"Idealismus gehört auch dazu"
Schon während des Referendariats hat sich Dr. Franziska Rinke gegen einen der "klassischen" juristischen Berufe entschieden. So kam es, dass sie seit mittlerweile zehn Jahren bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) arbeitet.
"Mein Job ist sehr vielfältig, und ich kann kreativ sein und eigene Ideen und Projekte umsetzen", so Rinke. "Und man ist immer am Puls der politischen Zeit, nach Landtagswahlen diskutieren wir die Wahlergebnisse im Büro", ergänzt sie. Die ersten zwei Jahre war Rinke Referentin für Recht und Politik, seit 2017 koordiniert sie die internationalen Rechtsstaatsprogramme der KAS und beschäftigt sich inhaltlich mit dem Völkerrecht.
In Deutschland gibt es derzeit über 25.000 Stiftungen privaten Rechts, über 800 Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie sieben parteinahe Stiftungen. Bis auf die der FDP nahestehende Friedrich-Naumann-Stiftung sind diese allerdings keine Stiftungen im rechtlichen Sinne, sondern in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert. Insgesamt existieren etwa 1.600 solcher Stiftungsvereine, gut 1.100 Stiftungs-GmbHs und 16 Stiftungs-AGen.
Bei vielen dieser Stiftungen arbeiten auch Juristen in ganz unterschiedlichen Positionen – im Justiziariat, als Leiterin des Rechtsstaatsprogramms oder Syndikusanwalt. Was sind ihre Aufgaben und welche Eigenschaften sollten Bewerber mitbringen?
"Das interdisziplinäre Arbeitsumfeld finde ich sehr spannend"
Die KAS beschäftigt im In- und Ausland insgesamt etwa 15 Juristinnen und Juristen – im Vergleich mit den anderen parteinahen Stiftungen verhältnismäßig viele. Das liege unter anderem am starken rechtsstaatlichen Fokus, erklärt Rinke. Die Juristen sind in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig, etwa als Datenschutzbeauftragte oder Justiziarin, viele arbeiten aber auch inhaltlich zu Themen wie Recht und Politik, Cybersecurity oder Nachhaltigkeit.
Als Referentin für Rechtsstaatsdialog und Völkerrecht koordiniert Rinke einerseits die Rechtsstaatsarbeit im Ausland, betreut internationale Besuchergruppen und vertritt die KAS bei Veranstaltungen im In- und Ausland. Außerdem konzipiert sie selbst Veranstaltungen und setzt sie in Kooperation mit anderen Organisationen um. Seit etwa zwei Jahren gibt es zum Beispiel die "Rule of Law Academy", ein Blockseminar zu zentralen verfassungsrechtlichen Themen, bei dem 18 Studierende aus der ganzen Welt in Berlin zusammenkommen.
Zudem publiziert Rinke regelmäßig Beiträge zu völkerrechtlichen Themen, wie beispielsweise zum Sondertribunal für die Ukraine.
Spiegelbildlich zu ihrer Stelle gibt es in der Abteilung Analyse und Beratung, dem Think Tank der Stiftung, noch 38 weitere Referentinnen und Referenten, die zu anderen Themen wie Klima, Innovationen, Digitalisierung oder Wirtschaftspolitik arbeiten, erklärt Rinke. Bei der KAS arbeiten auch Wirtschaftswissenschaftler, Politikwissenschaftler oder Historiker. "Dieses interdisziplinäre Arbeitsumfeld finde ich sehr spannend. Kollegen aus anderen Disziplinen gehen häufig ganz anders an Probleme heran, deshalb ist der Austausch sehr bereichernd", sagt Rinke.
"Wissenschaftliche Arbeit und sinnstiftende Tätigkeit verbinden"
In einem gänzlich anderen Bereich ist Dr. Ernesto Klengel unterwegs. Er leitet das Hugo Sinzheimer Institut (HSI) für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung. Die Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Klengel ist bereits seit dem Jahr 2019 am HSI tätig, Anfang dieses Jahres wurde er zum Institutsleiter ernannt.
Mit seinem Team aus fünf festangestellten Juristinnen und Juristen und zwei Doktoranden hat Klengel die Aufgabe, einerseits selbst zu forschen, andererseits aber auch eine Plattform für den wissenschaftlichen Austausch im Arbeits- und Sozialrecht zu bieten. Dafür organisieren sie Fachveranstaltungen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aber auch Tagungen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der betrieblichen und gewerkschaftlichen Praxis. Daneben fördern sie konkrete Forschungsprojekte und entwickeln im engen Austausch mit der Praxis Forschungsfragen im Arbeits- und Sozialrecht.
