Landesverrat der Netzpolitik-Blogger stoppen, sonst werde er entlassen. Minister Maas bestritt Weisung und Drohung, versetzte Range dann aber wegen nun fehlenden Vertrauens in den Ruhestand.
Also musste Peter Frank schon ein halbes Jahr früher als geplant nach Karlsruhe wechseln. Bei seiner Amtseinführung dankte Frank ausdrücklich Bausback, der ihn "gefördert" habe.
Umso tragischer ist es, wie sich Bausbacks und Franks Wege nun wieder berührten. Denn eigentlich wollte die CSU Bausback als neuen Verfassungsrichter vorschlagen. Doch dann stellte sich heraus, dass Bausback in seiner Dissertation aus den 1990er-Jahren Thesen zur wahlrechtlichen Grundmandateklausel vertrat, die diametral im Widerspruch zu einer aktuellen Verfassungsklage der CSU standen.
Nur wenige Tage vor dem Wahltermin im Bundesrat ließ die CSU Bausback fallen und präsentierte stattdessen Peter Frank als ihren Kandidaten. Am 24. November wurde Frank in der Länderkammer einstimmig gewählt. Vielleicht hat es Bausback etwas getröstet, dass nun sein Schützling Peter Frank den eigentlich für ihn vorgesehenen Posten einnimmt.
Ein effizienter Generalbundesanwalt
Seine achtjährige Amtszeit als Generalbundesanwalt hat Frank mit großer Effizienz und ohne Affären absolviert.
In den vergangenen Jahren beschäftigte er sich stark mit dem Rechtsterrorismus und klagte Kleingruppen wie die Gruppen Freital, Revolution Chemnitz oder die Gruppe S. an. Anklage erhob er auch gegen Stephan Ernst, der 2019 Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke erschossen hatte, und Stephan Balliet, der im gleichen Jahr die Synagoge in Halle angriff. Mitte Dezember klagte Frank 27 Verschwörer:innen um Heinrich Prinz Reuß an, die ein "hochverräterisches Unternehmen" planten.
Beim islamistischen Terror verfolgte Frank zunehmend IS-Rückkehrer aus Syrien und dem Irak – auch Frauen, die dort mit IS-Kämpfern zusammenlebten. Der russische Überfall auf die Ukraine führte in Deutschland zwar noch nicht zu Anklagen. Allerdings eröffnete Peter Frank schnell ein Strukturermittlungsverfahren, um Informationen bei ukrainischen Flüchtlingen zu sammeln.
Am BVerfG wäre Peter Frank am Zweiten Senat zum Beispiel für das Strafrecht mitzuständig, eine Materie, die er natürlich gut kennt. Dagegen ist das Strafprozessrecht, das die Befugnisse der Strafverfolger regelt und das vom Bundesverfassungsgericht immer wieder beanstandet wird, am Ersten Senat angesiedelt.
Die genaue Geschäftsverteilung wird der Zweite Senat in den kommenden Tagen beschließen, sodass auch die beiden neuen Richter Frank und Wöckel unterschreiben können.
Wollte Frank Verfassungsrichter werden?
Als Frank 2015 zur Bundesanwaltschaft kam, gab es im Haus durchaus Befürchtungen, dass er bald wieder weg sein würde und der Posten als Generalbundesanwalt nur ein weiteres Sprungbrett einer glänzenden Karriere sein könnte.
Wer Frank allerdings in Karlsruhe erlebte, hatte nie den Eindruck, dass er mit den Gedanken schon nach Neuem und noch Höherem schielt. Im Gegenteil hätte man sich gut vorstellen können, dass Frank das Amt auch noch weitere zehn Jahre mit vollem Engagement ausfüllt.
Auch in seinen Interviews und Vorträgen hat sich Frank immer mit Fachfragen aus dem Themenkreis der Bundesanwaltschaft befasst, etwa mit Terrorismus, Rechtsextremismus oder dem Völkerstrafrecht. Nichts deutete darauf hin, dass Frank sich mit verfassungsrechtlichen Fragen beschäftigt oder gar mit einem Wechsel ans BVerfG liebäugelt.
Möglicherweise hat ihn der Ruf der CSU völlig unvorbereitet erwischt und er ist ihm eher aus Verantwortungsbewusstsein als mit Begeisterung gefolgt. Immerhin stand er bisher an der Spitze einer Behörde mit rund 300 Mitarbeiter:innen, während er künftig nur noch eines von acht gleichberechtigten Mitgliedern im Zweiten Senat des BVerfG sein wird.
Andererseits ist die Beratungskultur in den Senaten des BVerfG eine so faszinierende Erfahrung, dass auch Peter Frank schnell von seinem neuen Leben erfüllt sein dürfte. Schließlich hat Franks Vorgänger Peter Müller sogar freiwillig das Amts des saarländischen Ministerpräsidenten aufgeben, um in Karlsruhe als einfacher Verfassungsrichter neu aufzublühen.
Wer wird neuer GBA?
Wenn Frank ab diesem Donnerstag nicht mehr Generalbundesanwalt ist, wird die Bundesanwaltschaft nicht führungslos. Kommissarisch übernimmt das Amt zunächst Lars Otte, der seit Juli 2022 Franks Stellvertreter war.
Allerdings ist es eher unüblich, dass die Stellvertreter in das Amt des Generalbundesanwalts aufrücken. Rainer Griesbaum und Gerhard Altvater, die 2011 bzw. 2015 auch zeitweise kommissarisch die Karlsruher Behörde leiteten, wurden anschließend nicht Generalbundesanwalt.
Auf den ersten Blick nützt der überraschende Weggang von Peter Frank der Ampel-Koalition, weil sie nun das Amt neu besetzen kann. Allerdings muss laut § 149 Gerichtsverfassungsgesetz auch der Bundesrat zustimmen. Und dort ist die Ampel mit 16 von 69 Stimmen weit von einer eigenen Mehrheit entfernt.
Das förmliche Vorschlagsrecht liegt also zwar bei Justizminister Marco Buschmann (FDP). Doch schon auf Regierungsebene muss er auf Absprachen in der Ampel-Koalition Rücksicht nehmen. Wie zu hören ist, soll auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Neubesetzung des Amts mitsprechen. Und um die Mehrheit im Bundesrat zu erhalten, muss auch die CDU/CSU frühzeitig eingebunden werden. Möglicherweise kommt es sogar noch zur Paketbildung mit anderen derzeit offenen Positionen. So ist noch unklar, ob der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) eine zweite Amtszeit erhält.
Die nächste Bundesratssitzung ist am 2. Februar. Bis dahin soll ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Peter Frank feststehen.
Peter Frank wird Verfassungsrichter: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53472 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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