Spionagekamera im Prüfungsamt

Ehemaliger Referendar angeklagt

Lesedauer: 3 Minuten
Mit einer Spionagekamera soll ein Jura-Student in Hamburg eine mündliche Prüfung samt Beratungen der Prüfer gefilmt haben. Der 30-Jährige bestritt beim Auftakt seines Prozesses am Mittwoch vor dem Hamburger AG den Vorwurf. Er habe den digitalen Wecker mit Mini-Kamera - eine sogenannte Spy Clock - im Mai 2012 nicht in das Justizprüfungsamt gestellt. 

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"Das war nicht sein Plan, und das hat er auch nicht gemacht", erklärte der Verteidiger des Angeklagten. Sein Mandant habe das Gerät vielmehr einem Bekannten ausgeliehen und sich dann nicht weiter darum gekümmert. Er wisse allerdings nur, dass der Bekannte "Andi" heiße - er kenne weder seinen Nachnamen, die Anschrift oder eine Telefonnummer, unter der man "Andi" erreichen könne. Der Angeklagte habe erst durch "Andi" erfahren, dass die Spy Clock im Justizprüfungsamt stehe und er sie dort abholen müsse: "So hatte mein Mandant den Schlamassel am Hals." Die Anklage lautet auf Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, § 201 Strafgesetzbuch (StGB). Für den 30-Jährigen hat der Vorwurf schon vor einer Entscheidung in dem Strafprozess gravierende Folgen: Er wurde als Referendar entlassen. Einige Zeit nach dem Vorfall mit der Spionagekamera hatte er selbst die mündliche Prüfung abgelegt. Eine Bewerbung für den Referendardienst in Hamburg scheiterte wegen der Ermittlungen. Im benachbarten Schleswig-Holstein dagegen wurde er zum 1. April 2013 eingestellt - dort wussten die Behörden nichts von den laufenden Ermittlungen. Als das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) schließlich davon Wind bekam, wurde er nach einer Anhörung entlassen, wie eine Richterin als Zeugin berichtete.

Kamera soll bereits im April aufgestellt worden sein

Ein Prüfer sagte vor Gericht, der Mann habe bereits im April 2012 eine solche Spy Clock im Justizprüfungsamt platziert: "Ja, der Angeklagte war derjenige, der den Wecker aufgestellt hat." Der Fall aus April ist allerdings nicht Gegenstand der Anklage. Über die Motive dafür, mündliche Prüfungen und die anschließenden Beratungen - womöglich mehrfach - mitzufilmen, lässt sich nur spekulieren. Bei der mündlichen Prüfung dürfen Zuschauer nur eingeschränkt dabei sein, die Beratungen der Prüfer und die Bekanntgabe der Noten sind nicht öffentlich. Mit Hilfe der Aufnahmen aus dem nicht-öffentlichen Teil könnten Prüflinge möglicherweise Rückschlüsse darauf ziehen, welche Antworten wie gewertet werden - und welche konkreten Noten es dafür gab. Eine Mitarbeiterin des Justizprüfungsamts hatte die Spy Clock einen Tag nach der gefilmten Prüfung im Mai 2012 auf der Fensterbank entdeckt. Nach einigen Tagen rief ein Mann an, um zu fragen, ob zufällig ein Wecker gefunden worden sei, wie eine weitere Mitarbeiterin als Zeugin erzählte. Eine Rückrufnummer wollte er nicht angeben. Als ein Freund des Angeklagten das Gerät schließlich abholen wollte, informierte das Amt die Polizei. Die Beamten nahmen auch die Personalien des 30-Jährigen auf - er soll draußen gewartet haben. Der Prozess wird am 8. Mai mit weiteren Zeugen fortgesetzt. dpa/cvl/LTO-Redaktion

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