Keine schlechten Noten wegen zu lockeren Kleidungsstils
Der Kleidungsstil der Kandidaten darf bei einer Prüfung grundsätzlich nicht bewertet werden. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin (VG) in einem nun veröffentlichten Urteil (Urt. v. 19.2.2020, Az. VG 12 K 529.18).
Es war ein heißer Sommertag in Berlin, 35 Grad Außentemperatur. Trotzdem stand an dem Tag in einer Berliner Hochschule im Masterstudiengang "Recht der Öffentlichen Verwaltung" eine mündliche Prüfung an. Im Vorfeld teilte die Dozentin den Kandidaten die Bewertungsskala mit, aus der hervorging, dass unter anderem ein "sicheres und überzeugendes Auftreten mit einem dem Charakter der Prüfung angemessenen Kleidungsstil" maßgebend sein würde. Angesichts der Temperaturen teilte die Dozentin in einer weiteren Mail jedoch mit, dass sie auf einen "strengen formalen, geschäftlichen Dress-Code" verzichte. Die Studenten sollten sich jedoch "dem Anlass entsprechend ansprechend und gepflegt" kleiden.
Eine der Prüflinge war die klagende Studentin. Nach den Anweisungen der Dozentin erschien sie zur Prüfung in Blue Jeans und einem Oberteil mit Punkten. Bewertet wurde ihre Prüfung mit der Note 1,7. In der Kategorie "Präsentationsweise" erhielt sie Punktabzüge wegen ihrer Kleiderwahl. Diese habe zu sehr "einem Alltagsoutfit" entsprochen. Eine Jeans sei zu "casual" und auch kein luftiges Kleidungsstück, das man nach dem Hinweis auf die hohen Temperaturen hätte tragen dürfen. Die Kandidatin hätte, so die Dozentin, "auf eine weiße Leinenhose und Black Shirt mit Ethnokette oder einem lieblichen oder auch strengen Blouson zurückgreifen oder auch ein Top mit elegantem Kurzjackett" ausprobieren können.
VG findet Jeans vertretbar
Dagegen klagte die Studentin. Das VG Berlin gab ihr Recht. Die 12. Kammer befand, dass der Kandidatin ein neues Abschlusszeugnis mit der Note 1,3 auszustellen sei. Der Punktabzug für die getragene Kleidung sei bewertungsfehlerhaft, so das Gericht. Es sei zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, das Kriterium "Kleidung" in einer Prüfung zu bewerten. Dafür müsse aber zwischen der Prüfung und der Kleidung aber auch ein offensichtlicher Bezug bestehen, wie zum Beispiel bei der richtig anzulegenden Sicherheitskleidung von Feuerwehrleuten, oder die Kleidung selbst müsse Prüfungsgegenstand sein wie beispielsweise im Fach Modedesign.
Ein solcher Bezug bestand nach Auffassung des VG bei der Prüfung der klagenden Studentin nicht. Die Maßgabe habe zudem lediglich dahingehend gelautet, sich angemessen zu kleiden. Diese Leistungsanforderung sei so unbestimmt, dass die Kleiderwahl der Kandidatin in den Augen des Berliner Gerichts vertretbar war.
Gegen das Urteil kann noch Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.
ast/LTO-Redaktion
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2020 M03 30
Prüfungsrecht
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