Bezahlte Pressebeiträge müssen gekennzeichnet werden. Nur wie? Die Landespressegesetze sind da strenger als das Unionsrecht. Der EuGH sieht darin keinen Widerspruch, soweit sich die nationalen Vorschriften nur an die Presseverleger richten und nicht an die Sponsoren, berichten Konstantin Wegner und Daniel Meßmer.
Das Anzeigenblatt GOOD NEWS kennzeichnete zwei gegen Entgelt veröffentlichte Beiträge jeweils nur mit dem Hinweis "Sponsored by". Das gefiel dem Konkurrenten Stuttgarter Wochenblatt gar nicht, eine Kennzeichnung mit dem Wort "Anzeige" verlange § 10 des Landespressegesetzes Baden-Württemberg (LPresseG-BW). Alles andere sei eine unlautere Geschäftspraktik im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Es folgte ein Gerichtsverfahren zwischen den Verlegern, das es bis zum Bundesgerichtshof (BGH) schaffte. Der sorgte sich schließlich um die Europarechtskonformität von § 10 LPresseG-BW und den entsprechenden Vorschriften der anderen Bundesländer und legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor (Beschl. v. 19.07.2013, Az. I ZR 2/11).
Getarnte Werbung untersagt
Der aber winkte am Mittwoch ab: Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stehe einer nationalen Bestimmung nicht entgegen, die Presseverleger verpflichtet, bezahlte Veröffentlichungen mit dem Wort "Anzeige" zu kennzeichnen (EuGH, Urt. v. 17.10.2013, Az. C-391/12).
Die Regelungen der Presse- und Mediengesetze der Bundesländer sind also weiterhin eine Grundlage für wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen Presseverleger, die diese Bestimmung verletzen. Konkret verlangen die Vorschriften, dass der Verleger eine Veröffentlichung, für die er ein Entgelt erhält, fordert oder sich versprechen lässt, deutlich mit dem Wort "Anzeige" kennzeichnet, soweit der Beitrag nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist.
Nach Art. 5 Abs. 5 i. V. m. Anhang I Nr. 11 der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ist eine Geschäftspraxis unlauter, bei der redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt werden und der Gewerbetreibende für diese Verkaufsförderung bezahlt hat, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde. Eine als Information getarnte Werbung ist untersagt.
EU-Recht erfasst nur kommerzielles Sponsoring
Weil die Richtlinie also eine Pflicht zur Kennzeichnung des gesponsorten Beitrags als "Anzeige" nicht vorsieht, stellt § 10 LPresseG-BW insoweit inhaltlich höhere Anforderungen als die europarechtlichen Vorschriften.
Während Art. 5 Abs. 5 i. V. m. Anhang I Nr. 11 der Richtlinie allein geschäftliche Handlungen betrifft, ist § 10 LPresseG-BW unabhängig von dem Zweck des Sponsorings einschlägig und damit auch zu beachten, wenn der Sponsor nicht-kommerzielle Ziele verfolgt.
Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich der Richtlinie nicht mehr fordern als das europäische Recht, auch wenn es ihnen um einen besseren Schutz der Verbraucher geht. Der Generalanwalt Melchior Wathelet plädierte daher dafür, dass § 10 LPresseG-BW das Unionsrecht verletzt, soweit das Sponsoring einen kommerziellen Zweck hat.
Presseverleger ist nicht Adressat der Richtlinie
Der EuGH ist dem nicht gefolgt, er hält § 10 LPresseG-BW und damit auch die entsprechenden Vorschriften anderer Bundesländer für europarechtskonform. Zwar verpflichte die Richtlinie das inserierende Unternehmen, deutlich darauf hinzuweisen, dass es einen redaktionellen Medieninhalt finanziert hat. Fehle ein solcher deutlicher Hinweis, sei dies eine unlautere Geschäftspraktik des Sponsors, nicht aber zwingend des veröffentlichenden Presseverlegers.
Letzterer ist erst dann Adressat der Richtlinie, wenn er im Auftrag oder im Namen des finanzierenden Unternehmens handelt, oder seine eigene Zeitung bewirbt. Da sich § 10 LPressG-BW aber ausschließlich an die Verleger richtet, fällt die Vorschrift nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
Weil die EU für Presseverleger bislang auch keine anderen Vorschriften erlassen hat, dürfen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, welche Pflichten sie Presseverlegern auferlegen, um die Leser auf das Sponsoring von redaktionellen Inhalten aufmerksam zu machen.
Faktisch bedeutet die Entscheidung des EuGH, dass sich Presseverleger auch in Zukunft an die einschlägigen Vorgaben der Presse- und Mediengesetze der Länder halten müssen. Andernfalls drohen nicht nur ein Bußgeld, sondern wie bisher auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. dem jeweiligen Landepressegesetz. Dies gilt jedenfalls solange, wie nicht auf europäischer Ebene abweichende Vorgaben für Presseverleger in Kraft treten.
Die Autoren Dr. Konstantin Wegner, LL.M. (King's College London) und Daniel Meßmer sind Rechtsanwälte bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in München.
EuGH erlaubt strenge Kennzeichnungspflicht: . In: Legal Tribune Online, 18.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9840 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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