Was steckt hinter den Sparmaßnahmen?
Nachdem am 9. Juli 2024 auch 119 Referendarausbilder:innen in einem offenen Brief die Maßnahmen und das Vorgehen des Justizministeriums NRW kritisierten, äußerte sich Minister Limbach am vergangenen Freitag nun auch mit einem offenen Brief zur Notwendigkeit Sparmaßnahmen. Seit Ende Mai ist bekanntgeworden, dass sowohl das Stellenkontingent für Referendar:innen als auch der Zeitraum zwischen den schriftlichen Klausuren und der mündlichen Prüfung gekürzt werden soll.Er zeigt Verständnis, wirbt aber auch seinerseits für Verständnis. Seine Erklärungen sind jedoch unzureichend.
Davon zeugt nicht nur die Demonstration der Referendar:innen am Montag. Die "Initiative Referendar:innen in NRW" versammelte sich vor dem Justizministerium in Düsseldorf und versucht noch immer, eine Rücknahme der Kürzungen zu erreichen. "Die Justiz geht den Limbach runter", heißt es dort auf einem Plakat. Der Frust ist also weiterhin da. Trotz der Erklärungen des Ministers.
Eine halbe Antwort ist keine Antwort
Das verwundert nicht. Denn er gibt auf zwei zentrale Fragen keine ausreichende Antwort: Warum muss so strikt gespart werden? Und warum wurde so schlecht kommuniziert?
Hinsichtlich der schlechten Kommunikation erläutert Limbach in seinem Brief, warum "aus hiesiger Sicht unter den gegebenen Umständen kaum eine andere als die gewählte Kommunikation möglich war". Dazu führt er auch aus, dass nach der internen Entscheidung zeitnah alle Betroffenen informiert wurden und auch Informationen "qua gestanden hätten". Das stimmt. Aber nur halb: Der Minister beschreibt hier nur die Vorgänge bezüglich der Vorverlegung des Termins der mündlichen Prüfung. Dazu hatten tatsächlich alle betroffenen Referendar:innen eine E-Mail mit den erforderlichen Informationen erhalten und diese waren noch innerhalb desselben Tages auf der Webseite des LJPA abrufbar.
Ganz anders jedoch lief es ab, als der Minister die Referendariatsstellen sukzessive von 4.500 auf 3.000 Stellen kürzte, weshalb zahlreiche Referendar:innen nun mehrere Monate länger auf ihren Einstieg in das Referendariat warten müssen. Das war Ende Mai. Die Öffentlichkeit erfuhr von diesen Maßnahmen nur aufgrund einer Äußerung einer leitenden Ministerialrätin auf einer Podiumsdiskussion. Betroffene Referendar:innen erfuhren nur auf persönliche Anfrage bei ihrer Sachbearbeiterin von den Verschiebungen. Einzelne Referendar:innen berichteten davon, dass angeblich die Maßnahme "auf Weisung des Ministeriums hin nicht aktiv kommuniziert werde dürfe und nur auf Nachfrage im Einzelfall darüber informiert werden solle ". Mit diesen Berichten durch LTO konfrontiert, äußerte sich das Ministerium damals nicht. Und auch jetzt schweigt der "offene" Brief zu dieser Kommunikationsweise.
0,23 Prozent des Justizhaushaltes
Die Haushaltslage sei so ernst "wie in den vergangenen 30 Jahren" nicht. "Alle Ressorts, mithin auch die Justiz, werden drastische Sparmaßnahmen durchführen müssen." So unterstreicht das Justizministerium die Notwendigkeit seines Vorgehens. Das mag stimmen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob auch wirklich die richtigen drastischen Sparmaßnahmen ergriffen wurden: Dr. Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP hatte die Entwicklungen von Anfang an kritisch begleitet, auch mit mehreren Kleinen Anfragen und merkt im Gespräch mit LTO nun an: Der Justizhaushalt für NRW beträgt laut Haushaltsstatistik ca. 5,6 Milliarden Euro. Die Sparmaßnahmen, die die Referendar:innen betreffen, würden zu Einsparungen in Höhe von 0,23 Prozent führen.
Im Rechtsausschuss herrsche ohnehin Unverständnis über das Vorgehen des Ministers. Denn der Finanzminister hatte in der Plenarsitzung darauf hingewiesen, dass nur dort gespart werden soll, wo es sinnvoll erscheint, so Pfeil. Diese Sparmaßnahmen sind aber alle nicht sinnvoll. Über den Landeshaushalt wird erst im Dezember entschieden, so daß noch vieles geändert werden kann. Und nach der letzten Plenarsitzung sei außerdem klar geworden: Die Haushaltszahlen seien wahrscheinlich doch besser als gedacht, was wiederum Spielräume eröffne.
Will Limbach nicht noch eine Entscheidung rückgängig machen?
Es bleibt also das große "Warum?". Der FDP-Politiker hat eine Vermutung, jedenfalls warum Limbach seine Entscheidung nicht mehr vollständig rückgängig machen wolle: "Es hat in der Vergangenheit mehrere unglückliche Entscheidungen aus dem Hause Limbach gegeben, die er revidieren musste." Gemeint ist: Limbach plante eine Umstrukturierung der Cum-Ex-Abteilung in der Kölner Staatsanwaltschaft. Und legte diese dann doch wieder auf Eis.
Auch das Auswahlverfahren des seit Juni 2021 vakanten Präsidentenposten des OVG NRW scheint Limbach nicht zufriedenstellend geführt zu haben. Nachdem das OVG NRW entschieden hatte, dass die Limbach-Kandidatin den Posten erhalten dürfe, muss jetzt doch noch das BVerfG darüber entscheiden. Und schließlich wurde die Prüfungszeitverkürzung für das laufende Referendariat auch schon eine Woche nach Verkündung durch den Justizminister um zwei Monate verschoben.
Deshalb glaubt Pfeil: "Es geht dem Minister darum, Gesicht zu wahren. Noch eine zentrale Entscheidung aus seinem Hause will er nicht zurücknehmen müssen, da zieht er lieber auch falsche Entscheidungen kurzfristig durch."
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2024 M07 16
Referendariat
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