Justitiare mischen Kammerversammlung auf

RAK Berlin unterstützt jetzt Syndikus-Gleichstellung

von Pia LorenzLesedauer: 3 Minuten
Mit 1.056 Teilnehmern haben am Dienstag mehr Anwälte als je zuvor in Deutschland an einer lokalen Kammerversammlung teilgenommen und einen neuen Vorstand in Berlin gewählt. Von 14 neuen Vorstandsmitgliedern sind nun acht Syndikusanwälte. Mit einer Quote von 63 Prozent sprachen die Anwesenden sich dafür aus, künftig das Eckpunktepapier des BMJV und damit die berufsrechtliche Gleichstellung der Unternehmensjuristen zu unterstützen.

Mit der Berliner hat sich eine der größten deutschen Rechtsanwaltskammern (RAK) zur berufsrechtlichen Gleichstellung der Syndikusanwälte bekannt. Die Stimme der Hauptstadtkammer hat Signalwirkung - umso mehr, weil gerade die Berliner sich nach den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) zunächst nur sehr zaghaft, nämlich im Sinne einer rein sozialrechtlichen Lösung, auf die Seite der Syndici gestellt hatten. Das BSG hatte vergangenes Jahr entschieden, dass eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Unternehmensjuristen nicht in Betracht komme - in der Folge entbrannte eine heftige Debatte um die zukünftige Stellung der Justitiare, bei der die Rechtsanwaltskammern der Länder teils eine rein sozialrechtliche, teils eine berufsrechtliche Regelung forderten. Letztere würde bedeuten, dass Syndici nicht nur in den Genuss der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht kämen, sondern auch für ihre Tätigkeit im Unternehmen zugelassen werden würde. Das Vertretungsverbot könnte gelockert werden, eine Ausdehnung des Anwaltsprivilegs wäre denkbar. Nach dem Umschwenken der Berliner Kammer sprechen sich nun die Vertretungen von weit mehr als der Hälfte der deutschen Anwaltschaft dafür aus, das 13-Punkte-Papier des Bundesjustizministeriums und die darin vorgesehene, berufsrechtlichen Lösung zu unterstützen. Die knapp 14.000 Anwälte in Berlin haben jedoch ebenso wie die Kammer in Saarbrücken mit weniger als 2.000 Mitgliedern in der Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) jeweils nur eine Stimme. Nach langen Diskussionen hatten sich dort in der vergangenen Woche vor allem die kleineren Kammern in ländlichen Bereichen durchgesetzt: Die BRAK sprach sich ausdrücklich gegen die berufsrechtliche Lösung aus, gab aber bekannt, dass sie trotzdem den weiteren Gesetzgebungsprozess auf der Grundlage des Eckpunktepapiers begleiten wolle.

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"Besser als Kino"

Diese Haltung des Dachverbands der Anwaltskammern dürfte mit dazu beigetragen haben, dass die Unternehmensjuristen sich organisierten. So wurde mit 1056 Teilnehmern die Kammerversammlung in der Hauptstadt am Dienstagnachmittag in der vollbesetzten Berliner Kongresshalle "Schwangere Auster" nicht nur die größte aller Zeiten, sondern vermutlich auch die turbulenteste. "Sonst interessieren Sie sich doch auch nicht für die Kammerversammlungen", echauffierten sich einige der Anwesenden; es war davon die Rede, dass die Unternehmensjuristen "die Kammerversammlung stürmen" würden. Aber die Kanzlei-Anwälte, von denen einige in der Folge beantragten, "heute nichts zu entscheiden", konnten sich nicht durchsetzen. "Es war besser als Kino", kommentierte eine sichtlich vergnügte Syndica die Versammlung, die sich von 15 Uhr bis 22:30 Uhr hinzog.* Am Ende eines langen Tages wurde der Antrag des Kammervorstands abgelehnt, sich - wie die BRAK - für eine rein sozialrechtliche Lösung auszusprechen. Mit 63 Prozent der Stimmen nahm die Hauptstadtkammer stattdessen den Vorschlag an, sich dafür einzusetzen, dass die Tätigkeit von Syndiksuanwälten auch als anwaltliche ausgeübt werden kann, dafür Beiträge in ein anwaltliches Versorgungswerk entrichtet werden können und das Eckpunktepapier von Heiko Maas und damit eine weitgehende Angleichung des Rechts der Unternehmensjuristen an das der Kanzleikollegen zu unterstützen. Die neue Position der Hauptstadtkammer beginnt mit den Worten "Im Interesse der Einheit der Rechtsanwaltschaft".  * Anm. d. Red.: An dieser Stelle wurde noch am Tag der Veröffentlichung die Angabe entfernt, dass mehrere der acht neu gewählten Syndikusanwälte, die nun im Vorstand der Hauptstadtkammer sitzen, dem Vernehmen nach im Anschluss an die Kammerversammlung von Kollegen beleidigt und unflätig angegangen worden sein. Im Namen sämtlicher neu gewählten Syndikusanwälte versicherten Dr. Clarissa Freundorfer und Erk Wiemer gegenüber der Redaktion, dass es nicht zu Anfeindungen, Beleidigungen o.ä. gekommen sei. Vielmehr sei der kollegiale Respekt trotz fachlichen Diskurses nie verloren gegangen. 13.03.2015, 15:32 (pl).

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