Ein Mini, familientauglich und so groß wie ein Golf - kann dieses Konzept aufgehen? Schließlich geht es bei den eigentlich kleinen Flitzern um das besondere Fahrgefühl. Unser Autor Ingo Reuss setzte sich hinter das Lenkrad des neuen Countryman und hat festgestellt: Es ist ein echter Mini.
Nanu, da stimmt doch etwas nicht? Die junge Frau ist irritiert, schaut noch einmal hin. Zweifellos ist das ein Mini, aber irgendwie anders. Das spüren auch andere, darunter viele Mini-Fans, die uns auf der ersten Testfahrt mit dem neuen Countryman begegnen. Die Unterschiede sind nur zu erkennen, wenn die beiden nebeneinander stehen. Ähnlich war es auch, als dem legendären Kultmobil, dem Ur-Mini von Austin und Morris, der aktuelle Mini an die Seite gestellt wurde. Erst wenn man beide zusammen sieht, merkt man, da liegen Welten dazwischen.
Mit dem Countryman geht die Marke Mini ab Mitte September einen Schritt weiter. Der Mini, das bekannte dreitürige Retromodell von der BMW-Tochter, ist zwar noch so fit wie beim Comeback im Sommer 2001, aber für viele Einsatzarten einfach zu klein. Da hilft es auch nicht viel, dass die Bayern längst den kleinen Kombi Clubman in der Mini-Palette haben.
Ein komplett neues Modell musste her. Das Ergebnis heißt Countryman, sozusagen der "Mini Maximal", oder wie die Münchner sagen, "der größte Mini aller Zeiten". Er kombiniert auf gut vier Meter Länge nicht nur die typischen Merkmale von Kombi, Limousine und Offroader, sondern macht erstmals die Mini-Palette wirklich familientauglich. Und: Wie jeder Mini bringt er pfiffige Ideen an den Start.
Verbrauch, Länge, Sitze: Die Vier ist Programm
Beim neuen Countryman dreht sich fast alles um die Zahl "vier". Vier Türen, vier Einzelsitze und optional vier angetriebene Räder. Die Ziffer wiederholt sich auch bei den rund vier Meter Außenlänge und im genormten Mix-Verbrauch: Der große Mini ist ein Vier-Liter-Auto, wenn die sparsamen Dieselmotoren gewählt werden.
Wie ein typischer Mini, eben nur größer und erwachsener, sieht der Crossover aus. Das Design wirkt weiterhin frech, aber die großen runden Scheinwerfer-Augen blicken grimmiger in die Welt als beim bekannten Mini. Auch der markante Kühlergrill signalisiert Angriffslust. Sportlich und funktional lautet die Botschaft, wie zum Beispiel die schwarze Dachreling unterstreicht. Statt einer Flügeltür am Heck (wie beim Kombi Clubman) besitzt der Countryman eine normale Heckklappe.
Der Wachstumsprozess bringt "vierzig Zentimeter mehr Mini" in der Länge. Elf Zentimeter sind es in der Breite und fünfzehn in der Höhe. So kommt der Neue fast ein bisschen wuchtig daher. Innen herrscht kein Platzmangel mehr. Vor allem im Fond bricht die große Freiheit aus. Die serienmäßigen Einzelsitze im Fond lassen sich längs um dreizehn Zentimeter verschieben; optional kann man eine dreisitzige Fondbank ordern. Wer mehr Gepäck verstauen will, klappt einfach die hinteren Sitzlehnen um und vergrößert das Ladevolumen von 350 Liter auf 1.170 Liter. Aber schon in der viersitzigen Konstellation passt beispielsweise wie beim VW Golf ein Kinderwagen hinein.
Unter dem Ladeboden ein besonderer Gag: Hier findet sich ein Ablagefach mit "Getaway-Package" für den Landausflug; Schlafsack, Picknickdecke und andere Utensilien inklusive.
Der Preis ist mini-typisch happig
Kleines Auto, großer Fahrspaß, das war schon die Idee des Mini-Schöpfers Sir Alec Issigonis in den fünfziger Jahren. Bis heute gilt das Gokart-Feeling, das leichtfüßige Handling, als Markenzeichen des Kleinwagens. Im Countryman wird die Agilität durch die Fahrzeughöhe (von 1,56 Meter) und die größere Bodenfreiheit freilich etwas eingeschränkt. Insgesamt haben die Münchner das Fahrwerk aber angenehm straff abgestimmt, die Lenkung spricht direkt und präzise an.
Bei happigen 20.200 Euro beginnt die Preispalette. Das Basismodell One gibt es in drei Motorvarianten und gut ausgestattet mit sechs Airbags, Radio und Sechsgang-schaltung. Es beginnt mit dem 1,6-Liter-Vierzylinder, der 72 kW/98 PS leistet und zum Mitgleiten im Stadtverkehr ausreichend erscheint. Immerhin müssen rund 1,4 Tonnen bewegt werden. In der Spitze ist bei 173 km/h Schluss, der Spurt von null auf Tempo 100 dauert 12,7 Sekunden. Zunächst stehen weitere zwei Benzin- und zwei Dieselmotoren mit einem Leistungsspektrum ab 66 kW/90 PS zur Auswahl.
Richtig los geht es mit dem Cooper und dem spritzigen Cooper S, der 135 kW/184 PS leistet. Auf der Autobahn läuft er 215 km/h schnell. Problemlos absolviert der durchzugsstarke Top-Benziner Überholvorgänge auf Landstraßen. Für 1600 Euro Aufpreis erhält der Kunde den Allradantrieb. Im genormten Mix verbraucht der "S" 6,1 Liter Super auf 100 Kilometer (Allradversion: 6,7 l/100 km). Optional wird er mit Sechsgang-Automatikgetriebe geliefert.
Ingo Reuss, Mini Countryman: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1177 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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