Der Chefjurist des DFB im Interview

"Span­nung, Spaß und Arbeit"

Lesedauer: 4 Minuten
Wenn der Ball rollt, ist seine Arbeit erledigt: Jörg Englisch ist Chefjurist des DFB. Der Job macht wirklich Spaß, erzählt er LTO. Und zur EM fährt der Hobbyfußballspieler natürlich auch.

LTO: In drei Worten: Was bedeutet die EM für den Chefjuristen beim DFB?

Dr. Jörg Englisch: Spannung, Spaß und - manchmal - Arbeit! LTO: Welche sind die besonderen Aufgaben, die bei einem derartigen internationalen Turnier für Sie anstehen? Englisch: Diese Arbeiten sind in der Regel schon im Vorfeld erledigt. Es geht zum Beispiel um Vereinbarungen im Zusammenhang mit den Mannschaftsquartieren im Trainingslager und während des Turniers. Zudem treten vermehrt Markenverletzungen durch Dritte auf, gegen die wir vorgehen. Zum Teil stellen sich Fragen im Zusammenhang mit dem Ticketing, wobei hier eine Abstimmung mit der UEFA erforderlich ist, da sie als Veranstalter diesen Bereich betreut. LTO: Womit beschäftigen Sie sich, wenn gerade kein internationales Turnier ansteht? Welche rechtlichen Themengebiete bestimmen Ihren beruflichen Alltag? Englisch: Das ist sehr vielfältig, denn der DFB befasst sich ja nicht nur mit dem reinen Fußballsport. Wir vermarkten Sponsoring- und Medienrechte. Der DFB führt zudem jedes Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen durch, darunter etwa Länderspiele unserer A-Nationalmannschaft oder das Pokalfinale in Berlin. Der DFB ist zudem Arbeitgeber, Vermieter, Gesellschafter, es sind daher Fragestellungen aus nahezu allen Rechtsbereichen zu bearbeiten.

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Sportrecht ist mehr als Sport

LTO: Beschäftigen Sie sich überhaupt mit Sportrecht? Englisch: Ja, natürlich. Das Sportrecht ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Das gilt nicht nur für die Kollegen in der Abteilung Sportgerichtsbarkeit, sondern auch für die Arbeit in der Rechtsabteilung. Denn das Sportrecht lässt sich nicht allein auf Rechtsfragen reduzieren, die unmittelbar den Sport als solchen betreffen. So kommt auch Fragen der Vermarktung einer Sportveranstaltung oder eines Sportlers im Sportrecht eine erhebliche Bedeutung zu. Dasselbe gilt für Fragen des Wettbewerbs- und Kartellrechts. Oder denken Sie an die Schiedsgerichtsbarkeit, mit der sich der BGH im Fall "Pechstein" befasst hat. Auch Europarecht ist zunehmend wichtiger. Dies alles ist Sportrecht. LTO: Was ist das spannendste an dieser Arbeit? Englisch: Es ist die Vielseitigkeit und die Vielfalt der juristischen Themen, mit denen man sich befassen kann und muss. Dabei geht es häufig darum, zeitnah rechtlich fundierte, interessengerechte Lösungen zu finden. Sich dieser Herausforderung in einem professionellen und hoch motivierten, fachübergreifenden Team zu stellen, ist schon spannend.

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2/2: Gekommen und geblieben

LTO: Was war das Seltsamste, was Sie in diesem Job jemals erlebt haben? Englisch: Da muss ich Sie enttäuschen. Seltsames gab es bislang noch nicht. Vielleicht liegt das auch an der Aufgabe des Juristen, der es ja gewohnt ist, sich mit verschiedenen Sachverhalten und Ereignissen aus allen möglichen Lebensbereichen zu befassen. LTO: Wie sind Sie dazu gekommen, Chefjurist beim DFB zu werden? Englisch: Ich war bereits als Referendar in der Wahlstation beim DFB. Es hat beiden Seiten gut gefallen und so bin ich geblieben. Ausgangspunkt waren natürlich die Leidenschaft für den Fußball und die Möglichkeit, Beruf und Hobby miteinander zu verbinden.

Kenntnis der Regeln von Vorteil

LTO: Was erwarten Sie von Ihrem Team, was müssen neue Kollegen können, um mit Ihnen zu arbeiten? Muss man etwa wissen, was Abseits ist? Englisch: Es sind letztlich dieselben Eigenschaften, die einen guten Fußballspieler auszeichnen: Teamgeist und Einsatzwille sowie die Bereitschaft, auch juristisch "am Ball zu bleiben" und sich weiter zu verbessern. Regelkenntnis ist sicherlich auch von Vorteil. Das muss aber nicht die Abseitsregel sein, da fragen wir notfalls in der Schiedsrichterabteilung nach. LTO: Menschen sammeln seit Wochen diverse Bildchen, kaufen Nudeln in Deutschlandfarben und dekorieren ihre Autos. Wann ist die EM für Sie losgegangen? Und fahren Sie selbst noch hin? Englisch: Die EM geht für mich los, wenn die Qualifikation geschafft ist und die Vorfreude auf die Gruppenauslosung aufkommt. Mit dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft beim Turnier beginnt dann auch das Mitfiebern. Ich selbst bin in der Vorrunde bei einem Spiel vor Ort und warte dann den weiteren Turnierverlauf ab. Vielleicht kommen wir ja ins Finale. Dr. Jörg Englisch hat seine berufliche Karriere 1995 in der Rechtsabteilung des Deutschen Fußball Bundes (DFB) begonnen. Seit der Neuordnung der Organisationsstruktur in diesem Frühjahr ist der 52-Jährige Leiter der Direktion Recht und Sportgerichtsbarkeit. Chef der Rechtsabteilung war er schon seit 2007. In seinem Team arbeiten 5 Juristen und ein weiterer Kollege in Brüssel. Die Fragen stellte Tanja Podolski.

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