Früher stritten sich Ehepaare zwischen Palermo und Padua um Amore und Bambini. Heute fetzen sich die Latin Lovers eher wegen Pekinesen, Kurzhaardackeln und Hauskatzen. In Mailand sorgt ein "Gericht für Tierstreitigkeiten" für die Wiederherstellung des Ehefriedens.
Giulio Manzotti* war der Verzweiflung nah: Seit vier Monaten herrschte im Schlafzimmer des 66-jährigen Römers "tote Hose". Den Grund für die amouröse Flaute hatte Manzotti schnell ausgemacht: Der fette Kater seiner rund zwanzig Jahre jüngeren Gattin. Jeden Abend, so der entnervte Ehemann, hockte der Kater auf der Bettkante und glotzte dem Paar beim Vorspiel zu.
Dass es bei solcher permanenten Beobachtung nicht zur Vollendung des Liebesaktes kommen konnte, war für Manzotti selbstverständlich. "Panische Angst", so der Pensionär, habe ihn Nacht für Nacht beschlichen, wenn der Kater ihn erbarmungslos fixiert habe.
Kater erhält Schlafzimmer-Verbot
Bei seiner Frau stieß der darbende Liebhaber auf taube Ohren. Der Kater schlafe schließlich schon immer im Ehebett. Vielleicht, so ihre Vermutung, sei das Triebleben ihres Angetrauten schlicht altersbedingt "in Frieden entschwunden".
Manzotti hatte die Faxen dicke. Er brachte seinen Fall vor das Schiedsgericht des italienischen Tierschutzbundes, das so genannte "tribunale degli animali" in Mailand.
Die Juristen des Tribunale fällten nach Anhörung beider Eheleute folgende Entscheidung: Die Gattin musste zustimmen, dass der Kater drei Monate lang ein "Schlafzimmer-Verbot" erhielt. Sollte sich die Potenz des Gatten in dieser Zeit nicht wieder einstellen, müsse Herr Manzotti einen Facharzt aufsuchen. Die italienische Presse sprach von einer "salomonischen Entscheidung".
Pekinese entführt
Großes Lob ernteten die ehrenamtlich tätigen Richter des Tier-Tribunals auch für folgende Entscheidung:
Ein begüterter Mailänder hatte drei Monate lang die Unterhaltszahlung für seine geschiedene Frau eingestellt. Grund der Sparsamkeit: Die Ex hatte sich einen vierzig Jahre jüngeren Geliebten zugelegt, mit dem sie in Kürze zu einem Ibiza-Urlaub aufbrechen wollte. Der ehemalige Gatte wollte mit seinem Geld auf keinen Fall dieses in seinen Augen liederliche Treiben unterstützen.
Die Frau und ihr jugendlicher Liebhaber machten kurzen Prozess: Mit den immer noch in ihrem Besitz befindlichen Schlüsseln drangen die beiden in die Wohnung des Zahlungsunwilligen ein – und entführten den Hund, einen drei Jahre alten Pekinesen.
Die von dem Hundeherrchen angerufenen Schiedsrichter des Tribunale machten die Parteien darauf aufmerksam, dass sie sich nach gültigem Recht beide strafbar gemacht hatten: Die einen wegen Diebstahls und Nötigung, der andere wegen unerlaubtem Einstellen der Alimentenzahlung.
Nach psychologisch wohl dosierter Beratung erklärte sich der Exmann zur Wiederaufnahme der Überweisungen bereit Zug um Zug gegen Herausgabe des Vierbeiners, eines nach Einschätzung der Tageszeitung Il Giornale "zuckersüßen Schoßhündchens".
Hund verrät Ehebrecher
Animalische Verstrickungen der besonderen Art spielten sich letzten Sommer im glühend heißen Apulien ab. Eine Ehefrau sah wie ihr Hund, ein schlappohriger Basset, aus der offen stehenden Wohnung des Nachbarn eine Herrenunterhose mit auffälligem Gänseaufdruck heraustrug. Der Slip kam der Süditalienerin bekannt vor: Zum Hochzeitstag hatte sie das Höschen ihrem Gatten geschenkt.
Der augenblicklich zur Rede gestellte Unhold gestand sofort: Ja, er unterhalte seit einigen Jahren eine Beziehung zu dem Mann in der Nachbarwohnung. Die Frau setzte den Ehebrecher vor die Tür – und dieser zog bei seinem Lover gegenüber ein.
Über das Schicksal des Basset befand das Schiedsgericht: Der kurzbeinige Jagdhund durfte nächtens weiter wie gehabt in der Küche des Frauchens schlafen. Den Tag verbrachte er in der Wohnung der beiden Herrchen. Die Kosten für Futter und Tierarzt wurden geteilt.
Angesichts der langen Verfahrensdauer vor den ordentlichen Gerichten rechnet der italienische Tierschutzverband auch in Zukunft mit genügend Arbeit für die Mailänder Schiedsstelle. 132 Juristen, so eine aktuelle Mitteilung, stehen für die Lösung weiterer Viechereien – mit oder ohne eheliche Implikationen – bereit.
*Name von der Redaktion geändert.
Der Verfasser Dr. Uwe Wolf arbeitet als Jurist und freiberuflicher Autor in Düsseldorf.
Uwe Wolf, Tierische Ehedramen in Italien: . In: Legal Tribune Online, 07.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6555 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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