Das BMJV hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des NetzDG vorgelegt. Facebook, Twitter und Co. sollen für den Umgang mit Hass-Kommentaren genauere Vorgaben bekommen. Zugleich geht es auch ums Overblocking.
Seit knapp zwei Jahren ist das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft, nun will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nachbessern: Nutzer von großen sozialen Netzwerken wie etwa Facebook, Twitter und Youtube sollen rechtswidrige Inhalte schneller und einfacher melden können.
Zudem soll es bald eine Regelung für ein Gegenvorstellungsverfahren geben: Sowohl die Beschwerdeführer wie auch Nutzer, deren Inhalte gelöscht oder gesperrt wurde, können damit eine Überprüfung der Entscheidung verlangen. Außerdem sollen die Netzwerk-Betreiber künftig ausführlichere Transparenzberichte verfassen.
Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen den Ressorts und liegt LTO vor. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Es ist nicht die einzige geplante Änderung des NetzDG: Im Dezember hatte das BMJV bereits einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität vorgelegt. Darin ist auch vorgesehen, dass die Netzwerk-Betreiber verpflichtet werden, bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. So soll eine zügige Strafverfolgung ermöglicht werden.
Keine langen Klickwege
Grundsätzlich bleibt es aber bei der Idee des NetzDG: Bei der Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz sind erstmal die Betreiber der sozialen Netzwerke selbst in der Pflicht und nicht etwa Polizei und Staatsanwaltschaften.
Große soziale Plattformen müssen ein Verfahren vorsehen, mit dem Nutzer Hasskommentare melden können. Facebook, Twitter und Co. müssen dann selbst prüfen, ob ein Post tatsächlich rechtswidrig ist und entscheiden, ob sei ihn sperren oder löschen. Verstoßen die Netzwerke gegen Auflagen aus dem Gesetz, drohen Bußgelder.
Dieser Ansatz, die Anbieter der Netzwerke in die Verantwortung zu nehmen, habe sich "grundsätzlich bewährt", heißt es in der Begründung des Entwurfs. Dennoch sieht das BMJV nun Nachbesserungsbedarf. So soll klargestellt werden, dass es ein langer oder komplizierter "Klickweg" vom fraglichen Post bis zur Übermittlung der Beschwerde nicht mit dem Gesetz vereinbar ist – Nutzer sollen rechtswidrige Inhalte möglichst direkt und einfach melden können.
Gefahr von Overblocking ernst nehmen
Das BMJV betont zudem, dass die "Befürchtung eines Overblocking" ernst zu nehmen sei. Genau das war von Kritikern in der Debatte immer wieder geäußert worden: Was, wenn die Netzwerke nun übermäßig viele und auch nicht rechtswidrige Inhalte löschen oder sperren?
Bisher lägen zwar "keine Anhaltspunkte vor dafür vor, dass das NetzDG Overblocking befördert hätte", heißt es in der Begründung. In den Fällen, die bisher bekannt wurden, sei es jedenfalls nicht um Beschwerden über rechtswidrige Inhalte nach dem NetzDG gegangen. Dennoch soll nun ein "Gegenvorstellungsverfahren" eingeführt werden.
Demnach müssen die Anbieter der sozialen Netzwerke auch ein "wirksames und transparentes Verfahren" vorhalten, mit dem die Entscheidung, bestimmte Inhalte zu löschen oder zu sperren, überprüft werden kann. Dabei können sich entweder der Beschwerdeführer – also derjenige, der einen vermeintlich rechtswidrigen Post gemeldet hat – oder auch der Nutzer, dessen Post beanstandet wurde, an das Netzwerk wenden und eine Stellungnahme abgeben, warum sie die Entscheidung für falsch halten.
Die Netzwerkbetreiber müssen die ursprüngliche Entscheidung dann "unverzüglich" überprüfen und das Ergebnis dem jeweiligen Nutzer bzw. Beschwerdeführer mitteilen, zusammen mit einer Begründung, wie der Entwurf vorsieht. Außerdem soll klargestellt werden, dass insbesondere auch Wiederherstellungsklagen – also solche Klagen, in denen es darum geht, einen entfernten Inhalt wieder zugänglich zu machen – an den inländischen Zustellungsbevollmächtigten des jeweiligen Netzwerks zugestellt werden können. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine Schlichtungsstelle einzurichten, damit solche Streitigkeiten außergerichtlich geklärt werden können.
Bessere Transparenzberichte
Das NetzDG sieht schon jetzt vor, dass Anbieter sozialer Netzwerke, die im Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über rechtswidrige Inhalte erhalten, regelmäßig sog. Transparenzberichte veröffentlichen müssen. Dabei müssen sie unter anderem erläutern, was sie unternehmen, um strafbare Handlungen auf ihren Plattformen zu unterbinden und wie sie mit den eingegangenen Beschwerden umgehen.
Nun sollen neue Berichtspflichten hinzukommen: So sollen die Anbieter zum Beispiel auch darstellen, wie die automatisierten Verfahren funktionieren, mit denen zu entfernende Inhalte aufgefunden werden sollen, wie die Netzwerke mit Gegenvorstellungen umgehen und wie sich das Nutzerverhalten auf Grund der Maßnahmen gegen Hasskommentare ändert.
Zudem sollen mit dem Änderungsgesetz auch europarechtliche Vorgaben umgesetzt werden: Dabei geht es um neue Vorgaben für Compliance-Vorschriften zum Schutz vor unzulässigen Inhalten bei Videosharingplattform-Diensten. Solche Plattformen seien teilweise bereits vom NetzDG umfasst, teilweise müssten aber Regelungen auch für kleinere und themenspezifischere Anbieter aufgenommen werden.
BMJV legt Entwurf zur Änderung des NetzDG vor: . In: Legal Tribune Online, 16.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39725 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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