Klengel schätzt diese vielseitigen Aufgaben. Neben der wissenschaftlichen Arbeit vertritt er das Institut innerhalb und außerhalb der Stiftung und stellt dort die Forschung vor. "Ich habe Jura studiert, um etwas zu bewirken und mich sozial zu engagieren. Wissenschaftliche Arbeit fasziniert mich schon lange – meine Tätigkeit in der Hans Böckler Stiftung erlaubt es mir, beides zu verbinden", so Klengel.
Das HSI befasst sich in Zeitschriftenbeiträgen und eigener Forschung insbesondere mit Fragen, die die zukünftige Entwicklung des Arbeitsrechts betreffen, etwa den Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Personalmanagement und als Arbeitsmittel. Ein quartalsweise erscheinender Newsletter gibt einen Überblick über aktuelle Rechtsentwicklungen im Europäischen Arbeits- und Sozialrecht.
Satzungsfragen, Compliance und Datenschutz
Für ihr Vorstellungsgespräch bei der VolkswagenStiftung hat Anja Thöm ihren Dänemark-Urlaub unterbrochen – das war im Jahr 2008. Seitdem arbeitet sie bei der VolkswagenStiftung und konnte ihre Stelle im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Heute ist sie Leiterin des Teams "Grundsatzfragen und Recht". Sie übernimmt die rechtliche Beratung des Generalsekretärs und vertritt die rechtlichen Interessen der Stiftung sowohl intern als auch gegenüber Dritten, erklärt sie.
"Zur Zuständigkeit meines Teams zählen insbesondere Satzungsfragen und -änderungen, die Fortentwicklung unserer Förderrichtlinien, Compliance-Fragen, unser Vertragsmanagement sowie die Koordination von datenschutzrechtlichen Fragen", so Thöm. Neben dieser allgemeinen juristischen Tätigkeit leitet sie ihr kleines Team, arbeitet eng mit dem Generalsekretär zusammen und betreut die Mitgliedschaften der Stiftung in den Stiftungsverbänden auf Bundes- und Europaebene, ergänzt sie.
Auch Thöm hebt die Vielseitigkeit ihres Berufs hervor – und die Sinnhaftigkeit. "Gestaltend daran mitzuwirken, wie wir unter Berücksichtigung der (gemeinnützigkeits-)rechtlichen Vorgaben und zum Teil Beschränkungen unseren Stiftungszweck bestmöglich verwirklichen, ist wirklich sinnstiftend", so Thöm.
Teamplayer statt Einzelgänger gefragt
Die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber unterscheiden sich natürlich je nach Stiftung. Grundsätzlich ist es aber immer hilfreich, wenn man bereit ist, einen Blick über den juristischen Tellerrand hinaus zu werfen. Voraussetzung für die Arbeit bei der KAS ist naturgemäß eine inhaltliche Nähe zur CDU.
Thöm hebt hervor, wie wichtig es sei, lösungsorientiert zu arbeiten. "Oft neigen wir Juristen dazu, festzustellen und kundzutun, was nicht geht und warum es nicht geht", sagt sie. In einer Stiftung reiche dies aber nicht aus. Vielmehr müssten "zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen Lösungen und Wege gefunden werden, die unseren Satzungsvorgaben sowie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen", sagt Thöm.
Bewerberinnen und Bewerber am HSI müssen gute Noten und eine abgeschlossene Promotion mitbringen. Daneben müssen sie vor allem teamfähig sein, betont Klengel. "Viele Juristen neigen dazu, ohne Rücksicht auf Verluste ihren Stiefel durchzuziehen. Das ist bei uns anders. Wir sind sehr kooperativ eingestellt und arbeiten gemeinsam an den Projekten", sagt er.
Eine wissenschaftliche Stiftung biete auch gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten, zum Beispiel als Sprungbrett auf dem Weg zur Professur. "Und man baut sich schnell ein großes Netzwerk auf, sowohl in die Wissenschaft als auch in die Gewerkschaften", so Klengel.
"Job für Juristen, die ihre Arbeit nicht nur des Geldes wegen machen"
Die Verdienstmöglichkeiten sind das größte "Manko", wenn man als Volljurist in einer Stiftung arbeiten möchte, sagt Rinke. Die Vergütung richtet sich meistens nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD). Die VolkswagenStiftung hat ein eigenes Gehaltssystem, das sich aber an die Systematik anderer Vergütungssysteme anlehnt. Die Entgeltstufen sind so ähnlich wie die im TVöD ähnlich, erklärt Thöm.
Das Gehalt ist nicht vergleichbar mit den Einstiegsgehältern in großen Kanzleien oder Unternehmen. "Das ist die Bedingung, aber mein Job macht mir einfach Spaß. Idealismus gehört auch dazu, wenn man in einer Stiftung arbeitet", sagt Rinke. Das unterstreicht auch Klengel: "Stiftungen sind gute Adressen für Juristinnen und Juristen, die ihre Arbeit nicht nur des Geldes wegen machen, sondern eine sinnstiftende Tätigkeit suchen", sagt er.
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