BGH zeigt sich mieterfreundlich: Was Vermieter mit der Kaution machen dürfen

von Dominik Schüller

08.05.2014

Drei Nettokaltmieten Kaution – das kann für Mieter ganz schön schmerzhaft sein, vor allem dann, wenn der vorherige Vermieter die Rückzahlung seiner Kaution hinauszögert. Umso mehr dürfte Mieter ein ihnen freundlich gesinntes Kautions-Urteil des BGH von Mittwoch freuen: Dominik Schüller erklärt, was Karlsruhe entschieden hat.

Jeder Mieter dürfte sie kennen: die Kaution. Von Vermietern geliebt, von Mietern verhasst. Kaum ein Vermieter verzichtet bei Abschluss eines neuen Mietverhältnisses auf eine Sicherheit nach § 551 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Auf dem Kautionskonto fristet das Geld in der Regel als Barkaution in Höhe von drei Nettokaltmieten sein Dasein.

Bis es dann häufig nach Beendigung des Mietverhältnisses zu Streitigkeiten über die Auszahlungshöhe kommt. Die Frage danach, ob der Vermieter bei Mietrückständen bereits während eines laufenden Mietverhältnisses auf die Kaution zugreifen kann, hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) am Mittwoch verneint (Urt. v. 07.05.2014, Az. VIII ZR 234/13).

Eine Kaution muss vereinbart sein

Ohne Vereinbarung im Mietvertrag schuldet der Mieter keine Kaution. Mietvertragsformulare sehen eine solche Klausel jedoch regelmäßig vor. Wichtig ist, dass der Mieter auf die Benennung eines insolvenzfesten Mietkautionskontos bestehen kann. Anderenfalls kommt er mit der Zahlung nicht in Verzug – der Vermieter kann nicht fristlos kündigen (BGH, Urt. v. 13.10.2010, Az. VIII ZR 98/10).

Zudem darf der Vermieter die Übergabe der Schlüssel nicht von der vollständigen Zahlung der Kaution abhängig machen. Dem Mieter ist vielmehr gestattet, die Kaution in drei Monatsraten zu zahlen.

Die Kaution ist ein Sicherungsmittel für den Vermieter. Denn dieser trägt das Risiko, dass der Mieter beispielsweise seine Miete nicht oder nicht vollständig zahlt, aber die Wohnung trotzdem nutzt. Bis ein Räumungsurteil vorliegt, gehen in der Regel Monate ins Land und dem Vermieter entstehen Schäden, die meist über die Kaution hinausgehen. Zudem soll die Kaution Schäden abdecken, die der Mieter in der Wohnung verursacht und beim Auszug nicht beseitigt.

Neben der Verpflichtung zur Kautionszahlung im Mietvertrag besteht eine Treuhandvereinbarung. Die Kaution soll nach den Vereinbarungen und der gesetzlichen Regelung nicht in das Vermögen des Vermieters übergehen, sondern lediglich treuhänderisch von ihm verwahrt werden. Andernfalls könnten Gläubiger des Vermieters auf das Mietkautionskonto zugreifen.

Zugriff auf Kaution erst nach Ende des Mietverhältnisses

Nach Beendigung des Mietverhältnisses muss der Vermieter über die Kaution eine Abrechnung erstellen. Eine gesetzliche Frist dafür existiert nicht. In der Praxis erachtet die Rechtsprechung im Regelfall sechs Monate für ausreichend. Aus der Abrechnung folgt ein Rückzahlungsanspruch in der ausgewiesenen Höhe. Der Vermieter darf mit Ansprüchen aufrechnen, die ihm gegenüber dem Mieter zustehen. Häufig reduziert sich der Rückzahlungsanspruch des Mieters so sogar auf Null.

Problematisch und höchstrichterlich ungeklärt war bislang die Frage, ob und unter welchen Umständen der Vermieter bereits während eines laufenden Mietverhältnisses auf die Kaution zugreifen darf.

Im dem Fall, der nun vor dem BGH verhandelt wurde, hatte die Mieterin 1.400 Euro Kaution an den Vermieter gezahlt. Zusätzlich war im Mietvertrag geregelt, dass der Vermieter wegen fälliger Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses auf das Guthaben zugreifen dürfe. In diesem Fall sollte der Mieter verpflichtet sein, die Kaution wieder aufzufüllen.

Nachdem die Mieterin die laufende Miete gemindert hatte, ließ sich der Vermieter daher die ausstehenden Beträge aus dem Kautionsguthaben auszahlen. Dem widersprach die Mieterin und verlangte vom Vermieter die Kaution wieder vollständig und insolvenzfest anzulegen.

Keine Vereinbarungen zu Ungunsten des Mieters

Die Karlsruher Richter gaben der Mieterin Recht. Vermieter dürfen während eines laufenden Mietverhältnisses nicht auf die Kaution zugreifen. Der Senat geht dabei grundsätzlich davon aus, dass ein Zugriff auf die Kaution vor Ende des Mietverhältnisses generell unzulässig ist.

Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass der Mieter auch bei einer Insolvenz des Vermieters die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückbekommen könne. Dies sei gefährdet, wenn bereits während des laufenden Mietverhältnisses auf das Mietkautionsguthaben zugegriffen werden kann. Folglich hat der BGH die Zusatzvereinbarung im Mietvertrag nach § 551 Abs. 4 BGB für unwirksam erklärt. Eine Vereinbarung zu Ungunsten des Mieters ist danach nämlich unzulässig.

Mieter wird das Urteil freuen. Denn Vermieter können nun bei streitigen Forderungen die Mietkaution nicht mehr antasten. Dies ist nur dann möglich, wenn der Mieter sein Einverständnis erteilt oder eine rechtskräftige Entscheidung über die Forderung des Vermieters vorliegt.

Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert unter twitter.com/ra_schueller aber Themen der Immobilienwirtschaft.

Zitiervorschlag

Dominik Schüller, BGH zeigt sich mieterfreundlich: . In: Legal Tribune Online, 08.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11903 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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