Einem NPD-Mitglied, das in einem Newsletter einen Aufruf zum gewaltsamen Umsturz weiterverbreitet, darf der Staat kündigen, entschied das BAG am Donnerstag. Der Beschäftigte im öffentlichen Dienst kann sich auch nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Eine konsequente und richtige Entscheidung, kommentiert Christian Oberwetter.
Der 29 Jahre alte Kläger war seinem Arbeitgeber, dem Land Baden-Württemberg, schon lange ein Dorn im Auge. Bereits 2011 stand das im Druck- und Versandzentrum der Oberfinanzdirektion beschäftigte NPD-Mitglied wegen rechtsextremer Betätigung vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Damals war der Arbeitnehmer einer Entfernung aus dem Dienst noch eben so entkommen.
Eine heilsame Wirkung hatte das Verfahren wohl nicht, vielmehr setzte der 29-Jährige seine Aktivitäten fort und verbreitete weiter in seiner Freizeit Newsletter mit rechtsextremen Inhalten.
2009 versandte er einen Rundbrief zu einer Demonstration in Halle a.d. Saale, in dem dazu aufgerufen wurde, einen neuen Aufstand zu wagen. Die Bundesrepublik wird darin als "raffender und volksverratender Staat" beschrieben. Falls die "bürgerliche Revolution" erfolgreich sei, wäre es "gut möglich", dass "Tode….bei den etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen" wären, heißt es weiter. Das Land kündigte daraufhin dem Beschäftigten in der Finanzverwaltung ordentlich aus personenbedingten Gründen.
Verfassungsfeindliche Ziele aktiv gefördert oder verwirklicht
Wie auch die Vorinstanzen bestätigte das BAG die Wirksamkeit dieser ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urt. v. 06.09.2012, Az. 2 AZR 372/11). Die Verfasser der Demonstrationsankündigung forderten zu einem gewaltsamen Umsturz auf, so die Erfurter Richter. Durch die Weiterverbreitung des Aufrufs hätte sich der Kläger dessen Inhalt zueigen gemacht. Er könne sich auch nicht etwa auf grundrechtlich geschützte Positionen wie die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz (GG) berufen.
Damit haben die höchsten Arbeitsrichter eine nachvollziehbare Entscheidung getroffen, die sich an die bisherige Rechtsprechung anlehnt. Die personenbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers kommt in Betracht, wenn er aufgrund seiner Aktivitäten für die Ausübung seiner Tätigkeit nicht geeignet ist.
Ein Beschäftigter im Öffentlichen Dienst muss eine "Eignung" im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG für ein solches Amt aufbringen. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder sind die Beschäftigten verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine Grundakzeptanz der Verfassung muss also vorhanden sein.
Allerdings: Im Gegensatz zu dem Dienstverhältnis von Beamten, das eine umfassende Treuepflicht zum Staate voraussetzt, können Beschäftigte im Öffentlichen Dienst das Bekenntnis zur Verfassung schon dadurch wahren, dass sie dieselbe nicht aktiv bekämpfen. Eine NPD-Mitgliedschaft allein ist deshalb für sie noch kein Kündigungsgrund. Der Beschäftigte verletzt seine Treuepflicht vielmehr erst dann, wenn er verfassungsfeindliche Ziele aktiv fördert oder verwirklicht (BAG, Urt. v. 12.05.2011, Az.2 AZR 479/09).
Auch rechtsextreme Tätigkeiten in der Freizeit reichen aus
Es hilft dem 29-Jährigen auch nicht, dass er die Newsletter in seiner Freizeit versandt hat. Zwar darf der Arbeitgeber das Freizeitverhalten seiner Beschäftigten grundsätzlich nicht mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen ahnden. Hat das außerdienstliche Verhalten aber Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit, so kann es Grund für eine Kündigung sein. Ein Beschäftigter im öffentlichen Dienst darf sich in seinem gesamten Verhalten – im Dienst und außerhalb des Dienstes - nicht aktiv gegen die Verfassung wenden. Er kann sich dann nicht mehr auf die Meinungsfreiheit berufen, denn diese schützt nicht den aktiven Kampf gegen das Grundgesetz.
Das BAG hat einen aktiven Tatbeitrag des Beschäftigten darin gesehen, dass er den Aufruf weiterverbreitet hat. Der Kläger hat ihn in einem eigenem Newsletter weiterversandt, den Beitrag also bewusst übernommen. Es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er sich den Inhalt zueigen macht und damit selbst für einen gewaltsamen Umsturz plädiert.
Anders wäre das zu beurteilen, wenn ein Beschäftigter lediglich eine E-Mail aus seinem Postfach weiterleitet oder auf Facebook einen Beitrag "teilt" oder "liked". In solchen Fällen kann ein Zu-Eigen-machen nicht unterstellt werden. Es kommt dann darauf an, ob der rechtswidrige Inhalt auf den ersten Blick offensichtlich war. Anderenfalls könnte ein geschickt getarnter links- oder rechtsradikaler Post mit einer unverfänglichen Überschrift schnell zu einer Kündigungswelle in Zeiten des Fachkräftemangels führen.
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.
Christian Oberwetter, BAG bestätigt Kündigung eines NPD-Mitglieds im Staatsdienst: . In: Legal Tribune Online, 07.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7020 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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