Tipps vom Anzug-Experten : Wie Männer Klasse zeigen und Mut beweisen

Gil Eilin Jung

08.05.2010

Die Definition von korrekter Business-Bekleidung ändert sich für Herren marginal. Umso mehr zählen die Feinheiten. Herrenausstatter Conrad Hasselbach klärt auf über Fallen und Finessen, Neuheiten und Nadelstreifen.

Unbemerkt hat sie sich eingeschlichen, sich einzelner Anwälte bemächtigt und ganze Kanzleien bedroht: die amerikanische Hosenlänge, im Volksmund auch Hochwasser genannt. Schreitet der New Yorker Anwalt energisch die Park Avenue hoch, gibt ein oft zu kurzes Hosenbein ungewollten Einblick auf Socke und Unterschenkel. Spurtet der Frankfurter Kollege, so stehen die Chancen 70 zu 30, den Ansatz eines korrekt bestrumpften Knöchels zu erblicken

"Wenn das so ist", meint der Hamburger Mode-Experte Conrad Hasselbach, "hat er alles richtig gemacht." Denn nichts ist schlimmer, als zu kurze Hosen und der Anblick haariger Männerbeine – außer vielleicht Krawattennadeln, gefakte Siegelringe oder Schlips und Einstecktuch aus einem Stoff. Socken sind nach Ansicht Hasselbachs, der sich als englisch angelehnter Herrenausstatter einen Namen zwischen München und Flensburg gemacht hat, jedoch das inakzeptabelste Herren-Bekleidungsstück und nur im Sport entschuldbar.

Selbst für Referendare und Berufseinsteiger muss es immer heißen: lieber einen Prozess verlieren, als Socken zu tragen. "Kniestrümpfe müssen es sein", rät Hasselbach, "feinste Wolle oder Baumwolle, gerne auch farbig." Juristen, die drunter Lila, Grün oder Magenta tragen, liegen in allen Alters- und Einkommensklassen ganz hoch im Kurs. Sie sollten aber die entsprechende Persönlichkeit mitbringen "oder so etabliert sein, dass man ihnen das nicht verübelt", wie der Fachmann meint.

Nicht am falschen Ende sparen

Modemut kann schließlich schnell falsche Eindrücke vermitteln. Regel Nummer eins lautet für den Kenner: "Kleidung darf nie clownesk oder gockelhaft rüberkommen!" Gegen eine gekonnte Kombination aus Einstecktuch, Krawatte und Kniestrumpf ist nichts einzuwenden. Gerade Einstecktücher seien ein Zeichen von Klasse, findet Conrad Hasselbach. Dasselbe gelte für Uhren. "Bevor ein arrivierter Jurist zur offensichtlich erkennbaren 15.000-Euro-Uhr einer bekannten Marke greift, sollte er beachten, dass ein Erbstück oder ein antiker Klassiker viel stilvoller wirkt."

Fehler Nummer zwei: das Sparen am falschen Ende. Jemand, der Partner in einer Kanzlei ist und Anzüge trägt, die von der Preislage Berufseinsteigern zuzuordnen sind, offenbart nach Ansicht des Mode-Experten eine Diskrepanz. Der Grund dafür: "Männer glauben oft, so lange der Anzug dunkel ist, fällt die schlechte Passform nicht auf." Wer aber an Preis und Qualität spart, outet sein Habit unfreiwillig durch Knitterfalten, schimmernden Stoff und Abnutzungen an Ellbogen und Knien.

Falsch ist auch eine zu große Bescheidenheit. Hasselbach: "Viele junge Juristen wollen sich ad hoc in graue Mäuse verwandeln. Dabei können gerade sie mehr Mut an den Tag legen!" Etwa durch den Anfang der 90er Jahre tot geglaubten Zweireiher, der gerade in einer extrem schlanken Version 2.0 wiedergekehrt ist. Ein Trend, den auch das Männermagazin "GQ" bestätigt: "Der Doppelreiher ist die perfekte Sakkovariante für die Krise, verleiht er dem Träger doch eine breite Brust." Und da man wisse, "dass im Business nicht nur gute Arbeit zählt, sondern auch ein souveräner Auftritt", so das Blatt, käme dieser Trend gerade recht.

Die Rückkehr des Zweireihers

Beim neuen Zweireiher darf der Hemdkragen wegen des breiten Revers aber nicht zu schmal ausfallen. Im Gegensatz zum aktuellen Look. Bei den taillierten Einreihern, die sowohl schlanken, als auch kräftigeren Trägern stehen, muss etwa ein schmaler Kent- oder Haifischkragen her mit passend schmaler Krawatte. Die Hemden haben dezente Streifen-, Karo- oder Uni-Designs, vorzugsweise mit Klappmanschette. Bei den Anzügen sind Unimuster en vouge, in den Übergangszeiten gehören feine Glencheck- oder Fischgrät-Muster zu den Dauerbrennern.

Ein Muss bei jeglicher Jacke sind die Seitenschlitze. Achtung, Falle! "Sie dürfen nicht aufspringen, sonst ist die Passform des Anzugs dahin", warnt Mode-Profi Hasselbach. Einzelschlitze sind nur bei weniger formellen Jacken angebracht, die Schnitte streng, mit schmalen Hosen, ohne Bundfalten, und Seitenverstellern statt Gürtelschlaufen, die Beine ohne Umschlag, es sei denn der Anlass ist formal oder der Herr älter.

Und was ist mit Tiermotiv-Krawatten? "Zu plakativ", urteilt Hasselbach, "ganz nach dem Motto: Schau mal, die hat mir meine Frau zu Ostern geschenkt – und jeder sieht, dass sie von der teuren, sehr wiedererkennbaren Marke ist." Das ist dem Mann von Klasse "viel zu offensichtlich" und damit schlichtweg "out".

Zitiervorschlag

Gil Eilin Jung, Tipps vom Anzug-Experten : . In: Legal Tribune Online, 08.05.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/377 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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