Um für Arbeitnehmer attraktiver zu werden, bieten Unternehmen wieder verstärkt Mitarbeiterwohnungen an. Worauf für Arbeitnehmer wie –geber dabei arbeitsvertraglich zu achten ist, erläutern Marion Bernhardt und Elin Reiter.
Zunehmende Wohnraumknappheit und steigende Mieten schrecken so manchen Arbeitnehmer davon ab, sich um einen Arbeitsplatz in Ballungsräumen zu bewerben. Hinzu kommt, dass die zeitlich wie finanziell aufwendige Wohnungssuche ein Risiko für potenzielle Mitar-beiter darstellt: Was, wenn das Arbeitsverhältnis schon während der Probezeit endet oder der Job letztlich doch nicht der richtige sein sollte?
Viele Arbeitgeber suchen deshalb in den letzten Jahren verstärkt nach Wegen, für Bewerber attraktiver zu werden. Dabei geht der Trend zunehmend dahin, dem Arbeitnehmer eine Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen. Neue Mitarbeiter entgehen somit der oftmals lästigen Wohnungssuche und profitieren gleichzeitig in finanzieller Hinsicht: Häufig werden die Wohnungen nämlich zu einer geringeren als der ortsüblichen Miete angeboten, zum Teil übernehmen die Arbeitgeber die Mietkosten sogar vollständig. Jüngste Beispiele sind unter anderem die Deutsche Bahn, BASF, kommunale Unternehmen wie die Stadtwerke Köln und München, das Deutsche Rote Kreuz und die Uniklinik Münster.
Das Recht hängt vom gewählten Modell ab
In rechtlicher Hinsicht stellen sich zahlreiche Fragen:
Wie sieht die vertragliche Ausgestaltung der Wohnraumüberlassung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus? Braucht es dafür zwei separate Verträge oder genügt eine entsprechende Regelung direkt im Arbeitsvertrag? Und vor allem: Was passiert mit der Wohnung, wenn das Arbeitsverhältnis endet?
Wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen, hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine sogenannte Werkmiet- oder um eine Werkdienstwohnung handelt.
Die Werkmietwohnung
Eine Werkmietwohnung wird "mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet" (vgl. § 576 BGB). Es handelt sich also um zwei getrennt voneinander bestehende Verträge, einen Arbeits- und einen Mietvertrag, wobei der Arbeitsvertrag den Anlass des Mietvertrages bildet. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitsvertrag alleinige Ursache des Mietvertragsabschlusses darstellt. Es empfiehlt sich, in den Vertragsurkunden auf den jeweils anderen Vertrag Bezug zu nehmen, um die nach § 576 BGB erforderliche Verbindung beider Verträge zu verdeutlichen. Partei des Mietvertrages muss der Arbeitnehmer als Dienstverpflichteter sein, während es nicht zwingend erforderlich ist, dass der Arbeitgeber auch Vermieter ist. Das kann auch ein Dritter sein.
Die rechtliche Selbstständigkeit beider Verträge führt dazu, dass der Fortbestand des Mietverhältnisses nicht von der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses abhängt, beide Verträge also unabhängig voneinander kündbar sind. Möglich ist es aber, vertraglich zu vereinbaren, dass während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ausgeschlossen ist. Für die Kündigung des Mietverhältnisses einer Werkmietwohnung im laufenden Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften des BGB. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Vermieter gemäß § 576 Abs. 1 BGB aber abweichend von § 573c Abs. 1 S. 2 BGB mit verkürzten Fristen kündigen.
Ausschließlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Werkmietwohnungen sind die Amtsgerichte, § 23 Nr. 2a GVG (BAG, Beschl. v. 2.11.1999, Az. 5 AZB 18/99). Sowohl hinsichtlich der Zuweisung als auch der Kündigung der Werkmietwohnung muss der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG zustimmen.
Die Werkdienstwohnung
Werkdienstwohnungen werden "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" überlassen (vgl.§ 576b BGB). Hier existieren nicht zwei separate Verträge, vielmehr ist die Vereinbarung zur Überlassung der Werkdienstwohnung unmittelbarer Bestandteil des Arbeitsvertrages mit der Folge, dass überwiegend arbeitsrechtliche Vorschriften Anwendung finden. Daher sind Rechtsstreitigkeiten bezüglich Werkdienstwohnungen auch vor den Arbeitsgerichten zu führen.
Häufig erhalten Arbeitnehmer Werkdienstwohnungen zur besseren Erfüllung der Arbeitsleistung, zum Beispiel Wohnungen am Arbeitsplatz für Pförtner, Hausmeister oder Wachpersonal. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zum Bezug der Wohnung hat der Arbeitgeber gemäß § 2 NachwG schriftlich nachzuweisen, da es sich hierbei um eine wesentliche Vertragsbestimmung handelt. Eine Vergütung für das Bewohnen der Werkdienstwohnung muss explizit vereinbart werden. Andernfalls wird das Überlassen der Wohnung im Grundsatz als Teil der Arbeitsvergütung angesehen.
