Der Verlust des Führerscheins ist allseits gefürchtet. Während ein Fahrverbot derzeit aber nur nach Verfehlungen im Straßenverkehr verhängt werden kann, wird ab heute auf der Justizministerkonferenz darüber diskutiert, dieses auch bei anderen, vom Straßenverkehr unabhängigen Straftaten zu ermöglichen. Klaus Weber über Ungleichbehandlungen und eine zusätzliche Strafe.
Bald mag, wenn jemand zerknirscht zugibt, derzeit keinen Führerschein zu haben, die Rückfrage nicht mehr wie selbstverständlich lauten "Zu viel getrunken oder zu schnell gefahren?". Vielleicht wird man zukünftig ganz anders angesehen – wenn nämlich auch eine Körperverletzung oder ein Diebstahl zu einer solchen Verurteilung geführt haben könnten.
Das Thema ist nicht neu. Verschiedene Landesjustizminister haben es aktuell wieder aufgegriffen und es soll in der am Mittwoch beginnenden Justizministerkonferenz in Hamburg behandelt werden.
Nach derzeitigem Recht kommt ein so genanntes Fahrverbot oder gar die Entziehung der Fahrerlaubnis (verbunden mit der Abgabe des Führerscheins als Nachweis der Inhaberschaft der Fahrerlaubnis) nur in Betracht, wenn Verfehlungen des Fahrzeugführers im Bereich des Straßenverkehrs vorliegen.
Zwischen dem Fahrverbot und der Entziehung der Fahrerlaubnis bestehen praktisch wie auch juristisch erhebliche Unterschiede. Das "Fahrverbot" erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit Verkehrsordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, also zum Beispiel zu schnellem Fahren oder Fahren unter Alkoholeinfluss mit einer geringen Promilleanzahl.
Dann erhält der Verkehrssünder einen Bußgeldbescheid, muss eine bestimmte Geldbuße zahlen und zusätzlich wird noch ein Fahrverbot zwischen 1 und 3 Monaten verhängt. In dieser Zeit darf der Betroffene nicht Auto fahren. Er muss den Führerschein abgeben und erhält ihn nach Ablauf des Fahrverbotes zurück.
Schlimmer als das Fahrverbot: Die Entziehung der Fahrerlaubnis
Einschneidender ist die Entziehung der Fahrerlaubnis durch Entscheidung des Strafgerichtes, zum Beispiel bei der so genannten Unfallflucht oder bei Trunkenheit im Straßenverkehr mit einer erheblichen Promillezahl wie zum Beispiel 2 Promille.
Dann wird der Verkehrsteilnehmer nicht nur – in der Regel mit einer Geldstrafe - bestraft, sondern das Gericht entzieht ihm auch die Fahrerlaubnis einschließlich Führerschein. Gleichzeitig spricht das Gericht eine Sperre aus.
Diese strafrechtliche Maßregel der Besserung und Sicherung bezweckt den Ausschluss ungeeigneter Verkehrsteilnehmer vom Straßenverkehr und muss demVerhältnismäßigkeitksprinizip entsprechen.
Vor Ablauf der gerichtlichen Sperrfrist kann kein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellt werden. Oft verlangt die Fahrerlaubnisbehörde vor einer Neuerteilung auch noch die Vorlage eines so genannten MPU-Gutachtens.
Fehlender Führerschein trifft den Täter erheblich
Die praktischen Auswirkungen der fehlenden Fahrerlaubnis beziehungsweise des Führerscheins sind in der heutigen mobilen Gesellschaft einschneidend. Denn oft kann man die Geldbuße oder die Geldstrafe relativ einfach bezahlen.
Der fehlende Führerschein ist hingegen nicht einfach zu ersetzen. Zumal im Hintergrund auch die Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis bei Missachtung des Fahrverbots steht.
Jeder Autofahrer, der täglich sein Fahrzeug benutzt, kann sich die tatsächlichen Schwierigkeiten vorstellen, die für ihn entstehen, wenn er wegen Führerscheinentzugs mit seinem Auto nicht mehr fahren darf.
Der Vorschlag der Justizminister
Außerhalb des Straßenverkehrs gibt es derzeit keine Möglichkeit, im Zusammenhang mit Strafverfahren beschränkend auf die Fahrerlaubnis beziehungsweise den Führerschein einzuwirken.
Die Justizminister der Länder sehen nunmehr in einem Fahrverbot ein geeignetes Instrumentarium, um bei "Rohheitsdelikten" entsprechend tätig zu werden. Auch sei oft eine Geldstrafe zu wenig und eine Haftstrafe zu viel, weshalb ein befristetes Fahrverbot geeignet sei, die Bewegungsfreiheit einzuschränken und deshalb eine Art von Freiheitsentzug darstelle.
Ungleichbehandlung in mehrfacher Hinsicht
Man kann über diesen Vorschlag sicherlich diskutieren. Festzustellen ist aber, dass bei den genannten geringfügigen Straftaten wie Körperverletzung oder Diebstahl ein Zusammenhang mit dem Straßenverkehr und der Fahrerlaubnis des Täters nicht besteht. Der typische verkehrsrechtliche Bezug der Straftat fehlt.
Außerdem werden dann nur Straftäter, die Inhaber einer Fahrerlaubnis sind, zusätzlich durch ein Fahrverbot bestraft. Derjenige Täter, der exakt den gleichen Straftatbestand verwirklicht, aber aus welchem Grund auch immer keine Fahrerlaubnis hat, wird von diesem Problem nicht betroffen. Die Ungleichbehandlung desjenigen, der einen Führerschein hat, ist offensichtlich.
Bei schweren Straftaten mit Freiheitsentziehung kommt ein Fahrverbot nicht in Betracht, da der im Gefängnis sitzende Straftäter seinen Führerschein ohnehin nicht nutzen kann. Der Führerscheinverlust ist deshalb nur bei "kleinen" Straftaten einsetzbar und benachteiligt deshalb wiederum, diesmal diesen Personenkreis.
Diese Ungleichbehandlung (auch zwischen leichten und schweren Straftaten) ist bei der jetzigen Rechtslage ausgeschlossen, da nur Führerscheininhaber betroffen sind und ein Zusammenhang mit Fehlverhalten im Straßenverkehr besteht.
Eine Ausweitung von Fahrverboten, wie sie von den Justizministern geplant ist, ist problematisch. Es geht dabei wohl nur darum, den Täter zusätzlich zu "bestrafen". Eine erzieherische Wirkung wegen vorangegangenen Fehlverhaltens im Straßenverkehr ist nicht erkennbar.
Der Autor Regierungsdirektor Klaus Weber ist Leiter des Referates Verkehrsrecht bei der Landesdirektion Chemnitz und Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen insbesondere zum Verkehrsrecht.
Klaus Weber, Fahrverbot: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/797 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag