"Ein regelmäßiges Klassentreffen"
LTO: Das YoungLawyersCamp findet in diesem Jahr zum ersten Mal statt. Was kann man sich darunter vorstellen?
Maximilian Krämer: Das YoungLawyersCamp ist eine Veranstaltung für Jurist:innen, in der es um Themen geht, die an den Universitäten und im Referendariat zu kurz kommen. Das sind etwa Finanz- und Liquiditätsplanung, Kanzlei- und Zeitmanagement oder die Nutzung von Social Media zu Marketingzwecken.
In der juristischen Ausbildung lernt man zwar, mit Gesetzen umzugehen, aber alles, was man als Unternehmer:in braucht, lernt man nicht – da wollen wir ansetzen.
Organisiert wird das Camp vom Forum Junge Anwaltschaft (FJA).
Was ist das Forum Junge Anwaltschaft?
Şölen İzmirli: Das FJA ist eine Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Anwaltvereins e.V. (DAV). Das FJA versteht sich als Interessensvertretung der jüngeren Anwält:innen innerhalb des DAV, will Ansprechpartner für die Themen und Belange sein, die die jüngere Generation betreffen, bietet ein Netzwerk und organisiert Veranstaltungen – darunter jetzt erstmals das YoungLawyersCamp. Geleitet wird das Forum durch den Geschäftsführenden Ausschuss mit derzeit sechs Mitgliedern, dessen Vorsitzender Maximilian Krämer ist und dessen Stellvertretende Vorsitzende ich bin.
"Unser Hauptaugenmerk ist das Netzwerken"
Welche Bedeutung hat das FJA innerhalb des DAV – und in Deutschland?
Krämer: Das Forum ist außerordentliches Mitglied des DAV, in meiner Funktion als Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses des Forums darf ich deshalb an den Sitzungen des DAV-Vorstandes teilnehmen und dort das Forum repräsentieren – und die Stimme der jungen Anwaltschaft in den DAV tragen.
In Deutschland gibt es ja – und das unterscheidet uns von allen anderen europäischen Staaten – zwei berufspolitische Organisationen: Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und den DAV. Die meisten anderen Staaten haben nur eine Bar Association – und dementsprechend ist ein Staat auch nur durch eine Organisation in Verbänden wie der European Young Bar Association (EYBA) oder dem Council of Bars and Law Societies of Europe (CCBE) vertreten, Deutschland aber durch zwei – BRAK und DAV.
Das Forum ist in Deutschland allerdings die einzige Stimme der Berufseinsteiger:innen und Referendar:innen, in der BRAK gibt es keine solche Organisation. Deshalb kommt uns eine große Verantwortung zu. Häufig denkt man nur in den Kategorien "Großkanzlei" und "kleinere Kanzlei" – die einzelnen Anwält:innen benötigen aber auch Unterstützung, vor allem beim Berufseinstieg. Deshalb steht das Forum auch für das Netzwerken – das ist unser Hauptaugenmerk.
Wie sind Sie auf die Idee für das YoungLawyersCamp gekommen?
İzmirli: Ich habe selbst früh eine eigene Kanzlei gegründet und weiß, wie schwierig das ist – deshalb möchte ich die jüngere Generation dabei unterstützen.
Wir im Forum tauschen uns auch regelmäßig darüber aus, welche Hürden man bei der Führung einer Kanzlei bewältigen muss. Zum Beispiel habe ich mich vermehrt mit dem Thema Zeitmanagement auseinandergesetzt – und wir haben dann beschlossen, solche Themen anzugehen. Im Austausch mit Kolleg:innen merke ich, dass viele Anwält:innen die gleichen Probleme haben: Selbstorganisation, effektiver werden – auch im Homeoffice. Wir wollen unseren Fokus deshalb auf die Soft Skills und die alltäglichen Probleme des Anwaltsdaseins legen.
Danach kam dann die Überlegung, wie wir diese Probleme thematisch aufgreifen können. Wichtig war uns, dass wir bei den Themen eine Schnittmenge für alle Anwält:innen haben, unabhängig von der Dauer der Berufspraxis.
"Zielgruppe ist jede Person, die sich angesprochen fühlt"
Wie haben Sie die Themen dann ausgewählt?
Krämer: Wir haben uns gefragt, welche Themen uns als Anwältin bzw. Anwalt interessieren und dann die Oberbegriffe Kanzleimanagement, Selbstmanagement und Social Media gebildet. Danach haben wir nach passenden Dozent:innen gesucht. Dabei war es uns auch wichtig, dass die Gruppe der Vortragenden divers ist – denn auch die Anwaltschaft ist bunt gemischt. Anfangs haben wir uns gefragt, ob überhaupt jemand mitmacht, aber die Resonanz war sehr positiv, deshalb planen wir jetzt schon die nächste Veranstaltung im kommenden Jahr.
An wen richtet sich das YoungLawyersCamp?
İzmirli: An jeden, der sich angesprochen fühlt. Wir haben keine Altersgrenze – die Erfahreneren können von den Jüngeren profitieren und andersherum. Ein Anwalt, der seit 30 Jahren im Geschäft ist, kann fachlich und organisatorisch wahrscheinlich alles, aber vielleicht hat er noch keine Erfahrungen mit Social Media – dann kann er sich die entsprechenden Vorträge anhören.
