Effizient, billig und leise
Zahlreiche Arbeitsverhältnisse werden nicht durch Kündigung, sondern durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages beendet. Formelle Hürden sind dabei kaum zu beachten. Festgeschrieben ist nur die Schriftform gem. § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Für den Arbeitgeber bietet der Aufhebungsvertrag im Vergleich zur Kündigung einen schnellen und effizienten Weg zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er spart Zeit und vor allem Geld für ein langwieriges Kündigungsschutzverfahren, dessen Ausgang offen ist. Zudem können im Aufhebungsvertrag alle noch ungeklärten Punkte wie offene Bonusansprüche, Fragen der betrieblichen Altersversorgung oder Urlaubsansprüche abschließend geregelt werden.
Keine Sozialauswahl und frühes Ausscheiden
Der größte Vorteil für den Arbeitgeber ist allerdings, dass er die teilweise hohen Hürden des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nicht einhalten muss. Müssen Arbeitsplätze abgebaut werden, fällt zudem die für betriebsbedingte Kündigungen im Einzelfall schwierig durchzuführende und fehleranfällige Sozialauswahl weg.
Doch auch für den Arbeitnehmer kann sich der Abschluss eines Aufhebungsvertrages lohnen. So lässt sich häufig eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes aushandeln. Hat der Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle in Aussicht, kann im Aufhebungsvertrag auch der Verzicht auf die ordentliche Kündigungsfrist vereinbart werden. Damit steht der Arbeitnehmer seinem potenziellen neuen Arbeitgeber früher als bei einer Kündigung zur Verfügung. Will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen beenden, ist ein gesichtswahrendes und geräuschloses Ausscheiden möglich, ohne dass die Vorwürfe in einem Gerichtsverfahren thematisiert werden.
Risiko einer Sperrzeit
Häufig scheuen Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag, weil sie Angst vor der Verhängung einer Sperrzeit durch die Arbeitsagentur haben. Durch diese Regelung sanktioniert die Arbeitslosenversicherung die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit, ohne dass dafür ein wichtiger Grund im Sinne des § 159 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III als Rechtfertigung vorlag.
Diese Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 SGB III kann für bis zu zwölf Wochen verhängt werden. In dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld und die gesamte Bezugsdauer verkürzt sich um die Dauer der Sperrzeit.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat umschrieben, wann ein wichtiger Grund für die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit vorliegen kann. Das sei der Fall, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar war, weil anderenfalls seine Interessen unangemessen beeinträchtigt gewesen wären. Diese wenig greifbare Formulierung wird durch die bundesweit einheitliche Geschäftsanweisung der Agentur für Arbeit konkretisiert.
Bisher wenige Fälle ohne Sperrzeit
Tatsächlich konnten Arbeitnehmer nur in wenigen Fällen einen Aufhebungsvertrag schließen, ohne sich dem Risiko der Verhängung einer Sperrzeit auszusetzen. So etwa, wenn der Arbeitnehmer dadurch einer in Aussicht gestellten betriebsbedingten Kündigung zuvorkam, die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wurde sowie die Kündigung sich insgesamt als wirksam erwiesen hätte und der Arbeitnehmer nicht unkündbar war.
Die hypothetische Wirksamkeit einer Kündigung wurde automatisch unterstellt, wenn es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelte und der Arbeitnehmer eine Abfindung im Bereich von 0,25 bis maximal 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung erhielt.
2/2: Agentur macht Aufhebungsverträge praktikabler
Die neu gefasste Geschäftsanweisung der Agentur für Arbeit erweitert seit Juli 2017 die Handlungsmöglichkeiten beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Jetzt ist ein Aufhebungsvertrag auch dann nicht sperrzeitsanktioniert, wenn eine betriebsbedingte oder personenbedingte Kündigung im Raum steht, die Kündigungsfrist eingehalten wurde, der Arbeitnehmer nicht unkündbar war und eine Abfindung von max. 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung vereinbart wird. Die Mindestgrenze von 0,25 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung entfällt. Werden diese Vorgaben eingehalten, kommt es nicht darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung tatsächlich rechtmäßig gewesen wäre. Die Rechtmäßigkeit wird dann von der Agentur für Arbeit vermutet.
Die wichtigste Änderung dürfte der erleichterte Abschluss eines Aufhebungsvertrages im Bereich der personenbedingten Kündigungen sein. Nun kann ein Arbeitsverhältnis auch dann beendet werden, wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. Das ist typischerweise aus gesundheitlichen Gründen der Fall. Durch die neue Geschäftsanweisung muss dies nicht mehr durch eine ärztliche negative Zukunftsprognose nachgewiesen werden. Vielmehr wird die gesundheitliche Untauglichkeit vermutet, wenn die oben skizzierten Rahmenbedingungen eingehalten werden.
Regionale Unterschiede bei der Prüfung
Ein Verstoß gegen diese Vorgaben führt jedoch weiter zu einer Prüfung der Wirksamkeit der angedrohten Kündigung durch die Agentur. Dann ist es die Entscheidung des zuständigen Sachbearbeiters, ob er eine Sperrzeit verhängt oder nicht. Die Intensität der Prüfung unterscheidet sich dabei regional sehr stark. Immer zu einer Sperrzeit führen Aufhebungsverträge, die einer verhaltensbedingten Kündigung zuvorkommen sollen. An dieser Stelle hat sich durch die neue Geschäftsanweisung nichts geändert.
Insgesamt erleichtert die neue Geschäftsanweisung den Abschluss von Aufhebungsverträgen und bietet Sicherheit für die Vertragsparteien. Ganz pragmatisch können Arbeitnehmer auch mit dem Entwurf eines Vertrages zum zuständigen Sachbearbeiter gehen und den Entwurf auf vor dem Hintergrund des Sperrzeitrisikos prüfen lassen. Allerdings sollte in diesem Fall klargestellt sein, dass dem Arbeitnehmer der Vertrag angetragen wurde und er sich noch nicht mit dem Abschluss einverstanden erklärt hat.
Abschluss am Arbeitsplatz
Ein brisanter Aspekt von Aufhebungsverträgen war und bleibt stets der Widerruf, der ohne Angabe von Gründen möglich ist. Insbesondere für den Arbeitgeber besteht daher das Risiko, dass er den Arbeitnehmer wieder beschäftigen muss, schließlich ist das gesamte Vertragsverhältnis rückabzuwickeln.
Allerdings besteht in dem typischen Fall, in dem der Aufhebungsvertrag am Arbeitsplatz, also im Büro des Personalleiters oder Chefs geschlossen wird, auch nach der Neufassung der §§ 312 ff. BGB kein Widerrufsrecht. Ein Abschluss oder die entscheidende Vorbereitung des Vertrages außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers dürfte allerdings das Recht zum Widerruf bedeuten.
Martin Biebl ist Rechtsanwalt bei Beiten Burkhardt in München. Er berät unter anderem in den Branchen Medien, der Gesundheit und Produktion. Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören neben der Beendigung von Arbeitsverhältnissen die Begleitung von Betriebsänderungen und Restrukturierungen.
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2017 M10 18
Aufhebungsvertrag
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