Aufgrund der Einheit von Arbeits- und Mietverhältnis entfällt das Recht des Arbeitnehmers die Wohnung zu nutzen, sobald das Arbeitsverhältnis endet. Der Arbeitnehmer muss anschließend die Räumlichkeiten an den Arbeitgeber herausgeben. Einer expliziten Kündigung der Wohnraumnutzung bedarf es nicht.
Hiervon macht nur § 576b Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitnehmers eine Ausnahme. Die Norm regelt im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die entsprechende Anwendung des Mietrechts, wenn der Arbeitnehmer die Wohnung überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder diese gemeinsam mit seiner Familie bewohnt. In solchen Fällen bedarf es einer separaten Kündigung der Wohnraumnutzung.
Vertragsgestaltung: Überlassung der Werkdienstwohnung an Tätigkeit knüpfen
Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses richtet sich die Beendigung der Wohnraumnutzung allein nach arbeitsrechtlichen Vorschriften. Für den Arbeitgeber kommen folgende vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht:
Er kann die Überlassung des Wohnraums im Arbeitsvertrag auflösend bedingen oder zweckbefristen. Es bietet sich an, die Wohnungsüberlassung an das Ausüben einer bestimmten arbeitsvertraglichen Tätigkeit zu knüpfen, sodass das Recht auf Nutzung der Werkdienstwohnung mit dem Zeitpunkt entfällt, in dem diese Aufgabe nicht mehr wahrgenommen wird (LAG Hamm, Urt. v. 11.06.2012, Az. 17 Sa 1100/11).
Ferner kommt die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts in Betracht. Hierbei sind allerdings die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen von Widerrufsvorbehalten zu beachten: Im Wesentlichen muss ein sachlicher Grund für den Widerruf der Leistung bestehen und der widerrufene Teil muss unter 25 Prozent des Gesamtverdienstes liegen (LAG Köln, Urt. v. 04.03.2008, Az. 11 Sa 582/07).
In der Praxis: Vorsicht bei der Abgrenzung
Die Abgrenzung zwischen Werkmiet- oder Werkdienstwohnung kann sich im Einzelfall als schwierig erweisen, ist aber aufgrund der unterschiedlich geltenden Rechtsvorschriften und der damit einhergehenden Beendigungsmöglichkeiten von enormer Bedeutung. Maßgeblich ist die materielle Ausgestaltung des Vertrags, die durch Auslegung zu ermitteln ist. Von eher untergeordneter Bedeutung ist die von den Parteien gewählte Vertragsbezeichnung.
Ferner ist es für das Vorliegen eines Vertrags über eine Werkdienstwohnung unerheblich, ob eine einheitliche Vertragsurkunde erstellt wurde. Entscheidendes Kriterium für eine Werkdienstwohnung ist die funktionale Verknüpfung zwischen der Überlassung des Wohnraums und dem Arbeitsverhältnis. Indiz hierfür ist insbesondere, dass der Arbeitnehmer für die Wohnraumnutzung kein oder nur ein geringes Entgelt zu zahlen hat. Darüber hinaus spricht eine vertraglich vereinbarte Pflicht des Arbeitnehmers, die Wohnung zu beziehen, für das Vorliegen einer Werkdienstwohnung.
Die Entscheidung, ob im Einzelfall eine Werkmiet- oder Werkdienstwohnung angeboten wird, sollte schon allein aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung gut überlegt sein. Um als Arbeitgeber attraktiver zu werden, sind sicher beide Modelle tauglich.
Naturgemäß ist dem Arbeitgeber dann, wenn er sich für ein solches finanzielles Engagement – jedenfalls auch – zu Rekrutierungszwecken entscheidet, aber sehr wichtig, dass dieses Asset auch tatsächlich von Mitarbeitern und nicht von Ausgeschiedenen genutzt wird, sodass je nach vertraglicher Ausgestaltung möglichst sichergestellt werden sollte, dass der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch wieder über den Wohnraum verfügen kann.
Mitarbeiterwohnung für Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil
In steuerrechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass Vorteile, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses in Form einer unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Wohnraum gewährt, worunter auch die Überlassung von Werkdienst- und Werkmietwohnungen fällt, einen steuerpflichtigen Sachbezug darstellen (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EstG).
Die Höhe des geldwerten Vorteils bemisst sich an der Differenz zum ortsüblichen Mietpreis. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung "Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" sieht nunmehr mit Wirkung zum 01. Januar 2020 zugunsten der Arbeitnehmer eine erhebliche finanzielle Erleichterung vor. Soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts beträgt, muss er diesen Vorteil nicht mehr versteuern.
Prof. Dr. Marion Bernhardt ist Rechtsanwältin und Partnerin der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in der betriebsverfassungsrechtlichen Beratung und Vertretung großer und mittelständischer Unternehmen und begleitet Unternehmen bei Umstrukturierungen aller Art einschließlich des Personalabbaus, führt Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen und vertritt Arbeitgeber in Einigungsstellen sowie bei Beschlussverfahren.
Dr. Elin Reiter ist ebenfalls Rechtsanwältin bei CMS und berät vom Berliner Standort aus nationale und internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht, insbesondere zu Fragen des Dienstvertragsrechts.
Das Recht der Mitarbeiterwohnungen: . In: Legal Tribune Online, 09.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36955 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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