Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die vollständige Wiederholung der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus abgelehnt. Damit kann die Wahl am 12. Februar wiederholt werden.
Berlin kann die Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar wiederholen. Ein Eilantrag, mit dem mehr als vierzig Antragsteller die vollständige Wiederholung der Wahl kurzfristig stoppen wollten, ist vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert (BVerfG, Beschl. v. 25.01.2023, Az. 2 BvR 2189/22).
Es ist damit noch nicht geklärt, ob das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs (VerfGH), die Wahl im gesamten Wahlgebiet für ungültig zu erklären, verfassungswidrig war. Das BVerfG wird darüber zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Der Beschluss des Zweiten Senats wurde am Dienstag veröffentlicht. Darin heißt es lediglich, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werde abgelehnt. Die Antragsteller wollten erreichen, dass die Wahl nicht wiederholt wird, solange es noch keine abschließende Entscheidung gibt.
Wiederholungswahl unter Vorbehalt
Nun steht die Wiederholungswahl unter Vorbehalt. Das BVerfG will über die Verfassungsbeschwerde, die sich gegen das Urteil des VerfGH richtet, offenbar zeitnah entscheiden – aber nicht mehr vor der Wahl. Die Beteiligten sind aufgefordert worden, bis zum 2. März in der Hauptsache Stellung zu nehmen. Sollte das BVerfG im Nachhinein das Urteil des VerfGH für verfassungswidrig ansehen, wäre die Wiederholungswahl ungültig und der VerfGH müsste erneut über die fehlerhafte Wahl entscheiden. Wahrscheinlicher ist, dass der Zweite Senat die Verfassungsbeschwerde ebenfalls ablehnt. Jedenfalls will man sich aber in Karlsruhe offenbar intensiver mit dem Urteil des VerfGH auseinandersetzen als zunächst gedacht.
Zu dem nun veröffentlichten Beschluss liegt noch keine Begründung vor. Das dürfte daran liegen, dass sich die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats über die Formulierung der Begründung noch nicht einig sind. Die Begründung wird den Beteiligten zugestellt werden, wann ist allerdings noch nicht bekannt. Es sei beabsichtigt, dann auch die Öffentlichkeit über die Begründung zu informieren, teilte ein Sprecher des BVerfG LTO mit.
Müller nicht befangen trotz Interview
Berichterstatter in dem Verfahren ist Verfassungsrichter Peter Müller. Dabei hatte sich zunächst die Frage gestellt, ob Müller in diesem Verfahren als befangen anzusehen sei. Er hatte sich im Gespräch mit dem Podcast "FAZ Einspruch" bereits kurz nach der Entscheidung des VerfGH zu den Wahlpannen in Berlin geäußert. Eine solche Situation "hätte man sich vor einigen Jahrzehnten in einem diktatorischen Entwicklungsland vorstellen können, aber nicht mitten in Europa, mitten in Deutschland", sagte Müller dort. In einem vergleichbaren Fall war Verfassungsrichterin Astrid Wallrabenstein im Februar vergangenen Jahres für befangen erklärt worden.
Die Antragsteller hatten angeregt, die Befangenheit Müllers zu prüfen, das geht aus der Verfassungsbeschwerde hervor, die LTO vorliegt. Das BVerfG sah jedoch offenbar keinen Grund für eine Befangenheit, Müller wirkte an der Entscheidung mit. Insgesamt waren sieben Richterinnen und Richter daran beteiligt - nicht acht, da Verfassungsrichter Dr. Ulrich Maidowski erkrankt ist. Ob die Entscheidung einstimmig erging oder ob es Gegenstimmen gab, hat der Zweite Senat bisher nicht mitgeteilt.
Dass es bei der Wahl im September 2021 zu teils massiven Wahlfehlern kam, ist unbestritten. Das Urteil des VerfGH stieß jedoch auf scharfe Kritik, weil damit auch in Bezirken neu gewählt wird, in denen die Wahl weitgehend reibungslos ablief. Zudem hatte der VerfGH schon zu Beginn der mündlichen Verhandlung ungewöhnlich deutlich die Auffassung vertreten, die Wahl sei insgesamt als ungültig anzusehen.
Gegen die vollständige Wiederholungswahl hatten sich mehr als vierzig Abgeordnete, Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen und Wählerinnen und Wähler gewandt. Sie rügten, der VerfGH habe die Wahl wegen systematischer Fehler und mangelhafter Vorbereitung insgesamt für ungültig erklärt und damit gegen das Willkürverbot verstoßen und die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten. Zudem hätte der VerfGH ihrer Ansicht nach die Sache nach Art. 100 Abs. 3 GG dem BVerfG vorlegen müssen, da er von bisherigen Maßstäben in der Rechtsprechung des BVerfG und anderer Landesverfassungsgerichte abgewichen sei.
Entscheidungen zur Bundestagswahl stehen noch aus
Bei der Wiederholungswahl am 12. Februar werden das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen neu gewählt.
In welchem Umfang auch die Bundestagswahl in Berlin wiederholt wird, ist noch offen. Der Bundestag hatte auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses entschieden, die Wahl in 431 Berliner Wahllokalen wiederholen zu lassen. Dazu sind insgesamt 19 Wahlprüfungsbeschwerden in Karlsruhe anhängig, unter anderem wollen die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und AfD erreichen, dass in deutlich mehr Wahllokalen bzw. in allen Wahlbezirken in Berlin die Wahl wiederholt wird.
Auch mit den Wahlprüfungsbeschwerden wird sich das BVerfG in den kommenden Monaten befassen.
BVerfG lehnt Eilantrag ab: . In: Legal Tribune Online, 31.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50820 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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