Seit September dieses Jahres können Unternehmen auch in Europa für ihre Werbeanzeigen bei Google fremde Marken als Keywords verwenden. Die bisher für Markeninhaber bestehende Möglichkeit, die eigene Marke für die Nutzung durch Dritte sperren zu lassen, entfällt. Worauf Werbetreibende und Markeninhaber jetzt achten müssen, erklärt Katja Nuxoll.
Mit der Änderung reagiert Google auf eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Sache Google France & Google Inc. u. a. gegen Louis Vuitton Malletier u. a. vom 23. März 2010 (Az. C-236/08 bis C-238/08). Darin lehnte der EuGH eine Markenverletzung durch "Referenzierungsdienste" (wie Google AdWords) ab, wenn diese sich "neutral" verhalten, sie also lediglich die technischen Voraussetzungen für die Buchung von Fremdmarken schaffen. Trotz des klar vorliegenden wirtschaftlichen Interesses werde in einem solchen Fall die Marke nicht benutzt und damit auch nicht verletzt.
Allerdings kamen die Richter auch zu dem Schluss, dass die Fremdbuchung für den Werbenden sehr wohl eine Markennutzung darstelle. Diese kann – so der EuGH - zu einer Markenverletzung führen, wenn die Funktionen der Marke, insbesondere die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt würden. Eine solche Beeinträchtigung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn aus der Anzeige für einen normal aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer erkennbar ist, ob die in der Anzeige beworbenen Produkte vom Markeninhaber, von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder aber von einem Dritten stammen. In diesem Fall könne der Nutzer über die "Herkunft" der Produkte irren beziehungsweise getäuscht werden.
Entsprechend diesen Feststellungen passte Google nun seine Adwords-Markenrichtlinien für Europa an: Seit dem 14. September 2010 steht - sehr zur Freude der Werbetreibenden - die Buchung von Fremdmarken als Keywords jedermann offen. Gleichzeitig ist - zum Leidwesen der Markeninhaber - die bisherige Möglichkeit einer Markensperre im Hinblick auf die Nutzung einer Fremdmarke als Keyword entfallen. Weiter möglich bleibt eine Google-Beschwerde lediglich dann, wenn eine Herkunftstäuschung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung vorliegt. Eine solche Beschwerde wird von Google nach wie vor überprüft und führt dann auch gegebenenfalls zur Entfernung der Anzeige.
Weiterhin Vorsicht bei Verwechslungsgefahr
Die Änderung der Google Richtlinien ist folglich kein Freifahrtschein für Werbetreibende. Sie müssen auch weiterhin darauf achten, dass aufgrund ihrer konkreten Anzeige keine Verwechslungen mit den Produkten des Markeninhabers entstehen. Ist eine solche Verwechslungsgefahr gegeben, kann der Markeninhaber hiergegen im Übrigen nicht nur im Wege des Google Beschwerdeverfahrens, sondern selbstverständlich auch gerichtlich vorgehen.
Richtig ist, dass der Werbende - zumindest bei Google – über die Fremdmarke nun relativ günstig "Traffic" einkaufen kann. Jedoch werden sich die Klickpreise wegen des steigenden Wettbewerbs hier sicher spürbar erhöhen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Markeninhaber, anders als der Werbende, seine Marke natürlich auch im Anzeigentext verwenden kann. Er kann Keywords und Anzeigentext wesentlich besser aufeinander abstimmen. Dies führt nicht nur zu höheren Klickraten, sondern auch zu einem besseren "AdWords-Qualitätsfaktor". Infolgedessen kann der Markeninhaber eine gute Platzierung zu einem vergleichsweise niedrigeren Klickpreis einkaufen.
Mit geeignetem Monitoring auf vermehrte Fremdnutzung reagieren
Markeninhaber müssen sich vor allen Dingen auf eine erhebliche Fremdnutzung ihrer Marken einstellen. Durch den Wegfall der bisherigen Markensperre erfordert dies insbesondere ein geeignetes Monitoring, so dass gegen eine unbefugte Nutzung entweder im Wege des Google- Beschwerdeverfahrens oder aber durch Abmahnung und einstweilige Verfügung vorgegangen werden kann. Durch die generelle Freigabe der Fremdbuchung ist nämlich davon auszugehen, dass nicht wenige der Werbetreibenden über das Ziel hinausschießen werden.
Zudem müssen Markeninhaber, die zur Zeit noch keine Anzeigen auf ihre eigene Marke buchen, zukünftig damit rechnen, dass bei Eingabe ihrer Marke als Suchbegriff zuerst einmal die Anzeige eines Wettbewerbers erscheint. Um dies zu vermeiden, sollten Markeninhaber sich überlegen, ob sie jetzt nicht doch auf ihre Marke bieten. Zumal sie aufgrund ihres besseren Qualitätsfaktors bei der eigenen Marke den Wettbewerber sicher verdrängen, entweder auf eine schlechtere Position oder sogar ganz.
Die Autorin Katja Nuxoll ist Rechtsanwältin im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz der Kanzlei Hecker Werner Himmelreich in Köln.
Katja Nuxoll, Geänderte Markenrichtlinie: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1995 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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