Krämer: Gerade auch jüngere Anwält:innen, die Partner werden möchten, brauchen ein Thema, mit dem sie sich unverzichtbar machen – und das kann auch sein, dass man das Social-Media-Konzept für die Kanzlei entwickelt.
Es gibt ja auch andere Vorträge zu Soft Skills und Karrieremessen für junge Jurist:innen – was ist das Besondere am YoungLawyersCamp?
Krämer: Das Camp soll mehr sein als eine bloße Aneinanderreihung verschiedener Vorträge. Deshalb haben wir auch bewusst nach jedem Vortrag eine mindestens halbstündige Pause vorgesehen. Die Teilnehmenden sollen genug Zeit haben, um sich untereinander und mit den Referent:innen auszutauschen. Bei den Abendveranstaltungen kann das noch vertieft werden.
Früher war ich oft selbst auf Karrieremessen – und die Atmosphäre beim YoungLawyersCamp soll ungezwungener sein. Sinn und Zweck ist ein Austausch in lockerer Atmosphäre, ein entspanntes Netzwerken. Und dabei ist es völlig egal, ob jemand in Anzug und Krawatte oder in kurzer Hose und T-Shirt kommt. Jeder soll sich so kleiden, wie er sich wohlfühlt.
İzmirli: Es tut auch einfach gut, mal aus seiner fachlichen Bubble herauszukommen und sich mit anderen auszutauschen – vielleicht erhält man so auch den notwendigen Anstoß für die eigene Karriere. Dafür finde ich solche Veranstaltungen geeigneter als klassische Vorträge oder Karrieremessen.
"Es wäre schön, wenn sich das Camp als Veranstaltung etabliert"
Welche Erwartungen haben Sie an das erste YoungLawyersCamp – und wie soll es danach weitergehen?
Krämer: Ich wäre glücklich, wenn die Teilnehmenden von der Veranstaltung etwas mitnehmen – unabhängig davon, ob für die persönliche Weiterentwicklung oder für die Kanzlei. Die Leute sollen nicht zur Veranstaltung kommen, zwei schöne Tage haben und wieder gehen, sondern sich nach dem Camp schon auf das nächste Jahr freuen.
İzmirli: Unser Ziel ist es, dass das Camp irgendwann den Charakter eines regelmäßigen Klassentreffens hat. Ich würde mich sehr freuen, wenn es sich als Veranstaltung etabliert, die man besuchen muss, ähnlich wie etwa der Verkehrsanwalts- oder Verkehrsgerichtstag für die Verkehrsrechtler:innen.
Welche Tipps können Sie jungen Absolvent:innen des zweiten Staatsexamens mit auf den Weg geben?
İzmirli: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich mit vielen Themen, gerade mit dem Aufbau eines Netzwerkes, schon frühzeitig beschäftigen sollte. In meiner Generation waren alle nur damit beschäftigt, durch das Studium und Referendariat zu kommen. Nur wenige haben sich die Zeit genommen, über den Tellerrand hinauszuschauen, Veranstaltungen zu besuchen und dort Kontakte zu knüpfen. Erst nach dem zweiten Examen haben sie sich dann damit beschäftigt, was sie eigentlich später machen wollen.
Krämer: Übrigens können auch Referendar:innen Mitglied im FJA werden – und zahlen während des Referendariats keinen Mitgliedsbeitrag. Dann kann man zum Beispiel schon bei der Anwaltsrunde dabei sein – und vielleicht herausfinden, wo man die nächste Ref-Station machen kann.
Generell kann ich nur jedem empfehlen, mutig zu sein, ruhig auch mal Fehler zu machen, aber daraus zu lernen. Man muss keinen Job 40 Jahre lang machen, sondern kann sich immer entscheiden, etwas anderes zu machen. Es bringt nichts, sich zu einem Job zu zwingen, der keine Freude bereitet.
Vielen Dank für das Gespräch!
Maximilian Krämer LL.M. ist Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei der auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei DNK Dinkgraeve Norstedt Krämer Rechtsanwälte in München. Seit Juli 2021 ist er gewählter Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses des Forums Junge Anwaltschaft im DAV e.V. und zudem Mitglied im GfA der Arbeitsgemeinschaft Internationales Wirtschaftsrecht im DAV sowie Regional Representative für München für die Association Internationale des Jeunes Avocats (AIJA).
Şölen İzmirli ist Fachanwältin für Verkehrsrecht, gründete 2010 ihre eigene Kanzlei und ist seit 2014 Sozia in der auf das Verkehrsrecht spezialisierten Kanzlei Dwars & Izmirli in Hamburg. Zudem ist sie unter anderem im Vorstand des Hamburgischen Anwaltvereins und Stellvertretende Vorsitzende des Forums.
Das erste YoungLawyersCamp findet vom 13. bis zum 15. Oktober 2022 in Berlin statt. Anmeldungen sind noch bis zum 11. Oktober 2022 hier möglich.
Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2022 M09 29
Instagram-Karriere-News
Verwandte Themen:- Instagram-Karriere-News
- Karriere
- Anwaltsberuf
- Beruf
- Berufseinstieg
- DAV
- Netzwerk
Teilen