Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Unterm Strich eine positive Bilanz

von Silke GottschalkLesedauer: 4 Minuten
Sicherlich gehört das Bilanzrecht oder die Besteuerung von Kapitalgesellschaften nicht zu den Themenbereichen, die auf den ersten Blick besonders spannend erscheinen. Dennoch entscheiden sich immer mehr Juristen für einen Fachanwalt im Handels- und Gesellschaftsrecht. Welche Inhalte die Zusatzausbildung behandelt, was sie bringt und für wen sie sich lohnt, stellt Silke Gottschalk vor.

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Die Rechtsgebiete, mit denen sich Christian Marquardt* heute beschäftigt, haben mit den Inhalten seines  Studiums nur noch wenig zu tun. "Das Handels- und Gesellschaftsrecht wurde allenfalls kurz angeschnitten; die Besonderheiten von Mergers & Acquisitions-Transaktionen oder die Gründung internationaler Gesellschaftsformen wie der Limited gehörten in jedem Fall nicht dazu." Deshalb entschloss er sich vor etwa einem Jahr dazu, neben seiner Tätigkeit für eine wirtschaftsrechtlich ausgerichtete Kanzlei den Fachanwaltstitel zu erwerben. Für ihn ist Qualifikation nicht nur ein Pluspunkt in seiner Vita, sondern auch eine erhebliche Arbeitserleichterung insbesondere im täglichen Umgang mit den Mandanten. "Für mich bedeutet das beispielsweise, eine Bilanz lesen zu können oder über Kenntnisse zur Besteuerung einer Kapitalgesellschaft zu verfügen", erklärt Marquardt. "Denn gerade in meiner Position gehört es zum Tagesgeschäft, mit Steuer- oder Wirtschaftsberatern zusammenzuarbeiten. Da ist es einfach selbstverständlich, dass man dieselbe Sprache spricht."  "Natürlich ist eine Schwerpunktbildung auf dem immer noch hart umkämpften Arbeitsmarkt für Rechtsanwälte ein großer Vorteil", so Marquardt weiter. Darüber hinaus sei es für einen Juristen ganz klar von großem Wert, wenn man neben seinen Rechtskenntnissen auch noch in der Lage sei, über den Tellerrand hinauszublicken.

Spezialisierung vor allem bei den "Großen" gefragt

Hellmuth Wolf, Managing Partner bei Signium international, einem international tätigen Personalberatungsunternehmen, spricht von einer zunehmenden Nachfrage nach Juristen mit besonderen Zusatzqualifikationen. "Gerade bei den großen Beratungsgesellschaften gibt es einen eindeutigen Trend hin zur Spezialisierung", so Wolf. "Schwerpunkt hierbei ist vor allem die Akquisition von Mandanten. Der Fachanwalt auf dem Türschild oder auf der Visitenkarte ist für die meisten eben auch ein Indiz für mehr Kompetenz." Anwälte in größeren Kanzleien erwerben diesen Titel in erster Linie um ihre Aufstiegschancen zu verbessern. Jedoch falle die Entscheidung, sich auf diesem Rechtsgebiet weiterzuqualifizieren, häufig erst mit ein paar Jahren Berufserfahrung. "Meistens merken die Berufsanfänger nach etwa zwei bis drei Jahren, ob sie beim Gesellschaftsrecht bleiben wollen und beginnen dann mit der Fortbildung." Eine entsprechende Zusatzqualifikation werde aufgrund des positiven Marketingeffekts in der Regel auch beim Gehalt honoriert; aber das sei selbstverständlich Verhandlungssache. Laut Wolf werde ein Fachanwaltstitel aber nicht in allen Branchen, in denen das Handels- und Gesellschaftsrecht von Bedeutung ist, vom Arbeitgeber grundsätzlich gefordert. Aufgrund der fehlenden Akquisitionsnotwendigkeit ergebe sich für Syndikusanwälte nicht der gleiche positive Effekt wie bei den Kollegen aus der Großkanzlei. "Hier hat der Titel einfach nicht so eine starke Außenwirkung und ist zudem noch sehr zeitintensiv." Der Faktor Zeit spiele vor allem auch für kleinere Kanzleien und Einzelkämpfer eine große Rolle. Viele könnten gerade den zeitlichen Aufwand einer derartigen Spezialisierung neben dem beruflichen Alltag nicht leisten. "Außerdem möchten sich die meisten dieser Anwälte nicht zu sehr auf ein bestimmtes Gebiet konzentrieren, sondern sich breit aufstellen", so Wolf.

Stark wachsender Fachanwaltslehrgang

Nichtsdestotrotz hatte der Fachanwaltslehrgang Handels- und Gesellschaftsrecht gerade im letzten Jahr erhebliche Zuwachsraten zu verzeichnen mit zuletzt 21 Prozent (2010) bzw. 36 Prozent (2009) mehr erfolgreichen Abschlüssen. Damit ist diese Fachanwaltschaft eine der am stärksten wachsenden. Wer sich mit der Bezeichnung "Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht" schmücken möchte, sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass in diesem Verfahren nicht nur besondere Kenntnisse im Handels- und Gesellschaftsrecht nachzuweisen sind. Auch das Arbeitsrecht, das Kartellrecht, das Handwerks- und Gewerberecht, das Familienrecht sowie das Erb- und Strafrecht bleiben den Kursteilnehmern - zumindest teilweise - nicht erspart. Der zeitliche Umfang ist abhängig vom jeweiligen Anbieter und beginnt bei knapp zwei Monaten bis hin zu etwa eineinhalb Jahren. Die Gebühren liegen zwischen rund 900 Euro (für Rechtsreferendare) und fast 2.400 Euro. Der Lehrgang wird angeboten als Fernunterricht, Präsenzkurs oder als Kombination aus einem Online-Eigenstudium und einem Präsenzkurs. Für Christian Marquardt hat sich der Aufwand in jedem Fall gelohnt. "Ich finde es einfach besser, mit Leuten, mit denen ich zusammenarbeite auf Augenhöhe zu diskutieren – auch und gerade dann, wenn es beispielsweise um Zahlen geht. Es ist halt einfach immer gut zu wissen, worüber man gerade spricht." *Name von der Redaktion geändert
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