2/2: Verzicht auf Haftungsbeschränkung
In der Tat haben sich diese Großkanzleien Lösungen für ihre Mandanten überlegt. Allerdings sind diese anders ausgestaltet: Sie konzentrieren sich nicht wie Rack über ein einziges IT-System auf alle Pflichten in den Unternehmen. Vielmehr fokussieren sie sich mit verschiedenen Tools auf Teilaspekte. So gibt es ein Tool für ein Krisenmanagement, ein anderes für das Erkennen und Abarbeiten von Bestechungsfällen. Baker & McKenzie bietet verschiedene IT-Analysewerkzeuge an, mit denen große Datenmengen/Schriftstücke schnell auf relevante Informationen untersucht werden können. Und natürlich gibt es Datenbanken für das Projektmanagement – für große Litigation-Fälle und die Prozessrisikoanalyse.
Derartige aufgeteilte Systeme passen zu dem Mandantenstamm der Großkanzleien, die mit dutzenden von Abteilungen und tausenden von Mitarbeitern eine solche Vielzahl von Regeln abdecken müssen, dass die Kontrolle auch bei diversen Abteilungen und damit Vorständen angesiedelt sein muss.
Üblich ist allerdings zumindest eine Haftungsbeschränkung. Die versuchen auch die Anwälte in den Großkanzleien durchzusetzen. Rack verzichtet darauf. Für ihn ist es ein Zeichen des Vertrauens in sein System. Dessen Implementierung ist anwaltliche Beratung – und nicht schon Vertrieb und damit relevant für die Gewerbesteuer. Das System werde schließlich für jedes Unternehmen auf die relevanten Einzelfälle herunter gebrochen, die Normen angepasst und ausgelegt. Das sei Rechtsberatung. Und die bietet er für die ganze Bandbreite der Unternehmen – die Mehrzahl sind kleine Unternehmen, "die brauchen die meiste Hilfe", sagt Rack.
Warum dann nicht alle zu ihm?
Für einen Partner einer anderen Großkanzlei, der sich das System angeschaut hat, klingt das alles überzeugend: "Große Konzerne haben vermutlich andere Bedürfnisse als dieses System", meint er. Vor allem, weil die Mitarbeiter dort selbst eine so große Expertise für ihre Themen haben, dass sie die konkreten Rechtsfragen und Probleme schon kennen, nur die Antworten nicht. Denen sei mit Wissensdatenbanken besser entsprochen. Auch, weil deren Konzernstrukturen ständig im Fluss seien und ein solches System nicht laufend angepasst werden könne.
Für kleinere und mittelständische Unternehmen sei es jedoch genau der richtige Ansatz, mit dem innovative Rechtsberatung geleistet werde.
Bleibt die Frage, warum dann nicht alle Unternehmen oder auch Konzerntöchter bereits das Rack-System haben. "Das fragen wir uns auch", sagt Rack. Auftrieb dürften Fälle wie die Verurteilung von Ferdinand Piëch wegen seiner Äußerungen zu den Risiken bei der Übernahme von VW geben. Ebenso die arbeitsgerichtlich attestierte Unwirksamkeit der Kündigung eines Deutsche-Bank-Mitarbeiters im Libor-Skandal. Es durfte nicht den Arbeitnehmern angelastet werden, dass seinerzeit bei der Bank weder klare Regularien implementiert waren noch Kontrollen erfolgten, um Manipulationen zu verhindern.
Die Rechtsprechung ist reich an Beispielen für Compliance-Verstöße, doch für Rack ist der Punkt gesetzt: "Entscheidend ist, dass die Mandanten sich klar machen, worin ihre Pflichten bestehen und wie sie zu erfüllen sind", sagt er. "Wenn das einmal aufbereitet ist, wird Compliance plötzlich ganz einfach."
Tanja Podolski, Compliance-IT für Unternehmen: . In: Legal Tribune Online, 08.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18072 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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