Entschädigung bei Verdienstausfall

Corona-Geld für beruf­s­tä­tige Eltern

Gastbeitrag von Julia Alexandra SchütteLesedauer: 4 Minuten

Schulen und Kitas sind seit Wochen geschlossen und Eltern müssen ihre Kinder selbst betreuen. Haben sie deshalb Verdienstausfälle, können sie eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz bekommen. Julia Alexandra Schütte erklärt die Details.

Seit dem 30. März 2020 gilt bis zum 31. Dezember 2020 ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle von Eltern wegen Schließung von Kitas und Schulen. § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt diese sog. Eltern-Entschädigung. Die soll der Problematik gerecht werden, dass Eltern für Ihre Kinder u.U. keine Betreuung mehr organisieren können, wenn Kita oder Schule infektionsschutzbedingt geschlossen haben. In diesem Fall können die Eltern einen Anspruch auf Entschädigung in Geld haben, solange sie die Kinder selbst betreuen und sie dadurch einen Verdienstausfall erleiden.

Die Eltern-Entschädigung bekommen nach dem Gesetz "erwerbstätige Sorgeberechtigte". Gemeint sind Eltern und Pflegeeltern von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind. Der Lebensgefährte, der z.B. die elfjährige Tochter seiner Partnerin betreut, die aufgrund ihrer Arbeit im Altenheim keine Betreuungszeit aufbringen kann, ist hiervon vermutlich nicht erfasst.

Voraussetzung ist, dass der Betreuende Personensorgeberechtigter iSd § 7 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII ist. Das ist - von den leiblichen Eltern einmal abgesehen - jeder, dem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) die Personensorge zusteht, also auch z.B. im Fall der Adoption. Das Sorgerecht muss gegenüber den Behörden nachgewiesen werden, z.B. durch Vorlage der Geburtsurkunde des zu betreuenden Kindes oder im Fall der Adoption durch den Annahmebeschluss des Familiengerichts.

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Keine zumutbare Betreuung

Um eine staatliche Entschädigung bekommen zu können, dürfen die Eltern keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen können. Die Behörden der einzelnen Bundesländer werden hierzu verschiedene Unterlagen anfordern.

Der Berliner Senat für Finanzen verlangt bspw. eine schriftliche Versicherung des Sorgeberechtigten, aus der hervorgeht, dass kein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung besteht und andere zumutbare Betreuungsmöglichkeiten nicht sichergestellt werden können. Sollten andere sorgeberechtigte Personen oder zur Betreuung bereite Familienmitglieder und Verwandte die Betreuung wahrnehmen können, ist von einer zumutbaren Betreuungsmöglichkeit auszugehen. In diesem Fall scheidet der Anspruch aus.

Personen, die einer Risikogruppe in Bezug auf die Infektion oder übertragbaren Krankheiten angehören, zu deren Verhinderung oder Eindämmung die Kinderbetreuungseinrichtungen oder Schulen von der zuständigen Behörde vorübergehend geschlossen wurden, müssen nicht als Betreuungsalternative von den Eltern genommen werden. "Oma und Opa", die als ältere Menschen gerade zur Risikogruppe gehören, müssen damit nicht als Anlaufstelle bereitstehen.

Arbeitgeber geht in Vorleistung

Die Eltern können für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen nach § 56 Abs. 1a IfSG eine Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens beanspruchen. Die Höhe bemisst sich nach dem Verdienstausfall und ist auf maximal 2.016 Euro pro Monat begrenzt. Die Auszahlung der Entschädigung übernimmt zunächst der Arbeitgeber. Er kann jedoch bei der zuständigen Landesbehörde die Erstattung der Entschädigungsleistung beantragen.

Der bestehende Versicherungsschutz der Personen, die Eltern-Entschädigung erhalten, wird in der Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fortgeführt. Zunächst entrichtet grundsätzlich der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge auf einer Bemessungsgrundlage von 80 Prozent des Arbeitsentgelts. Diese Beiträge kann sich der Arbeitgeber jedoch erstatten lassen.

Kein Anspruch bei Homeoffice oder Kurzarbeit

Der Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG ist nachrangig. Das bedeutet: Sollten Ansprüche aus anderen arbeits-, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Regelungen bestehen, entfällt insoweit der Anspruch nach dem IfSG.

Ist der Arbeitnehmer bspw. krank und hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, greift der Anspruch nach dem IfSG nicht. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall den vorrangigen Anspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

Falls der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, im Home-Office tätig zu sein, besteht insoweit kein Anspruch auf Entschädigung. Er hat dann ja keinen Verdienstausfall. Auch Ansprüche auf Kurzarbeitergeld oder bezahlten Urlaub oder die Möglichkeit, vorhandene Zeitguthaben zu nutzen, schließen den Anspruch auf Entschädigung aus.

Ausschluss auch wegen § 616 BGB

Problematisch könnte für die Entschädigung auch § 616 BGB sein. Diese Vorschrift regelt, dass der Arbeitnehmer seinen Gehaltsanspruch nicht verliert, wenn er "für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird". Der Arbeitgeber muss damit den Arbeitnehmer bezahlen, obwohl dieser nicht arbeitet. Eine feste zeitliche Grenze für die "vorübergehende" Verhinderung besteht nicht, beläuft sich aber nur auf wenige Tage. Hier gilt allgemein eine Grenze von maximal fünf Tagen.

Oftmals ist § 616 BGB arbeits- oder tarifvertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung abbedungen oder es werden lediglich die Fälle geregelt, in denen der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers trotz Nichtarbeitens erhalten bleibt. Den Fall der Kita- oder Schulschließung dürfte so gut wie kein Unternehmen geregelt haben.

Wurde § 616 BGB wirksam abbedungen, hat der Arbeitnehmer einen Lohnausfall und somit Anspruch auf Eltern-Entschädigung nach dem IfSG. Diesen Punkt werden die Behörden prüfen, der Berliner Senat fordert hier die Vorlage von aussagekräftigen Unterlagen wie Auszüge von Arbeits- und Tarifverträgen. Wenn es um die Erstattung der Entschädigung geht, wird es künftig erwartungsgemäß zu Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Behörden hinsichtlich der Frage, ob § 616 BGB im jeweiligen Arbeitsverhältnis abbedungen wurde oder nicht, kommen. Dennoch sollte der Erstattungsanspruch durch den Arbeitgeber immer vorsorglich gestellt werden.

Die Autorin Julia Alexandra Schütte ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei Beiten Burkhardt in Berlin. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst individuelles und kollektives Arbeitsrecht, insbesondere betriebsverfassungs- und tarifrechtliche Beratung. Ihre Mandanten sind u.a. große und mittelständische Unternehmen, vor allem solche aus dem Gesundheitssektor.

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